Am 4. Oktober startet das Junge Filmfestival Köln / Cinepänz mit spannenden, unterhaltsamen und überaus wichtigen Filmen.
Junges Filmfestival Cinepänz in KölnJede Menge Glanzlichter für kleine und große Filmfans

Der bewegende Dokumentarfilm „Zirkuskind“ über Santinos besonderen Alltag eröffnet das diesjährige Cinepänz Festival in Köln.
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„Willkommen in der Arena der Attraktionen!“ So begrüßt einen die Artistenfamilie des Circus Arena und verspricht „mutige Artisten, lustige Clowns und Freiheitsdressuren“ mit Tieren aus aller Welt. Ganz ähnlich heißt einen auch Cinepänz willkommen: Das 36. Junge Filmfestival Köln präsentiert einmal mehr herausragende Filme und eröffnet gleich mit einer besonderen Attraktion: dem Dokumentarfilm „Zirkuskind“ über das Leben im Circus Arena.
Im Mittelpunkt steht der zehnjährige Santino, der seinen Alltag, seine Aufgaben und Talente, vor allem aber seine Familie vorstellt. Temporeich, garniert mit fröhlich-bunten Zeichentrickpassagen, beschreibt „Zirkuskind“ die Mühen der Zirkusarbeit, das ständige Umherziehen mit Schulwechsel, lange Traditionen und das Leid der Familie mit Sinti- und Roma-Wurzeln. Über allem stehen der Zusammenhalt, tiefe Verbundenheit und aufrichtige Liebe, wobei für Santino besonders sein Ur-Opa ein emotionaler Kompass ist. Der freundliche 80-Jährige erklärt ihm die (Zirkus-)Welt, hält manche stille Umarmung bereit und sagt sogar einmal: „Ich bin glücklich, dass du da bist.“
Einfühlsame und tröstende Geschichten aus dem Leben junger Menschen
Nicht nur mit „Zirkuskind“ entzündet das Junge Festival Köln / Cinepänz Glanzlichter im herbstlichen Kinoalltag, der ansonsten für ein junges Publikum eher nur magische Tiere bereithält. Die Cinepänz-Filme erzählen ganz andere Geschichten aus dem Leben junger Menschen und geben Einblicke in ihren Alltag – ohne Netz und doppelten Boden, einfühlsam und immer mit tröstenden Lösungen angesichts vermeintlich übermächtiger Probleme und Sorgen.

Der Film „Ab morgen bin ich mutig“ von Bernd Sahling ist eine famose Geschichte über Freundschaft und das erste Verliebtsein.
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Ein Highlight nicht nur in dieser Hinsicht ist der teils in Köln gedrehte Spielfilm „Ab morgen bin ich mutig“ von Bernd Sahling. Der zwölfjährige Karl geht in die sechste Klasse, ist eher still, ein wenig in sich gekehrt und heimlich in seine Mitschülerin Lea verliebt. Doch wie soll er sich ihr offenbaren? Denn welches Mädchen will schon einen Jungen zum Freund, der ihm gerade mal bis zur Schulter reicht? Mit viel leisem Humor erzählt „Ab morgen bin ich mutig“ eine famose Alltagsgeschichte, in der es um Schule und ein Schulprojekt, um Ferien, Freundschaft und ums erste Verliebtsein geht. Und siehe da: Mehr braucht es nicht, um eine sensationell schöne, ganz aus sich heraus strahlende Geschichte zu erzählen, die fesselt und dazu auch noch bestens unterhält.
Die Magie des Filmemachens
Ebenfalls erzählt „Ab morgen bin ich mutig“ von der Magie des Filmemachens und der Freude am filmischen Gestalten. Damit passt er bestens ins Angebot von Cinepänz, das nicht nur Filme zeigt, sondern in etlichen Veranstaltungen auch zur Auseinandersetzung mit Filmbildern und der filmischen Gestaltung einlädt. Das Angebot reicht von einer Zirkus-Mitmachaktion über das inklusive Filmprojekt „Wenn ein Licht aufgeht“, das Schülerinnen und Schüler der Heliosschule Köln realisierten, einen Besuch in der bildundtonfabrik, bei dem man viel über Filmtricks erfährt, bis zum Workshop „Bildern eine Stimme geben“, bei dem es um Perspektiven der (Film-)Sprache geht. Einige Veranstaltungen sind unmittelbar mit dem Filmprogramm verknüpft, so beim poetischen Animationsfilm „Hola Frida!“ über das Leben der mexikanischen Malerin Frida Kahlo. Prachtvoll schwelgt dieser Film in Kahlos Farbenwelt und erzählt zugleich von einem Leben mit Behinderung, von Mut und Widerstandsfähigkeit.
Vom Weltall bis in die Vergangenheit
Mit so viel empathischer Unterstützung macht es gleich noch mehr Freude, herausragende Filme zu entdecken und sie besser zu verstehen. So auch den kanadischen Animationsfilm „Mission Sternenhimmel“ über die Freundschaft zwischen einem Roboter und einem Mädchen, das zu einem abenteuerlichen Weltraumflug startet. Dabei kommt er ohne jedes gesprochene Wort aus, erzählt ausschließlich über wunderschöne Bilder und eine grandiose Musikebene. Nicht weniger fantastisch ist der abenteuerliche Zeitreisefilm „Das geheime Stockwerk“ von Norbert Lechner, in dem der zwölfjährige Karli in einem alten Hotel in den Alpen einen Fahrstuhl besteigt – und mitten hinein in die Zerreißproben des Jahres 1938 gerät. Während er zusammen mit einem Schuhputzerjungen und einem jüdischen Mädchen einen vermeintlichen Diebstahl aufklärt, erfährt er viel über den erstarkenden Nationalsozialismus und die sich abzeichnenden Tragödien. Geschickt verzahnt der Film dies mit viel Spannung und Atmosphäre.
„Das geheime Stockwerk“ wendet sich an Kinder ab zehn Jahren, doch auch Filmfans im eher schon jugendlichen Alter macht Cinepänz vorzügliche Angebote. Im Dokumentarfilm „Die Möllner Briefe“ geht es um den rassistischen Brandanschlag in Mölln 1992, in „Wenn du Angst hast, nimmst du dein Herz in den Mund und lächelst“ um die tiefe Beziehung zwischen einer Zwölfjährigen und ihrer gehörlosen Mutter. Auch hier steht eine stark machende Beziehung im Zentrum, und auch hier gibt es eine lange, innige und wortlose Umarmung – ein bewegender Moment und ein Beispiel für die emotionale Kraft filmischer Bilder.
36. Junges Filmfestival Köln / Cinepänz, 4.–9. Oktober, in den Kinos Filmforum NRW (im Museum Ludwig), Cinenova, Filmhaus Köln, Lichtspiele Kalk und Odeon sowie in den Bürgerzentren/Jugendhäusern OT – Haus der Jugend, Kulturbunker Köln-Mülheim und OT – Die Villa.
Das gesamte Programm steht auf www.cinepaenz.de