Kommentar zum Kölner Schabowski-UrteilTu Gutes, nimm das Geld und sprich darüber

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Günter Schabowski auf der Pressekonferenz am 09.11.1989, auf der er die Öffnung der Grenze bekannt gab.

Köln – So mancher, der zu Geld kommt, hängt das nicht gerne an die große Glocke. Die Verwandtschaft könnte ja auf dumme Gedanken kommen. Nehmen wir also an, der ehemalige Besitzer von Günter Schabowskis „Sprechzettel“ habe sich vom Bonner Haus der Geschichte aus ehrenwerten Gründen zusichern lassen, seinen Namen geheim zu halten.

Im Jahr 2015 hatte das Museum das Stück Papier für 25.000 Euro erworben und sich dafür feiern lassen. Zur Erinnerung: SED-Sprecher Schabowski löste bei seiner Pressekonferenz vom 9. November 1989 den sofortigen Fall der Berliner Mauer aus, weil er einige entscheidende Klauseln der neuen DDR-Ausreiseregeln in seinen Notizen nicht parat hatte.

Die Witwe Günter Schabowskis spricht von Diebstahl

Jetzt entschied das Kölner Verwaltungsgericht, das Haus der Geschichte müsse den Namen des Verkäufers preisgeben und gab damit der Klage eines Journalisten statt. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit wiege schwerer als das Persönlichkeitsrecht des Verkäufers, so die Begründung, und auch das Museum müsse zurückstehen, weil es anders als manche Behörde nicht „zwingend auf geheimes Agieren“ angewiesen sei.

Zu der Klage kam es, weil die Witwe Günter Schabowskis den Bonner Handel als „kaltblütigen Kauf einer gestohlenen Sache“ bezeichnet hatte. Im Jahr 1990 habe sie den „Sprechzettel“ verliehen und niemals wieder gesehen. Allerdings konnte sie offenbar nicht nachweisen, dass es sich um Hehlerware handelte. Jedenfalls gilt das Haus der Geschichte weiterhin als rechtmäßiger Besitzer des hingeschmierten Dokuments.

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Aber was bedeutet das Urteil für die Museumslandschaft? Gehen den Häusern jetzt Schenkungen und Ankäufe verloren, weil sie Stiftern und Verkäufern, die ungenannt bleiben möchten, dies zukünftig nicht mehr zusichern können?

Eigentlich dürfte dies kein gravierendes Problem darstellen, da sich staatliche Museen nicht an Hehlerei oder Steuerhinterziehung beteiligen. Tu Gutes, nimm das Geld und sprich darüber, lautet ohnehin die Devise der meisten Menschen, die ihre Sammlungsstücke - oft mit Abschlägen - der öffentlichen Hand verkaufen. Der eine oder andere museumsaffine, aber scheue Sammler könnte jetzt allerdings versucht sein, sein Gut in den privaten Kunsthandel zu tragen. Dort ist meist mehr zu holen und sein guter Name weiterhin geschützt.

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