Streaming-Tipp „The Watcher“In der neuen Netflix-Serie kommt der Horror per Post

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Alles dreht sich in „The Watcher“ um dieses Haus.

Köln – Produzent Ryan Murphy (Glee, American Horror Story) hat derzeit einen Lauf. „Dahmer“, die Geschichte eines der berühmtesten Serienmörder der Vereinigten Staaten wurde zum Überraschungshit. Sie ist die zweiterfolgreichste englischsprachige Netflix-Serie nach gestreamten Stunden gemessen. Nur die vierte Staffel von „Stranger Things“ lieferte noch bessere Zahlen.

Weltweiter Erfolg mit „Dahmer“

Und auch die neueste Geschichte, die Murphy produziert hat, ist ein weltweiter Erfolg. Das True-Crime-Drama „The Watcher“ löste den Killer an der Spitze der Netflix-Charts ab. Es wurde in den ersten fünf Tagen bereits 125 Millionen Stunden gestreamt. Eine beachtliche Zahl, vor allem auch deswegen, weil die Serie bei vielen Rezensenten nur auf geringe Gegenliebe gestoßen ist. Murphy trifft mit seinen Produktionen offensichtlich den aktuellen Zeitgeist und seine beiden neuesten Serien könnten dazu beitragen, dass 2022 doch noch ein gutes Geschäftsjahr für Netflix wird.

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Als die ersten Briefe des Watchers ankommen, droht die heile Familienwelt der Brannocks zu zerbrechen. 

Eventuell ist das Geheimrezept von „The Watcher“ sogar die oberflächliche Schlichtheit der Geschichte, die Kritiker an der Serie bemängeln. Dean (Bobby Cannavale) und Nora Brannock (Naomi Watts) haben gerade ihr Traumhaus in dem idyllischen Vorort Westfield in New Jersey erstanden. Mit ihren beiden Kindern Carter (Luke David Blumm) und der pubertierenden Ellie (Marie Gravitt) bilden die beiden eine Bilderbuchfamilie. Immer wieder wird dabei mit Klischees gespielt, die Hollywood der Welt schon seit Jahrzehnten verkauft. So findet es Vater Dean zum Beispiel gar nicht lustig, dass seine 16-jährige Tochter mit dick aufgetragenem Lippenstift durchs Haus läuft.

So weit, so normal das alles. Allerdings wird das amerikanische Vorstadtidyll schnell getrübt, als die ersten Briefe des Watchers im Briefkasten der Brannocks ankommen. Darin behauptet jemand, die Familie auf Schritt und Tritt zu beobachten, und ist wohl besonders an den Kindern des Paares interessiert.

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Richard Kind als Mitch und Margo Martindale als Mo, halten nicht viel von Grundstücksgrenzen.

Doch wer könnte die Briefe verfasst haben? Verdächtige gibt es in der Nachbarschaft zur Genüge. Eine verschrobene ältere Frau namens Pearl (Mia Farrow) und ihr Bruder Jasper (Terry Kinney) schleichen sich ins Haus der Brannocks, wo sich der Bruder im Speiseaufzug versteckt. Hinzu kommen die Immobilienmaklerin Karen (Jennifer Coolidge), eine alte Bekannte von Nora, die ihnen das Gefühl gibt, nicht wirklich dazuzugehören, und die neugierigen Nachbarn Mitch (Richard Kind) und Mo (Margo Martindale), die nicht viel von Grundstücksgrenzen halten. Und dann ist da auch noch der Sicherheitskamerainstallateur (Henry Hunter Hall), der zu allem Überfluss auch noch der Tochter schöne Augen macht. Wie gesagt, in Murphys Serien wimmelt es gerne von Klischees.

Neugierige Nachbarn und Klischees im Dutzend

Blutig und belastend wird es zum ersten Mal, als die neugierigen Nachbarn eines Tages tot in ihrem Haus aufgefunden werden. Offenbar haben sie sich selbst erschossen.

„The Watcher“ verlässt im weiteren Verlauf der siebenteiligen Mini-Serie den Weg des idyllischen Kleinstadtdramas und wird zu einem intensiven Familienporträt. Denn durch den Druck der anonymen Briefe zerbricht die heile Familie, ein Ausraster führt zum nächsten, schon bald ist von Scheidung die Rede, das Vater-Tochter-Verhältnis zerrüttet und über der Familie schwebt ein Rassismus-Verdacht.

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Jasper (Terry Kinney) und Schwester Pearl (Mia Farrow) leben ebenfalls in der Nachbarschaft. 

Das ist insofern interessant, da „The Watcher“ ein modernes Familienleben beschreibt, welches bei der kleinsten Erschütterung wie ein Kartenhaus zusammenfällt. Dabei wird auch die gefährliche Macht sozialer Medien eindrucksvoll aufgezeigt. Angeblich, soll die Geschichte sogar auf wahren Begebenheiten basieren. Auch wenn im Oktober viele Horrorserien starten, „The Watcher“ ist nicht gruselig und nur selten blutig. Es ist eher der kleine Horror für zwischendurch. Es bleibt aber bis zu dem ebenfalls unblutigen Ende spannend.

Mini-Serie über Marlene Dietrich geplant

Hervorragende Schauspieler wie Naomi Watts, Bobby Cannavale oder Mia Farrow hauchen dem Drama so viel Leben ein, dass sich die Serie derart großer Beliebtheit erfreut. Das nächste Projekt von Mastermind Ryan Murphy ist übrigens eine Mini-Serie über Marlene Dietrich, die noch keinen Titel hat, aber mit Jessica Lange bereits eine Hauptdarstellerin. Man darf gespannt sein, ob es erneut ein Quoten-Hit wird, den Kritiker nicht mögen, die Zuschauer dafür umso mehr lieben.

„The Watcher“ Mini-Serie, sieben Episoden, Ryan Murphy, mit Naomi Watts, Bobby Cannavale, Jennifer Coolidge, Mia Farrow, Margo Martindale, Terry Kinney, Joe Mantello, Richard Kind, Noma Dumezweni, Michael Nouri, bei Netflix.

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