Mit ihren Büchern um den Zauberschüler Harry Potter wurde J.K. Rowling zur erfolgreichsten Autorin aller Zeiten. Dann verbiss sie sich ins Transgender-Thema.
J.K. Rowling wird 60Wie die „Harry Potter“-Autorin zum Bösewicht ihrer eigenen Erzählung wurde

„Harry Potter“-Autorin J.K. Rowling wird am 31. Juli 60 Jahre alt.
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Ihre Lebensgeschichte klingt noch märchenhafter als ihre Romane: Als unglückliches Kind flüchtete sich Joanne Rowling in Romane und Tagträumereien. Vom Leben, so schien es, hatte sie eher wenig zu erwarten. Als ihre Mutter an Multipler Sklerose starb, ihre Beziehung endete und ihr Job wegrationalisiert wurde, beschloss sie ihr Glück in Portugal zu suchen, wo sie in Abendklassen Englisch als Fremdsprache lehrte und sich tagsüber eigene Geschichten ausdachte, so fantastisch und trostreich wie die Romane, in denen sie Zuflucht gefunden hatte.
Der Mann, den sie in Porto kennengelernt und kurzentschlossen geheiratet hatte, erwies sich als gewalttätig. Mit ihrer wenige Monate alten Tochter floh Joanne nach Edinburgh, in eine von Mäusen geplagte Wohnung, hielt sich mit 69 wöchentlichen Pfund Sozialhilfe nur knapp über Wasser. Sie sah sich als Versagerin, verfiel in Depressionen, dachte an Suizid.
Die „Harry Potter“-Autorin lebte von Sozialhilfe
Ihr Kind trieb sie zum Weitermachen und die drei imaginären Freunde, die sich ein paar Jahre zuvor, während einer langen, verspäteten Zugreise von Manchester nach London, bei ihr eingenistet hatten: Harry, Hermione und Ron. Tagsüber schrieb sie im ersten Stock des Cafés, das ihrem Schwager mitgehörte, an deren Abenteuern auf einer Zauberschule namens Hogwarts.
Zwölf Verlage lehnten das fertige Manuskript ab, der 13., Bloomsbury Publishing, sagte zu, sie müsse nur ihren Namen ändern, denn Jungs würden keine Bücher von Frauen lesen. So wurde aus der mittellosen und mittelnamenslosen Joanne J.K. Rowling, die Autorin der erfolgreichsten Buchreihe aller Zeiten. Mehr als 600 Millionen Exemplare der „Harry Potter“-Reihe wurden bis heute weltweit verkauft. Aus der selbsterklärten Versagerin war die Stimme (mindestens) einer Generation geworden, die bestbezahlte Autorin der Welt.
Mit einem Tweet verlor J.K. Rowling das Wohlwollen der Welt
Ein Märchen, ein Triumph, der einer machtlosen, misshandelten Frau einzig mithilfe ihrer Fantasie gelungen war. Etliche Millionen Pfund ihrer Tantiemen spendete J.K. Rowling für gute Zwecke, das Wohlwollen der Welt schien ihr für alle Zeit sicher. Dann, im Dezember 2019, erklärte sich die Milliardärin in einem Tweet solidarisch mit einer Frau, die nach abfälligen Bemerkungen über trans Frauen ihren Job verloren hatte – und ein Riss tat sich auf, zwischen ihr und ihren zumeist jungen Leserinnen und Lesern.
Je empörter die ihre einstige Lieblingsautorin als Trans-ausschließende radikale Feministin („TERF“) beschimpften, desto schärfer feuerte die zurück, verlor bald jedes Maß, bezeichnete trans Menschen als geisteskrank, oder finanzierte ein Krisenzentrum für Opfer sexueller Übergriffe – allerdings nur für solche, denen von Geburt an das weibliche Geschlecht zugeordnet worden war.
Als im April das oberste Gericht Großbritannien ein Grundsatzurteil verabschiedete, nach dem trans Frauen keinen Anspruch auf Gleichstellung geltend machen können, tweetete Rowling ein Foto, in dem sie mit Whiskey-Glas und Zigarre auf ihrer Jacht feiert: „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert“, lautete die Bildunterschrift. Daniel Radcliffe, Emma Watson und Rupert Grint, die Filmdarsteller ihrer imaginären Freunde Harry, Hermione und Ron hatten sich zu diesem Zeitpunkt längst von ihr distanziert.
Es war, als hätte sich die „Harry Potter“-Schöpferin in Lord Voldemort verwandelt, den Antagonisten ihres Zauberlehrlings. Demzufolge können Muggelstämmige – das sind in der Welt der Romane Hexen und Zauberer, deren Eltern keine magischen Fähigkeiten besitzen – niemals echte Zauberer sein.
Am 31. Juli feiert Joanne Rowling ihren 60. Geburtstag. Ihr märchenhaftes Leben ist längst auch ein mahnendes Beispiel, wie schnell man zum Bösewicht seiner eigenen Erzählung werden kann.