Antisemitismus-Skandal bei der Deutschen Welle„Systematisches Versagen“

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Gegen die Deutsche Welle sind Antisemitismus-Vorwürfe laut geworden.

Bonn – Volker Beck, Geschäftsführer des Tikvah Instituts, das an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis alle Formen des Antisemitismus untersucht und bekämpft, hat der Deutschen Welle (DW) systematisches Versagen bei der Überwachung von Kooperationspartnern im Ausland vorgeworfen. 

Er bezog sich auf die Zusammenarbeit des Auslandssenders mit dem jordanischen Sender Roya TV. Die DW, die aus Steuergeldern finanziert wird, setzt diese nach Antisemitismus-Vorwürfen aus. „Anlass ist das Bekanntwerden von antiisraelischen und antisemitischen Kommentaren und Karikaturen in den Sozialen Medien, die vom Sender verbreitet wurden“, teilte der deutsche Auslandssender mit.

Zuvor hatte das Magazin „Vice“ über den Sender Roya TV und Posts im Netz berichtet. Die DW betonte, sie bedauere ihre ursprüngliche Einschätzung, dass Roya TV „nicht israelfeindlich“ sei.

Beck fordert gründliche Untersuchung

Der frühere Bundestagsabgeordnete Beck sagte im Gespräch mit dieser Zeitung, die Zuständigkeiten bei der Deutschen Welle müssten geklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Das beziehe sich nicht nur auf das Eingehen von Kooperationen, sondern auch das Monitoring und die Compliance-Regeln der Deutschen Welle.

Volker Beck_dpa

Volker Beck

„Offensichtlich ist ja niemandem aufgefallen, welche antisemitischen und antiisraelischen Kooperationspartner mit der Deutschen Welle verbunden sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man es nicht merkt, wenn man mit einem Hisbollah-nahen Sender kooperiert. Oder fand man den Israelhass bei dem jordanischen und libanesischen Sendern im Rahmen des kulturell Hinzunehmenden in einer anderen Region?“, so Beck.

Bereits Anfang vergangener Woche waren Vorwürfe gegen einige Mitarbeiter der Arabisch-Redaktion laut geworden. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, dass mehrere DW-Mitarbeiter in den vergangenen Jahren im Internet antisemitische und antiisraelische Äußerungen gepostet haben sollen. Später seien diese Einträge gelöscht worden. Die Deutsche Welle lässt diese Vorwürfe nun extern prüfen, die betroffenen Mitarbeiter sind freigestellt.

Kooperationen müssten genau überprüft werden

Volker Beck betonte, beide Fälle müssten Konsequenzen haben. Bei der Zusammenarbeit mit Roya TV liege „ein systematisches Versagen vor, für das jemand Verantwortung übernehmen muss." Man müsse genau überprüfen, mit wem man im Ausland kooperiere. „Man muss immer schauen, dass man in Regionen, in den Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, seinen eigenen Auftrag nicht beschädigt“, so Beck.

Einen Rücktritt des Intendanten Peter Limbourg forderte Beck zum jetzigen Zeitpunkt nicht. „Natürlich ist der Chef immer für alles verantwortlich, aber das muss jetzt erst einmal aufgeklärt werden. Da will ich nicht vorschnell Konsequenzen fordern, die auch nichts bringen würden", sagte der frühere Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag. „Denn dann gäbe es einen neuen Intendanten, aber die Leute, die es vielleicht verbockt haben, sind weiter in Amt und Würden."

Am Mittwoch wurden neue Vorwürfe bekannt. Die Deutsche Welle beschäftig auch in Deutschland eine israelfeindliche Mitarbeiterin, berichtete die "Welt". Die palästinensisch-jordanische Journalistin sei ab August 2017 als freie Mitarbeiterin nach Berlin geholt worden, obwohl sie zuvor in einem arabischsprachigen Online-Medium unter anderem geschrieben habe, Israel sei "ein Krebs, der herausgeschnitten werden müsse". 

Bereits 2018 soll Intendant Limbourg laut dem Artikel ein Schreiben von 18 Mitarbeitenden bekommen haben, das von Einschüchterungen und Manipulationen durch Führungskräfte in der arabischen Redaktion berichtet. Die DW habe anschließend einige Unterzeichnerinnen des Briefs rausgeworfen.

Peter Limbourg wollte sich auf Anfrage dieser Zeitung aktuell nicht zu den Vorgängen äußern, sondern erst die externe Untersuchung durch Ahmad Mansour und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger abwarten.

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