ARD-TalkDohnanyi sieht Mitschuld für Krieg im Westen – Maischberger widerspricht

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Klaus von Dohnanyi PA 120522

Klaus von Dohnanyi (SPD), Erster Bürgermeister Hamburgs (a.D.)

Köln – Am Mittwochabend war der SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi bei „Maischberger“ zu Gast. Der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg warnte in der ARD-Talkshow im Gespräch mit Moderatorin Sandra Maischberger vor einer Ausweitung des Krieges in der Ukraine und erklärte die USA für mitverantwortlich für den Kriegsausbruch. „Das wirkliche Problem ist eine Ausweitung des Ukraine-Krieges auf Deutschland und das genügt ja“, erklärte der 93-Jährige.

„Wir sind nicht für andere Länder verantwortlich, sondern für uns, und wir müssen versuchen unser Land zu schützen“, erklärte von Dohnanyi mit Blick auf die deutsche Unterstützung für die Ukraine. Auf die USA will sich der SPD-Politiker in Sicherheitsfragen offenbar nicht verlassen.

Klaus von Dohnanyi: „Ein Atomkrieg wäre wahrscheinlich nur ein Zufall“

Von Dohnanyi erzählte daraufhin von einer Nato-Übung im Jahr 1979, um zu verdeutlichen, dass Deutschland im Zweifel bei der Abwehr eines größeren Krieges von den USA übergangen werden könnte. Maischberger intervenierte und verwies auf den Nato-Doppelbeschluss, der wenig später verabschiedet wurde.

Mit einem Atomkrieg rechnet von Dohnanyi unterdessen nicht, dieser „wäre wahrscheinlich nur ein Zufall, weil keine der Mächte, die über Atomwaffen verfügen, einen Erstschlag machen würde“. Eine Ausweitung des Krieges auf Deutschland sei aber ohnehin bedrohlich genug, führte von Dohnanyi aus. „Es hat im zweiten Weltkrieg keine Atomwaffen gegeben und trotzdem war Deutschland total zerstört.“ Den Einsatz von Atomwaffen in Japan durch die USA erwähnte er nicht. 

„Wir sind für uns verantwortlich und die Ukraine ist für sich verantwortlich“

Es sei also die Hauptsache, dass der Krieg nicht nach Deutschland komme, wollte Maischberger daraufhin vom SPD-Politiker wissen. „Natürlich sind wir für uns verantwortlich und die Ukraine ist für sich verantwortlich“, erklärte von Dohnanyi. Die USA seien die führende Macht im Westen und daher „eigentlich für die Zukunft der Sicherheit Europas verantwortlich“, hieß es weiter.

Der SPD-Politiker ging aber noch weiter – und erklärte die USA für mitverantwortlich für den Krieg in der USA. Es sei zum Krieg gekommen, „weil der Westen nicht bereit war, über die einzige wichtige Frage für Russland und Putin auch nur zu verhandeln“. Laut von Dohnanyi ist das die Frage nach der Nato-Mitgliedschaft der Ukraine. US-Präsident Joe Biden habe Verhandlungen darüber stets abgelehnt. 

„Sünde amerikanischer Politik“

Es habe zahlreiche Verhandlungsversuche gegeben, intervenierte Maischberger. Putins Forderungen seien dabei so unbeweglich wie unerfüllbar gewesen, zudem hätten die Amerikaner nicht ohne die Europäer über Europas Zukunft verhandeln wollen, so habe Putin es jedoch gewollt.

„Das ist einfach falsch“, entgegnete von Dohnanyi. „Man hätte natürlich mit Putin verhandeln können, aber man hätte über die Frage der Ukraine in der Nato verhandeln müssen. Das haben die USA abgelehnt und gesagt darüber wird gar nicht geredet – die anderen Punkte waren Randpunkte.“ Putin sei zwar „der Aggressor“, die Möglichkeit den Krieg zu verhindern habe aber „im Westen“ gelegen. Es sei eine „Sünde amerikanischer Politik“ nicht verhandelt zu haben.

Ablehnung für EU-Mitgliedschaft der Ukraine

„Die Ukraine ist etwas anderes“, entgegnete von Dohnanyi auf Maischbergers Hinweis, dass Staaten wie Polen oder das Baltikum freiwillig in die Nato wollten. „Die Ukraine ist lange Zeit ein Teil des russischen Staats gewesen, während das für Polen und das Baltikum nicht galt“, behauptete Dohnanyi schließlich. Für Putin sei die Ukraine immer etwas besonderes gewesen.

Eine Chance für eine „für alle Seiten tragfähige Lösung“ sah Dohnanyi allerdings dennoch. Dafür müsste sich Europa jedoch an Washington und nicht an Moskau wenden. Die USA müsse erklären, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj recht damit habe, wenn er sagt, die Ukraine könne auch neutral sein. „Dann könnten wir noch einmal zu Minsk zurück“, sagte Dohnanyi. So wäre auch eine Lösung denkbar, bei der „die Ukraine nicht geteilt wird“. Eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine lehnte Dohnanyi unterdessen ab, stattdessen solle die EU eine Freihandelszone schaffen, „da kann die Ukraine dazu“.

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Direkte Verhandlungen mit Wladimir Putin seien derzeit unterdessen „völlig sinnlos“, erklärte Dohnanyi und blieb trotz mehrmaliger Intervention Maischbergers bei seiner Sicht: Moskau habe zwar eine „verbrecherische Entscheidung“ getroffen. Der Grund dafür sei jedoch, dass der Westen Verhandlungen über eine mögliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine verweigert habe.

Neben von Dohnanyi waren auch die Parteivorsitzenden der Grünen und der CDU, Ricarda Lang und Friedrich Merz, zu Gast. Schauspieler und Moderator Bernhard Hoëcker und die Journalisten Robin Alexander und Sabine Rennefanz komplettierten die Talkrunde in der ARD.  

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