Erfolgreiche KölnerinJaqui Dresen will nicht dem Influencerinnen-Image entsprechen

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Jaqui Dresen im „Kleinen Atelier“ in Ehrenfeld.

Köln – Jaqui Dresen verdient ihr Geld mit Instagram. Sie postet Fotos von sich mit Mänteln, Rasierern, Pullovern, Gin-Tonic, Unterwäsche und neuer Haarfarbe. Und mehr als 50.000 Menschen schauen ihr dabei zu.

Als typische „Influencerin“ sieht sie sich trotzdem nicht gerne. Das Image ist definitiv nicht ihres: Hochglanzpolierte Frauen, die wahllos Produkte anpreisen – mein Kleid, mein Nagellack, meine Saftpresse.

Die Menschen hinter den sozialen Medien

Wir sehen und hören sie jeden Tag: Auf Instagram, Twitter oder Youtube. Aber wer sind sind die Menschen hinter den Accounts, denen Zehntausende folgen? Warum posten sie Bikinifotos oder sprechen in Podcasts über intimste Details? Was treibt sie an, wie sieht ihr Arbeitsalltag aus? Das alles wollen wir in unserer Serie „Einflussreich“ herausfinden. Und dabei spannende Menschen, aber auch neue Medien-Inhalte kennen lernen.

„Als Frau werde ich total oft auf dieses Influencerinnen–Dasein reduziert und das reicht mir einfach nicht. Ich bin selbstständig, kreativ, ich bin Studentin“, sagt die 27-Jährige, die neben ihrem Vollzeit-Job als – nun ja – Influencerin noch ihren Master mit dem Schwerpunkt „Kultur, Ästhetik, Medien“ macht.

Mieses Image

Männer, die bei Instagram erfolgreich sind, werden in den Medien als „Fotograf“ oder „Unternehmer“ dargestellt, sagt Jaqui Dresen – Frauen meist als wandelnde Kleiderständer.

Aber: „Nur stumpf irgendwelche Produkte in die Kamera halten – das bin ich nicht.“ Ihr ist nachhaltiger und fairer Konsum wichtig. Und das geht nicht mit der Mega-Vermarktungsmaschinerie zusammen, die viele Influencerinnen täglich auf Instagram anwerfen.

Geld mit Werbung verdienen und dabei konsumkritisch sein? Wenn das kein Widerspruch ist, dann ist es zumindest ein Spagat. Jaqui Dresen lehnt deswegen etwa 80 Prozent aller Anfragen von Unternehmen ab. Zeigt vor allem fair produzierte und Secondhand-Mode.

Marke und Mensch

Aber ganz ohne geht es eben auch nicht: „Von meiner Kunst kann ich nicht die Miete zahlen“. Irgendwann, vielleicht. Bis dahin streut sie ihre verträumten, poetischen Fotografien und Videos zwischen die Werbe-Posts auf @jaquidanslanuit. Vogelschwärme, Wolken, Pflanzen, Schattenspiele – und immer wieder sie selbst. Als Marke und als Mensch.

Warum ihr Kanal so heißt? Jaqui Dresen ist eine Nachteule. Und sie ist durch ihre Familie und ihr erstes Studium („Mehrsprachige Kommunikation“) eng mit der französischen Sprache verbunden.

Mit ihrem Freund – einem Fotografen, sehr praktisch – wohnt sie am Eigelstein. Seit dem vergangenen Jahr haben die beiden noch ein kleines Atelier in einem Hinterhof in Ehrenfeld gemietet: Industrie-Charme, Parkettboden, grünes Samt-Sofa, Pflanzen. Gefällt Jaqui Dresen und – natürlich – „tausenden weiteren Personen“ auf Instagram.

Mit dem Internet ist Jaqui Dresen aufgewachsen – sie gehört zu den ersten echten digital natives: „In dieser Generation definieren und inszenieren wir uns selbst. Jeder schafft sich seine digitale Identität – auch wenn er kein Geld damit verdient.“

Neue Lebensentwürfe

Die Instagram-Welt mag marktschreierisch sein und über-inszeniert. Aber das Medium ermöglicht auch ganz neue, unabhängige Lebensentwürfe, wie eben den von Jaqui Dresen: „Ich bin meine Chefin und ich bestimme, was ich teilen will und was nicht.“

Sie ist dankbar dafür, sagt sie, dass sie mit Social Media groß geworden ist und so früh gelernt hat, mit dem Internet umzugehen.

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SMK-Brasack

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Denn sie ist zwar erst 27 – aber schon seit mehr als zehn Jahren online. Mit 16 ging sie für ein Jahr nach Costa Rica und startete ihren ersten Blog.

Irgendwie arbeitet sie sogar schon seit 20 Jahren am selben Projekt: „Seit ich sieben bin führe ich analoges Tagebuch und in diesem Stil sehe ich auch meine Arbeiten - nur dass sich durch die Digitalität eben die Medien verschoben haben.“

Instagram als Ort der Selbstreflexion

So gesehen ist Instagram für sie auch eine Art öffentliches Tagebuch, ein Ort der Selbstreflexion: „Das, was ich teile, hat immer dokumentarische Züge. Ist Spiegel davon, wie ich lebe, aber auch von dem, was auf der Welt passiert.“

Wenn sie jemanden mit ihren Bildern oder kurzen Videos berührt, ist das für sie „das schönste Feedback, das ich bekommen kann. Das sind die Dinge, die mich erfüllen und die mir Freude bereiten.“

Jaqui Dresen zeigt auf ihrem Account scheinbar viel von sich, ist bewusst nahbar. Eine schöne Instagram-Illusion: „Das was man von mir sieht, sind höchstens zehn Prozent - der Rest ist bei mir.“

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