Im Vereinigten Königreich eine Legende, in Köln schon lange nicht mehr zu sehen. Jetzt gab Paul Weller ein famoses Konzert im Carlswerk Victoria.
Konzert in KölnWie man mit Paul Weller seine Jugend wiederentdecken kann

Paul Weller im Kölner Carlswerk Victoria.
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Eigentlich ist Paul Weller ein Weltstar. Aber eben nur in Großbritannien, wo das Arbeiterkind aus Woking als - quicklebendige - Legende gilt. Weller war erst 14, als er seine erste Band The Jam gründete, mit der er dann im Vorprogramm von The Clash auftrat, im Mohair-Anzug, als stilbewusstere Alternative zu Punk.
Seitdem, also noch in seinen Teenager-Jahren, trägt er auf der Insel den Ehrennamen The Modfather, die Brit-Popper der 1990er Jahre verehrten ihn als Gründervater, so wie die Grunge-Rocker des pazifischen Nordwestens Neil Young huldigten. So einfach lässt sich Weller aber nicht einsortieren: Mitte der 80er hatte er mit dem Duo The Style Council auf angejazzten Blue-Eyed-Soul umgesattelt.
Paul Weller zu Gast im Kölner Carlswerk Victoria
Wie gut die Songs von damals gealtert sind, konnte man am Mittwochabend im Kölner Carlswerk Victoria feststellen, wo Weller mit seiner sechsköpfigen Band - darunter sein langjähriger Gitarrist Steve Cradock und zwei Schlagzeuger - gleich vier Style-Council-Stücke spielte. Darunter auch die Preziose „It‘s a Very Deep Sea“, aus dem letzten Album, „bevor wir von der Plattenfirma rausgeworfen wurden“, wie Weller in Köln bitter bemerkt.
Zweistündiges Set: Angetrieben wie von einer Sprungfeder
Der Mann kann über fünf Jahrzehnte einen Groll hegen, wahrscheinlich hält das jung. Jedenfalls bewegt er sich immer noch wie von einer angespannten Sprungfeder angetrieben, exakt so, wie ihn der Autor dieser Zeilen 1985 im Münchener Circus Krone zum ersten Mal auf der Bühne erlebt hat. Und er bleibt der bestfrisierte Musiker Englands.
Das Gros des gut zweistündigen Sets setzt sich allerdings aus Wellers umfangreichen Solowerk zusammen, natürlich spielt er „The Changingman“ aus seinem Meisterwerk „Stanley Road“, aber auch die Songs aus seinem kurz vor der Pandemie veröffentlichten Album „On Sunset“ fügen sich nahtlos ins Set.
Legenden altern nicht mehr
Hat Paul Weller jemals einen schlechten Song geschrieben? Die musikalische Spannweite ist, bei aller Beständigkeit, enorm, reicht von Northern Soul bis zum Rumpelrock, vom clubbigen Groove bis zur Beatles-Überschreibung. Dazwischen gönnen sich Sänger und Band ausgedehnte ruhige, sanft psychedelische Passagen.
Es hat mehr als sechs Jahre gedauert, bis man Weller wieder auf dem Kontinent erleben durfte, jetzt nimmt er sich alle Zeit der Welt. In wenigen Tagen feiert er seinen 65. Geburtstag, aber was heißt das schon. Legenden altern nicht mehr.