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Jazz-Musiker Peter HerbolzheimerBundesjazzorchester feiert seinen Gründer

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Musikerinnen des Bundesjazzorchesters 2025

Musikerinnen des Bundesjazzorchesters 2025. Am 21. November geben sie ein Konzert an der Hochschule für Musik und Tanz Köln.

1988 gründete Posaunist und Komponist Peter Herbolzheimer das Bundesjazzorchester. Zu seinem 90. Geburtstag feiert ihn der Nachwuchs mit einem Konzert.

Es gibt wohl nur wenige Momente im deutschen Jazz, die ähnlich staatstragend waren: Am 7. Januar 1988 gratulierte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl in der Aula des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums in Bonn dem neu gegründeten Bundesjazzorchester zum ersten öffentlichen Auftritt. Der Dank ging dabei vor allem an jenen Mann, der das Orchester ins Leben gerufen hatte, es mit Verve, Energie und all seiner musikalischen Kompetenz ausstattete und es zu einer bis heute einzigartigen Jazz-Talentschmiede machte: dem Big-Band-Leader, Posaunisten, Komponisten und Arrangeur Peter Herbolzheimer.

Helmut Kohl setzte sich persönlich für die Gründung ein

Einen Tag nach der Premiere spielte Herbolzheimer dann mit „seinem“ Bujazzo im Bonner Kanzleramt, dessen Hausherr sich persönlich für die Gründung des Ensembles eingesetzt hatte. Wobei sich Helmut Kohl jederzeit auf die Expertise seines 1935 in Bukarest geborenen Bujazzo-Chefs verlassen konnte. Viel hatte Herbolzheimer bereits für den Jazz in Deutschland geleistet, selbstbewusst die Gräben zwischen Jazz, Rock und dem, was man landläufig als Unterhaltungsmusik bezeichnet, übersprungen und Brücken gebaut: als Solist in den Orchestern von Kurt Edelhagen oder Bert Kaempfert, als Orchesterleiter in Alfred Bioleks „Bios Bahnhof“, als Arrangeur der Bläsersätze für Udo Lindenbergs Panikorchester – vor allem aber als Innovator und Pionier der groovenden, heftig rockenden Power-Big-Band „Rhythm Combination & Brass“ zu Beginn der 1970er-Jahre.

1972 arrangierte Herbolzheimer im Auftrag Edelhagens mit Dieter Reith und Jerry van Rooyen die Einzugsmusik der Olympischen Sommerspiele in München, 1994 eröffnete er das Haus der Geschichte in Bonn musikalisch mit einem Arrangement, in dem er das Deutschlandlied, die DDR- sowie die Europahymne einarbeitete. Seine womöglich am wenigsten bekannte, doch trotz aller Meriten bedeutendste Leistung aber ist und bleibt das Bujazzo, das er bis Ende 2006 persönlich leitete. Am kommenden Silvester-Tag wäre Peter Herbolzheimer (er starb am 27.3.2010 in Köln) 90 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass feiert ihn nun das aktuelle Bujazzo mit einem Konzert in der Hochschule für Musik und Tanz und sagt: „Thank You, Peter!“

Würde man allein die Namen all jener Musikerinnen und Musiker nennen, die in fast vier Jahrzehnten im Bujazzo spielten und danach in den unterschiedlichsten Jazz-Stilen Fuß fassten, bekäme man ein eindrucksvolles Who’s Who zum deutschen Jazz. Zum ersten Jahrgang gehörten die Saxofonisten Fiete Felsch, Peter Weniger und Steffen Schorn, der Trompeter Till Brönner, die Pianisten Frank Chastenier und Hubert Nuss, die Bassisten Ingmar Heller und Martin Wind sowie die Sänger Theo Bleckmann und Jeff Cascaro.

