Corinna Harfouch und Peter Lohmeyer beleuchten beim musikalisch-literarischen Abend die schwierige Beziehung zweier Exzentriker: Alma und Gustav Mahler.
Alma und Gustav MahlerEin komponierendes Ehepaar kann es nicht geben

Corinna Harfouch bei den Internationalen Filmfestspielen, Berlin 2024. In der Kölner Philharmonie verkörperte sie beim musikalisch-literarischen Abend die Komponistin Alma Mahler.
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„Er sagte mir, dass er mich liebe – wir küssten uns.“ Wenn Corinna Harfouch diesen Tagebucheintrag von Alma Schindler spricht, dann schlüpft die Schauspielerin in die Rolle einer selbstbewussten Zwanzigjährigen. Die Rede ist natürlich von Gustav Mahler, der Alma 1901 den Hof machte. Sie schreibt, bzw. Corinna Harfouch sinniert in der Kölner Philharmonie in einem literarisch-musikalischen Abend: „So vieles irritiert mich: sein Geruch, sein Vorsingen, einiges in seinem Sprechen! […] Und seine Kunst, die mir so unendlich ferne liegt – so furchtbar ferne.“
Seine Kunst liegt mir so unendlich ferne.
Das sind alles bekannte Aussprüche der späteren Alma Mahler, dieser Künstler-Muse par excellence im beginnenden 20. Jahrhunderts. Bevor sie Mahler heiratete, waren Gustav Klimt und Alexander von Zemlinsky, bei dem sie Kompositionsunterricht hatte, ihre Liebhaber. Während ihrer Ehe machte Walter Gropius ihr Avancen, den sie nach Mahlers Tod heiratete. Dann gab es noch Oskar Kokoschka und Franz Werfel, ihren dritten Ehemann.
Peter Lohmeyer spielt Gustav Mahler als besorgten, besserwisserischen Grübler
Peter Lohmeyer verkörperte in der Kölner Philharmonie einen hitzigen Gustav Mahler. Der fast 20 Jahre Ältere begehrte Alma wie ein juveniler Verehrer. Das hielt ihn aber nicht davon ab, seiner Angebeteten, als es darum ging, eine Hochzeit zu planen, das Komponieren zu verbieten: „Wie stellst Du Dir so ein komponierendes Ehepaar vor? Hast Du eine Ahnung, wie lächerlich und später herabziehend vor uns selbst, so ein eigentümliches Rivalitätsverhältnis werden muss?“ Lohmeyer kleidete diese entwürdigenden Worte weniger in einen herablassenden Tonfall, sondern war eher ein besorgter, aber auch besserwisserischer Grübler. Dieser Brief, der Alma zutiefst irritierte, ist das Symbol für eine schwierige Ehe, weil sie eigene Ambitionen hatte und auf Selbstständigkeit bedacht war. Auch als Mutter gestand sie: „Ich habe nicht die Liebe für mein Kind.“
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Peter Lohmeyer bei der lit.Cologne spezial in diesem Oktober.
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Gesellschaftliche Zwänge, Leidenschaft und Eifersucht
Corinna Harfouch und Peter Lohmeyer führten vor der Pause anhand von diesen, geschickt kombinierten Zeugnissen den Alltag eines Ehelebens vor Augen. Später trugen sie noch ein Bündel von Einschätzungen von Zeitgenossen zum künstlerischen Rang Mahlers vor. Interessanter war aber zu erfahren, wie sehr diese Ehe (wie viele) von Befindlichkeiten, gesellschaftlichen Zwängen, Leidenschaft und Eifersucht geprägt war. Als Mahler von der Affäre mit Walter Gropius erfuhr, wollte er sie plötzlich doch als Komponistin fördern und betrachtete seine 10. Sinfonie als verzweifelte Liebeserklärung ebenso wie das Adagietto der 5., aus dem Hideyo Harade am Klavier einen kurzen Auszug spielte. Zusammen mit dem Bariton Roman Trekel bestritt sie den musikalischen Part des Abends.
Neben weiteren Klavierfassungen aus den Sinfonien, die nicht alle so intensiv klangen wie das Adagietto, hörte man Stücke aus den „Kindertotenliedern“, aus „Des Knaben Wunderhorn“, den „Rückert-Liedern“ und vor allem Kompositionen von Alma Mahler selbst, die neben der Musik von Gustav Mahler durchaus bestehen konnten. Allerdings litt der musikalische Vortrag von Roman Trekel darunter, dass es ihm nur selten gelang, zu einem schlanken und beweglichen Ausdruck zu kommen. Man hatte meist das Gefühl, als singe er gegen ein riesiges Orchester an, wo doch nur ein einsames Klavier stand.

