Der Chronist deutscher BaugeschichteArchitekturhistoriker Wolfgang Pehnt gestorben

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Wolfgang Pehnt lächelt in die Kamera. Er trägt eine Brille und hat einen Schnurrbart, seine Haare sind grau.

Der Schriftsteller Wolfgang Pehnt, aufgenommen am 16.03.2006 auf der Buchmesse in Leipzig.

Wolfgang Pehnt ist tot. Er gehörte zu den bedeutendsten deutschen Architekturhistorikern der Gegenwart und hatte seine Wahlheimat in Köln.

Architekten wohnen oft in Häusern, die etwas angestrengt wirken, weil sie zugleich eine Visitenkarte ihres Bauherrn sind. Wolfgang Pehnt ging in solchen Häusern vermutlich ein und aus, zog es aber vor, vielleicht um die kritische Distanz zu wahren, selbst in einem Haus zu leben, das zwar eine Handschrift erkennen ließ, aber vor allem gemütlich war.

Wolfgang Pehnt wohnte in Köln-Weiden

Sein Eigenheim in Köln-Weiden passte zum wohl bedeutendsten deutschen Architekturhistoriker der Gegenwart. Pehnt schrieb klar und elegant, kaum einmal angestrengt, und brachte ein untrügliches Gefühl dafür mit, dass Gebäude weit mehr als Planskizzen, Beton und Eisen sind. Sein Leitgedanke als Verfasser unzähliger Aufsätze und einiger Standardwerke war so einfach, dass man als Intellektueller erst einmal darauf kommen muss: Gebäude sind für Menschen da, weil sie in ihnen heimisch werden. Und weil das so ist, findet sich das Geheimnis gelungener Architektur oft genug darin, dass sie ihren Bewohnern buchstäblich Raum zur Entfaltung lässt und das Leben nicht verbaut.

Aus dieser Einsicht heraus ließ sich Pehnt, Autor einer weit ausgreifenden Baugeschichte Deutschlands nach 1900, immer wieder auf architektonische Detailfragen ein. Er hat Artikel über die Gestaltung von Türen verfasst, sich der Höhle als Urform des Wohnens gewidmet – und sich eine gesunde Skepsis gegenüber dem internationalen Siegeszug der Bauhaus-Moderne bewahrt. Sein besonderes Interesse galt dem architektonischen Expressionismus und dessen Baumeistern, und doch erinnerte er seine Leser immer wieder gerne daran, wie vielfältig die Architekturmoderne in ihren Anfängen war – und immer noch sein könnte. Eines seiner Bücher trägt den Titel „Die Regel und die Ausnahme“ – sprechend für einen Autor, der im ästhetischen Zweifelsfall für die Ausnahme plädierte.

Der Architekt starb mit 92 Jahren

Nach Köln kam der in Kassel geborene Pehnt in den frühen 1960er Jahren, als er, nach einer Station als Verlagslektor in Stuttgart, eine Stelle beim Deutschlandfunk antrat. Zwischen 1974 und 1995 leitete er dort die Abteilung Literatur und Kunst und veröffentlichte nebenbei stilbildende Architekturkritiken in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften. Drei Bücher verfasste er über Kölner Baumeister: Rudolf Schwarz, Gottfried Böhm und dessen Sohn Paul.

Ansonsten schwieg er sich über seine Wahlheimat lieber aus, wenngleich mit einer bedeutenden Ausnahme. Als um das Jahr 2000 herum ganz Köln über die von Oswald Mathias Ungers erdachte Via Culturalis staunte, rief Pehnt einen anderen Pilgerpfad durchs heilige Köln in die Erinnerung zurück. Gleich nach Kriegsende hatte Rudolf Schwarz einen Weg entworfen, der die romanischen Kirchen der Stadt verbinden sollte, und ihn nach römischem Vorbild Via Sacra getauft.

Am vergangenen Sonntag ist Wolfgang Pehnt gestorben. Er wurde 92 Jahre alt.

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