„Beyond Fame“-AusstellungIn Düsseldorf ist Star ein dehnbarer Begriff - Kunst auch

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Rote Tulpen stehen vor einer blau-weißen Bergkulisse.

Anton Hofreiters „Tulpen in Südtirol“ blühen derzeit im Düsseldorfer NRW-Forum. Dort ist die Ausstellung „Beyond Fame - Die Kunst der Stars“ zu sehen.

Im Düsseldorfer NRW-Forum ist die Hobbykunst von „Stars“ wie Anton Hofreiter, Harald Glööckler oder Grimes zu sehen. Leider sind die versammelten Werke nicht schrecklich genug, um zu gefallen.

Die geballte Promidröhnung gibt es leider nur bei Harald Glööckler: ein schwarzer Raum mit glitzernd bestrasstem Hirsch, röhrender abstrakter Malerei, barocken Bilderrahmen und einer altmeisterlichen Pietà mit dem Modeschöpfer höchstselbst als Jesus Christus Superstar. Hier ist alles aus einem schwülstigen Guss und Kitsch die Steigerung von Kommerz. Es fehlen lediglich die Kleiderständer, um sich wie in einer herbei fantasierten Vorzeigeboutique zu fühlen.

Allerdings liegt diese Grabkammer des guten Geschmacks nicht an der Königsallee, sondern im Düsseldorfer NRW-Forum. Unter dem Titel „Beyond Fame“ ist hier bis ins nächste Jahr die „Kunst der Stars“ ausgestellt, wobei „Stars“ in Düsseldorf offenbar ein besonders dehnbarer Begriff ist. Bei Bryan Adams, Grimes und Peter Doherty erinnert man sich an welkenden Ruhm. Aber wer hat wohl auf eine Ausstellung gewartet, in der die künstlerischen Nebenbeschäftigungen von Anna Delvey, Anton Hofreiter oder Isis-Maria Niedecken an den Wänden hängen?

Meret Becker zieht einer Schaufensterpuppe eine Mischung aus Negligé und Burka an

Gegründet wurde das NRW-Forum vor 25 Jahren als kulturelles Experimentierlabor und populäre Ergänzung zum benachbarten ehrwürdigen Kunstpalast – zu seinem Jubiläum hat es sich nun zum Schickimicki-Hintereingang in den Kunstbetrieb geschrumpft. Samy Deluxe übersät eine angedeutete Kiezkneipe mit Graffiti, Meret Becker zieht einer Schaufensterpuppe eine Mischung aus Negligé und Burka an und Tim Bendzko eifert den schwarzen Bildern des französischen Malers Pierre Soulages nach. Wäre das alles wenigstens Glööckler-schrecklich, könnte man sich wohlig in den Kabinetten gruseln. Stattdessen sieht man Prominenten bei der Ausgestaltung ihres Karriereausklangs zu.

Alain Bieber verspricht in seiner Ausstellung „Einblicke hinter die Fassade der öffentlichen Personen, jenseits von Rolle und Prominenz“. Aber die Idee, die Stars wären bei ihren privaten Hobbys ganz bei sich und deshalb authentischer als in ihren Metiers – das klingt dann doch zu schön, um wahr zu sein. Was sollen die semi-abstrakten Großformate schon über Michael Stich verraten, außer, dass es auch für ihn mehr als Tennis gibt und er niemanden mehr etwas beweisen muss?

Ein weibliches Fabelwesen mit Schwert schaut den Betrachter an.

„I wanted a puppy“ von Grimes im bunten Anime-Stil

Auch Berühmtheiten haben ein Recht auf Hobbys, insbesondere wenn sie ihre besten Tage hinter sich haben und sich die weniger guten in die Länge ziehen. Aber abseits der Fanpflege muss man das in einem Museum eigentlich nur zeigen, wenn die Kunst für sich besteht – alternative Kanäle in die Öffentlichkeit gibt es für prominente Mitmenschen schließlich mehr als genug. Im NRW-Forum fühlt es sich mitunter danach an, als würde man Instagram-Kacheln abschreiten, aus denen analoge Originale gepurzelt sind.

Am Anfang der Ausstellung steht eine Fotowand mit silbernem „Fame“-Schriftzug, danach geht es mit einer Antiklimax weiter. Bieber zeigt hier Gemälde von Josephine Henning, einer ehemaligen Fußballspielerin, die heute als TV-Expertin auftritt und den Star-Begriff arg strapaziert. Auch die Malerei ist kaum der Rede wert, bis auf drei kleine Spielfeld-Miniaturen mit Kreide auf Rasenviereck. Tim Bendzkos Arbeiten beweisen, dass sich die Sonntagsmalerei mittlerweile auch in die Gefilde der Abstraktion erstreckt, während sich die Schauspielerin Lea Draeger erstaunlich virtuos als Außenseiter-Künstlerin versucht. Anton Hofreiters Naturidyllen haben einen sympathischen Schlag ins Naive, die Sängerin Grimes führt einen Stilmix aus Anime und Tattookunst vor, den man so ähnlich aus ihren Musikvideos kennt – in beiden Fällen scheint die Corporate Identity zwischen Hobby und Beruf zu stimmen.

Im zweiten Teil der Schau folgen mit Bryan Adams und Peter Doherty zwei beinahe etablierte Star-Künstler. Dohertys Werk zeigt alle Merkmale einer verkrachten Kunststudenten-Existenz, mit wilden Collagen im Brit-Pop-Stil, gemalter Bekenntnisliteratur und einer Schreibmaschine, auf der ein Grammophon-Schalltrichter thront. Von Adams sind Promi-Porträts zu sehen, auf denen die Prominenten vor allem gut aussehen, dazu eine Porträtwand mit Obdachlosen, die sich über die Aufmerksamkeit des Fotografen sichtlich freuen. Isis-Maria Niedecken, die malende Influencer-Tochter von Wolfgang Niedecken, steuert sehr hübsche, auf zwei Dimensionen geplättete Tischplatten bei, und als Schlussgag bietet Alain Bieber eine Berühmtheit auf, die sich hinter einem Pseudonym versteckt und von Jonathan Meese unter anderem als „Formfleischmensch“, „machtpupsender Kulturpriester“ und „Nullpen-Kreativling“ beschimpft oder vielmehr angepriesen wird.

So banal die Sache ist, im NRW-Forum wirkt sie verschenkt. Wirklich Furore würde diese Anti-Kunstschau machen, wo man auf Kunst noch etwas hält.


„Beyond Fame – Die Kunst der Stars“, NRW-Forum, Düsseldorf, bis 21. Januar 2024.

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