Filmkritik zu „Mami Wata“Hinter jedem Blick lauert etwas Unberechenbares

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Eine Frau mit Gesichtsschmuck schaut in die Kamera.

Evelyne Ily Juhen in „Mami Wata“

„Mami Wata“ ist modernes Kino aus Nigeria: Hypnotisch anzusehen, aber mit ein paar dramaturgischen Wendungen zu viel. 

Mami Wata, Mutter des Wassers, deren Atem von den Gestaden Westafrikas bis in die Karibik reicht. Mama Efe ist deine Übermittlerin, hier im Dorfe Iyi am Golf von Guinea. Viele Generationen leben die Menschen weitgehend abgeschnitten von der Außenwelt, folgen den angestammten Traditionen. Doch nun werden Stimmen lauter, die Mama Efes Kräfte schwinden sehen. Die lieber das Alte abstreifen wollen, sich der Moderne zuwenden, Straßen und Schulen bauen. Als ein Mann mit Namen Jasper (Emeka Amakeze) an den Strand gespült wird und sich an die Spitze derer setzt, die Neuerungen fordern, schließen Mama Efes Töchter Zinwe und die adoptierte Prisca einen folgenschweren Pakt.

„Mami Wata“ ist Voodoo-Folklore, verwoben in eine Atmosphäre der Fremdartigkeit

Hypnotisch, das ist zweifellos ein erster Eindruck, den diese mit französischer und englischer Unterstützung realisierte Produktion aus Nigeria erweckt. Das liegt an der vornehmlich schwarzweißen, auf harte Kontraste zielenden Bildgebung, mit denen Kamerafrau Lilis Soares eine scheinbar zeitlose Weltentrücktheit evoziert. Weiße Applikationen in Schmuck und Farbe auf dunkler Haut erwirken laszive Sinnlichkeit, aber auch verstörende Voodoo-Folklore, alles verwoben in einer Atmosphäre der Fremdartigkeit, wo hinter jedem Blick und jeder Geste etwas Unberechenbares lauern kann. Das superb gemischte Tondesign von Samy Bardet („Persepolis“) mit seiner hochdifferenzierten Melange aus Wind- und Meeresrauschen, tierischen Lauten und der sparsam akzentuierten Musik von Tunde Jegede impft dem Film zusätzliche eigenständige Gestaltungskraft ein.

Neben diesen inszenatorischen Ansätzen kann sich der erzählerische Bogen nicht gleichwertig behaupten. C.J. Obasi will sich nicht allein im Bereich einer exotisch durchtränkten Mystery tummeln. Also treibt er manch dramaturgisches Vexierspiel, indem er trügerische Erwartungen im Blick aufs Identifikationszentrum weckt, was sich im fortlaufenden Geschehen als eher selbstzweckhaftes Ausbremsen der Erzählung herausstellt. Was schade ist, denn der Film wird in ein Nischendasein entrückt, das er so nicht verdient hat.


„Mami Wata“, Regie: C.J. Obasi, 107 Minuten, ab 11. Januar 2024 im Kino.

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