Es war eine strenge, zugleich bereichernde Schule.
Tenorsaxofonist Paul Heller

Tenorsaxofonist Paul Heller, Mitglied der WDR Big Band, stieß im zweiten Jahrgang dazu: „Teil des Saxofon-Satzes zu sein, war unter vielen Aspekten etwas sehr Besonderes. Mein Vater war immer schon ein großer Jazz-Fan und ich bin mit seinen Herbolzheimer-Platten aufgewachsen, insofern war es ein Riesending, selbst ins Bujazzo zu kommen. Vor Herbolzheimer hatte ich immensen Respekt. Damals war der Umgang auf Augenhöhe, den das heutige Bujazzo auszeichnet, noch nicht so ausgeprägt, und doch war es beeindruckend, ihm zu begegnen. Er war auf seine eigene Art sehr fordernd und konnte auch ganz gut austeilen. Es war eine strenge, zugleich bereichernde Schule. Bis heute haben seine Kompositionen und Arrangements ja nichts an Strahlkraft verloren. ‚My Kind of Sunshine‘, um nur eines seiner bekanntesten Stücke zu nennen, steht in Stimmenführung sowie im Setzen der Akkorde für seine ganz unverwechselbare Handschrift.“

Grundstein für die Nachwuchsförderung im deutschen Jazz

Herbolzheimers Tochter Micke erinnert sich gut an die Bujazzo-Anfänge. „Wenn ich ihm beim Unterrichten zugeschaut habe, war das wie in einem Kinofilm. Ich konnte ihn beobachten und dachte, irre, den kenne ich so gar nicht. Er hatte so viel Herz für die jungen Leute, hat sie alle richtig gerngehabt. Und sich stets für sie eingesetzt.“ Bis heute meint man, in jedem Bujazzo-Jahrgang sowohl diese Begeisterung für die Musik, als auch für die Mitmusizierenden zu spüren. Die Mitglieder sind zwischen 17 und 24 Jahren jung, alle zwei Jahre findet ein Generationenwechsel statt. Das Bundesjazzorchester ist, wie auch das Bundesjugendorchester und der Bundesjugendchor, ein Projekt des Deutschen Musikrates. Seine Grundfinanzierung erhält es vorrangig aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und jeder Cent erscheint bestens investiert.

Auch Henning Vetter, Projektleiter des Bujazzo, ist sich der Bedeutung Herbolzheimers sehr bewusst: „Er legte einen wichtigen Grundstein für die Nachwuchsförderung im deutschen Jazz, und wenn sich ein Mann mit solch einem großen Renommee dafür einsetzt, junge Menschen zwischen Ausbildung und Beruf intensiv zu fördern, dann ist das ein Glücksfall. Nicht zuletzt, weil Herbolzheimer immer den Anspruch hatte, den jungen Muszierenden Wissen zu vermitteln, um sie zu befähigen, auch nach dem Bujazzo ihre Kreativität auszuleben und Netzwerke zu bilden. Dies ist bis heute ein wesentlicher Grundgedanke des Bujazzo, und dass er erfolgreich funktioniert, ist zum großen Teil Herbolzheimers Verdienst.“

Dass es keine Wertschätzung für den Jazz als Nachwuchsförderung gab, das hat ihn einfach aufgeregt.
Micke Herbolzheimer

Die musikalische Leitung des jetzigen Konzertprogramms liegt in den Händen von Jörn Marcussen-Wulff, er war von 2001 bis 2006 ebenfalls Bujazzo-Mitglied. Gespielt werden authentische Arrangements von Herbolzheimer sowie seiner langjährigen Wegbegleiter. „Die Begeisterung dafür musste man bei den jungen Musizierenden gar nicht erst wecken“, sagt Henning Vetter, „sie freuen sich einfach nur auf Peter Herbolzheimer.“

Was Herbolzheimer zweifellos sehr gefallen hätte. „Das war das eine, dass er etwas weitergeben wollte“, erinnert sich Micke Herbolzheimer, „das andere war, dass er das Konzept von Bujazzo grundlegend gut und richtig fand. Es hatte ihn immer aufgeregt, dass es ein Bundesjugendorchester gab und die Klassik gefördert wurde. Er mochte die klassische Musik durchaus, aber dass es keine Wertschätzung für den Jazz als Nachwuchsförderung gab, das hat ihn einfach aufgeregt. Das war dann auch eine Initialzündung dafür, dass er gesagt hat: Das geht so nicht, das gehört auch zu unserer Gesellschaft!“


„Thank you, Peter!“ Bundesjazzorchester, Künstlerische Leitung: Jörn Marcussen-Wulf. 21.11., 19.30 Uhr, Hochschule für Musik und Tanz Köln, Unter Krahnenbäumen 87.

Weitere Informationen unter: bundesjazzorchester.de