Die Leidenschaft des Armenian State Symphony Orchestra beeindruckte beim Kontrapunkte-Konzert in der Philharmonie ebenso wie das virtuose Spiel der Pianistin Olga Scheps.
Kontrapunkt-Konzert in der PhilharmonieKölner Pianistin Olga Scheps glänzt mit elegantem Spiel

Die Kölner Pianistin Olga Scheps
Copyright: Alexander Schwaiger
Als Zugabe des Kontrapunkt-Konzerts mit dem Armenian State Symphony Orchestra spielte Olga Scheps in der Kölner Philharmonie Chopins 20. Nocturne – sehr konturiert, gestalthaft, eindringlich, poetisch, dabei ganz ohne sentimentale Wischspuren. Die Kölner Pianistin russischer Herkunft ist als herausragende Chopin-Interpretin bekannt. Das verdient besondere Erwähnung, als vom Geist Chopins einiges in das Hauptwerk des Abends – Tschaikowskys erstes Klavierkonzert – übertrug. Besonders bemerklich war das im finalen Rondo. Scheps führte hier kein dickgepanzertes Schlachtross vor, sondern ließ es elegant funkeln und glänzen, mit launig-spielfroher Virtuosität und tänzerischer Grandezza.
Olga Scheps mit einer breiten Ausdruckspalette
Das funktioniert freilich nur bei absoluter Metierbeherrschung, die Solistin auch zuvor unter Beweis gestellt hatte. Dass dieses Konzert von manchen Experten trotz seiner Beliebtheit für schlechte Musik gehalten wird, etwa weil die legendäre ohrwurmträchtige Einleitung im Werkverlauf nicht wiederkehrt und auch motivisch nicht ausgebeutet wird – man konnte es diesmal in jeder Hinsicht vergessen. Scheps' Eleganz, manifest etwa immer wieder in den jazzig angespitzten Synkopen, hat übrigens nichts Gebrechliches an sich – in ihren zuweilen leicht überpedalisierten Oktavendonnern fordert sie den Flügel ganz schön heraus. Aber sie beherrscht auch die Kunst des Verklingens und Verdämmerns, ihr steht einfach eine respektheischend breite Palette des Expressiven zur Verfügung. Und einen guten Sinn für dramaturgische Effekte hat sie auch, etwa wenn sie ihre Phrase zielgenau zum Spannungsakkord führt, dessen Auflösung dann erst das Orchester liefert.
Armenian State Symphony Orchestra begeistert mit seiner Leidenschaft
Die armenischen Gäste unter ihrem Chefdirigenten Sergey Smbatyan absolvierten eine sehr ordentliche Leistung, die auch in Tschaikowskys fünfter Sinfonie trotz einiger hervorragender Bläserleistungen und einer bemerkenswerten Streicheragilität in deren drittem Satz weniger durch extremen klanglichen Feinschliff begeisterte als vielmehr durch eine leidenschaftliche und darin direkt auf den Zuhörer überspringende Energieentfaltung. Da wurde die Partitur nicht geschäftsmäßig absolviert, sondern mit Körpern und Herzen zum Leben gebracht. Um diese Wirkung bis hin zum triumphalen Schluss zu erzielen, mag Smbatyan, ein Ausdrucksmusiker par excellence, sich schier bis an eine Erschöpfungsgrenze verausgabt haben.
Das Konzert rahmte naheliegend Armenisches: Am Beginn stand eine temperamentvoll-potpourrihafte „Festliche Ouvertüre“ von Alexander Arutiunian, die gleich zeigte, dass sich dieser Klangkörper nicht lange bitten lässt. Als finale Zugabe erklang – was sonst? – der „Säbeltanz“ des armenischen Musikheiligen Aram Khachaturian. Da musste Smbatyan gar nicht mehr dirigieren, die unwiderstehliche Musik und ihren Spirit haben diese Musiker drauf wie wahrscheinlich niemand sonst.

