„Die Simpsons“Warum Disney in Hongkong eine von 700 Episoden nicht zeigt

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Auf einem Foto des Programms von Disney+ in Hongkong fehlt die Episode 12 der Simpsons. 

Hongkong – „Auf diesem Platz ist 1989 nichts passiert“ verkündet das Schild auf dem Tiananmen-Platz. Kurz darauf sieht man Selma Bouvier, eine der Schwestern von Marge Simpson, vor einem chinesischem Panzer stehen, in direkter Anspielung auf den sogenannten „Tank Man“, der sich 1989 während des Massakers am Platz des himmlischen Friedens einsam der Staatsmacht entgegenstellte.

Die Szenen entstammen der 12. Folge der 16. Staffel der langlebigen Animations-Serie „Die Simpsons“, „Der lächelnde Buddha“. Von der meldete die Nachrichtenagentur AFP am Montag, dass sie im Angebot des Streamingdienstes Disney+ in Hongkong fehle. Disney+ hatte die Serie Anfang des Monats in Hongkong ins Netz gestellt. Ob der US-Konzern in Zensurvorleistung gegangen ist, oder ob er von den örtlichen Behörden dazu aufgefordert wurde, die Folge zu sperren, konnte AFP nicht klären.

Neue Zensurgesetze

Lang genoss die Sonderverwaltungszone Hongkong im Vergleich zum chinesischen Festland große künstlerische und politische Freiheiten. Seit den Demokratieprotesten vor zwei Jahren gehen die Behörden jedoch hart gegen Aktivisten, Künstler und Oppositionelle vor. Diesen Sommer erließen sie neue Zensurgesetze, die alle Inhalte verbieten, die gegen das sogenannte Sicherheitsgesetz aus dem vergangenen Jahr verstoßen. Das erlaubt den Behörden ein rigoroses Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit bedrohen, und greift massiv in die Autonomierechte Hongkongs ein.

In der Folge aus dem Jahr 2005 reisen die Simpsons mit Selma nach China, wo diese ein Mädchen adoptieren will. Dazu gibt die chronische Junggesellin Homer Simpson als ihren Mann aus. Die Verweise auf die blutige Niederschlagung der studentischen Demokratiebewegung sind hier beileibe nicht die einzigen zensurwürdigen Witze. Während eines Besuch des Mao-Mausoleums beugt sich Homer über den einbalsamierten Leichnam des Großen Vorsitzenden und sagt: „Schau wie er schläft, wie ein kleiner Engel – der 50 Millionen Menschen umgebracht hat.“ Und auf Lisa Simpsons Einschätzung, sie gelte als ziemlich klug, antwortet die von Lucy Liu gesprochene chinesische Funktionärin: „Und Tibet galt als ziemlich unabhängig.“  

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Im Rest von China sind „Die Simpsons“ übrigens bereits 2006 aus dem Fernsehprogramm verbannt worden, also kurz nach der nun einkassierten Folge. Angeblich ging es damals aber darum, Chinas eigene Animationsstudios vor der übermächtigen Konkurrenz aus dem Ausland zu schützen. Auch „Micky Maus“- und „Pokemon“-Cartoons wurden damals aus dem Nachmittagsprogramm verbannt, eventuell war der offizielle Grund also auch der tatsächliche.

Tatsächlich konnte man 2005 noch vergleichsweise konsequenzlos die Volksrepublik kritisieren. Betrachtet man „Der lächelnde Buddha“ mit den westlichen Werten von heute, erscheinen viele Witze der Episode eher rassistisch als satirisch. Vor allem jedoch besitzt der chinesische Markt heute eine sehr viel größere Bedeutung für die amerikanische Entertainment-Industrie. Zumal die nicht mehr zwingend in amerikanischer Hand ist. Die chinesische Wanda Group etwa besitzt Mehrheitsanteile an der US-Kinokette AMC Theatres, der größten der Welt, und dem Filmstudio Legendary Entertainment.

Winnie Puh im Arbeitslager

Die satirische Animationsserie „South Park“ hatte sich vor zwei Jahren mit der Folge „Band in China“ über die chinesische Zensur und den Kniefällen westlicher Entertainment-Firmen lustig gemacht. Dort landet der South-Park-Charakter Randy in einem chinesischen Arbeitslager und trifft dort auf Micky Maus und Winnie Puuh. Seit dem Staatspräsidenten Xi Jinping eine Ähnlichkeit mit der Disney-Version des Bären von geringem Verstand nachgesagt wird, ist die Figur in China verboten.

Als Randy vor einem Gericht die chinesische Regierung kritisiert, wird er von Mickey Mouse zur Rede gestellt, wegen der guten Geschäfte, die er mit seinem Freiheitsgerede gefährde. Die Antwort der realen chinesischen Regierung folgte prompt: Alle gut 300 Folgen von „South Park“ wurden verboten.

Indes ist in Hongkong „South Park“ noch auf Netflix zu sehen. Darunter auch die Folge „Band in China“.

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