Kommentar zum AbschiedPeter Urban hört auf – das wurde aber auch Zeit

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Peter Urban lacht in die Kamera.

Peter Urban kommentiert den Eurovision Song Contest seit 1997. Nur einmal musste er krankheitsbedingt passen.

Der NDR verkündet den Abschied von Peter Urban nach dem diesjährigen ESC. Die Entscheidung ist richtig, kommt aber um Jahre zu spät. Ein Kommentar.

Am ESC-Verfahren in Deutschland gibt es viel zu kritisieren: falsche Künstlerauswahl, falsche Songauswahl, die immergleiche Moderation, aus der Zeit gefallene Shows. Dass Kult-Kommentator Peter Urban jetzt entschieden hat, ab dem kommenden Jahr nicht mehr am Mikro sitzen zu wollen, hingegen ist gut und richtig. Der 74-Jährige hatte den ESC – mit einer Ausnahme – seit 1997 kommentiert. Keiner hat das so lange gemacht wie er.

Peter Urban verkündet ESC-Abschied: Viele Jahre zu spät

Peter Urban hat den ESC viele Jahre mit Witz und Sachverstand kommentiert, aber zuletzt war die Luft raus. Da wurden Kommentare aus dem Halbfinale 1:1 ins Finale übernommen, inklusive „spontaner“ Witze und abgelesener Anekdoten. Auch sein Humor blieb mit der Zeit auf der Strecke. Früher, in den ersten Kommentatoren-Jahren, kommentierte Urban das Geschehen mit Biss.

ESC-Fans erinnern sich gut an einen „runden Beitrag“, als Urban den Auftritt der korpulenten Sängerin Chiara aus Malta kommentierte und dafür böse Briefe kassierte. Oder launige Kommentare über schreckliche Outfits, schiefe Töne oder unbeholfene Bewegungen. Heute, politisch korrekter, kommt das Ganze leider auch leicht staubig daher.

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Auch die fachliche Beurteilung der Darbietungen selbst ließ zuletzt zu wünschen übrig: Das katastrophale Abschneiden der deutschen Teilnehmer wurde gern schöngeredet, was angesichts des Arbeitgebers und der ohnehin schon angeschlagenen Künstler verständlich ist, dennoch bräuchte es an der Stelle deutlichere Worte.

NDR hält zu sehr an alten Konzepten fest

Ein neuer Kommentator kann jedoch nur der Anfang eines ESC-Erneuerungsprozesses sein, es braucht neue Auswahlverfahren, Menschen mit einem anderen Blick auf Musik und international funktionierende Künstler, mit einem Gefühl für Musik-Trends. Auch die Ausstrahlung der Halbfinals im Spartenprogramm trägt nicht dazu bei, die ESC-Euphorie beim Publikum zu steigern. Der NDR, der seit 1996 für den deutschen Part des ESC verantwortlich ist, wird in diesem Zusammenhang schon seit Jahren heftig kritisiert.

Und doch: Der Sender hat in den vergangenen Jahren durchaus einiges dafür getan, um den ESC im Hintergrund zu stärken. Das Online-Team von eurovision.de macht einen tollen Job, es gibt dort kompetente Moderatoren wie Alina Stiegler, Stefan Spiegel, Constantin Zöller oder Thomas Mohr, die schon vor Jahren die Nachfolge von Peter Urban hätten antreten können. Sie haben ESC-Expertise, Witz und vor allem Leidenschaft für den Wettbewerb. 

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