Kommentar zu Michael WendlerDie Zeit des zu belächelnden Trash-Stars ist vorbei

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Wendler Trash

Schlagersänger Michael Wendler ist ein Meister des öffentlichen Trash-Auftritts – wie hier in der Show „Pocher gegen Wendler“. Mit der Verbreitung von Verschwörungserzählungen über das Coronavirus hat er den zu belächelnden Charme verloren.

  • Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass man einem Prominenten dabei zuschauen kann, wie er willentlich seine Karriere zerstört.
  • Der Schlagerstar Michael Wendler bietet es: Er verbreitete abstruse Erzählungen über das Coronavirus.
  • Man kann ihn belächeln, aber dass er bereit ist, seine Karriere derart zu beschädigen, zeigt den gefährlichen Sog der Verschwörungserzählungen, kommentiert Anne Burgmer.

Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass man einem Prominenten dabei zuschauen kann, wie er willentlich seine Karriere zerstört. Doch als Michael Wendler bei Instagram vor einigen Tagen seinen mit RTL nicht abgesprochenen Ausstieg als Juror der Castingshow „DSDS“ begründete, war klar, dass seine Karriere als Schlagersänger und Trash-TV-Star, so wie sie bisher verlief, vorbei ist.

Die Bundesregierung verstoße wegen der „angeblichen Corona-Pandemie“ gegen das Grundgesetz, nahezu alle Sender seien gleichgeschaltet, politisch gesteuert. Er sei nun bei Telegram – dem Tummelplatz der Corona-Leugner und Verschwörungstheoretiker-, zu erreichen, weil es nur dort möglich sei, zensurfrei Meinungen auszutauschen.

Skrupellos das Leben mit der Öffentlichkeit teilen

Der Wendler, einst als Schlagersänger gestartet, hat seine Karriere darauf aufgebaut, frei von Skrupeln, Talent oder Bescheidenheit, sein Leben mit der Öffentlichkeit zu teilen. Er wurde in den Medien – und von vielen Zuschauern - vor allem belächelt: Seine Selbstüberschätzung, seine öffentlich zelebrierte Liebe zur sehr viel jüngeren Laura, seine Fehde mit Oliver Pocher, das war albern, unterhaltsam, harmlos.

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Er gehörte zu den Prominenten, bei denen man sich mitunter fragt, warum sie eigentlich prominent sind. Doch weil er regelmäßig Schlagzeilen lieferte, blieb er im Geschäft. Und verdiente damit zuletzt viel Geld, wie sein Manager in Oliver Pochers Show bestätigte. Das wird sich nun ändern. RTL hat bereits angekündigt, nicht weiter mit ihm arbeiten zu wollen, und drohte juristische Schritte an. Kaufland kündigte einen Werbedeal auf.

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Dass Michael Wendler gewillt ist, seine gut bezahlten Jobs aufzugeben, zeigt, wie ernst es ihm mit seinen wirren Überzeugungen ist. „Ihr könnt euch vorstellen, was ich alles riskiert habe, um euch aufzuklären, um euch wachzurütteln“, so der Schlagerstar am Wochenende in einer Sprachnachricht, die er bei Telegram verbreitete.

Keine Zeit für Belächeln

Das ist das eigentlich Tragische an dieser Geschichte: Wendler weiß, dass sein Marktwert im Trash-TV-Geschäft nur erhalten bleibt, wenn er Schlagzeilen liefert. Doch jetzt macht er zum vielleicht ersten Mal Schlagzeilen mit etwas, das ihm offensichtlich wirklich am Herzen liegt. Es glaubt, für etwas zu kämpfen, das größer ist als er selbst. Er glaubt, sich für Demokratie und Freiheit einzusetzen, und gefährdet durch seine Aussagen genau die Werte, die er zu verteidigen vorgibt.

Nun wird wohl niemand Michael Wender als brillanten Intellektuellen wahrgenommen haben, dessen Wort im politischen Diskurs Gewicht hat als harmloses Gefasel eines Trash-TV-Stars, den ohnehin niemand ernst nimmt, darf man seine Äußerungen dennoch nicht abtun. Wie bei Attila Hildmann, mit dem er in Kontakt steht, und Xavier Naidoo gibt es Menschen, für die Michael Wendlers Wort Gewicht hat.

Mehr als 80.000 Abonnenten hatte Wendler am Sonntag bereits bei Telegram. Darunter werden viele sein, die glücklich sind, dass ein weiterer Prominenter bestätigt, was sie schon immer zu wissen glaubten. Das ist sehr gefährlich. Die Zeiten, in denen man Michael Wendler als harmlosen Spinner belächeln konnte, sind vorbei. 

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