Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Podcast über Tech-Milliardär Peter ThielDas Mastermind hinter der US-Regierung

Lesezeit 7 Minuten
Peter Thiel 2015 in Peking.

Peter Thiel 2015 in Peking.

Peter Thiel ist der mächtige Mann im Hintergrund der US-amerikanischen Politik. Ein Podcast erzählt jetzt seine Geschichte.

Wer Elon Musk nicht kennt, muss sich die letzten Jahre in einem Funkloch verschanzt haben. Aber Peter Thiel? Das ist keiner, der sich ins Rampenlicht drängt. Der amerikanische Tech-Milliardär, der 1967 in Frankfurt geboren wurde und als Einjähriger mit seinen Eltern in die USA auswanderte, zieht lieber die Strippen im Hintergrund. Und doch ist dieser Mann entscheidend für den kulturellen Rechtsruck in den USA und einer der wichtigsten Unterstützer von Donald Trump. Davon zumindest sind die Macher des Podcasts „Die Peter Thiel Story“ überzeugt, der in sechs Teilen die Geschichte des mächtigen Unbekannten erzählt.

Und die ist spektakulär. Schwimmende Städte kommen darin vor, Bluttransfusionen von jungen Menschen, Männer-Netzwerke, die Apokalypse und sehr viele Dollars. Sogar der Wrestler Hulk Hogan spielt eine Rolle. Klingt wie ausgedacht – aber in den USA wundert man sich ja seit Trump über nicht mehr viel. Apropos Trump – dessen politischen Aufstieg hat der 57-Jährige auch vorangetrieben. Noch enger aber ist er mit Trump-Vize JD Vance verbandelt. Vance - und das behaupten nicht nur die Podcast-Autoren - wäre ohne Thiel nicht dort, wo er ist.

Ein seltener Moment im Rampenlicht: Trump tätschelt nach seiner ersten Wahl Ende 2016 Peter Thiel die Hand.

Ein seltener Moment im Rampenlicht: Trump tätschelt nach seiner ersten Wahl Ende 2016 Peter Thiel die Hand.

Sechs Podcast-Teile von jeweils einer guten halben Stunde sind ja eigentlich schon eine lange Strecke - aber über Peter Thiel hätte man noch sechs weitere produzieren können, ohne dass es langweilig geworden wäre. Die Datenanalysefirma Palantir, die Peter Thiel mitbegründet hat, kommt beispielsweise nur am Rande vor. Immerhin die größte kommerzielle Überwachungsfirma der Welt, deren Software unter anderem auf den Rechnern der US-Geheimdienste und des Pentagon läuft. Auch von den Wollhaarmammuts, die unter anderem mit Thiels Geld wiederbelebt werden sollen, erfahren die Hörer und Hörerinnen nur wenig. Genauso wie von dessen Plänen, seinen Körper im Kälteschlaf konservieren zu lassen. Man könnte ewig so weiter machen - dieser Mann ist tatsächlich eine Goldgrube für gute Geschichten.

Nur schade, dass nicht nur er selbst auf vornehme Zurückhaltung setzt. Sein Umfeld ist leider auch nicht besonders gesprächig. „Wir haben sehr viele E-Mails geschrieben, wir haben sehr viele Telefonate geführt“, erzählt Fritz Espenlaub, der den Podcast mit einem Team für den Deutschlandfunk produziert hat. „Aber es wurde schnell klar, dass von Thiels Seite aus und von Leuten in seinem Umfeld überhaupt kein Interesse vorhanden ist, sich mit der deutschen Öffentlichkeit oder deutschen Medien zu beschäftigen.“

Dieser Mann ist eine Goldgrube für gute Geschichten

Und so bleiben die O-Töne leider spärlich. Oft kommt Max Chafkin zu Wort, dessen Thiel-Biografie 2021 unter dem Titel „The Contrarian“ erschien, was sich im Deutschen am ehesten mit „Querdenker“ übersetzen lässt. Und tatsächlich schwimmt Peter Thiel offenbar gerne aus Prinzip gegen den Strom: „Sagen Sie mir etwas, das für Sie wahr ist, aber das die meisten Menschen anders sehen würden“ - das ist seine Lieblingsfrage an Menschen, die er zum ersten Mal trifft. In der deutschen Fassung lautet der Titel von Chafkins Biografie „Facebook, PayPal, Palantir: Wie der Pate des Silicon Valley die Welt beherrscht“. Womit auch klar ist, woher Thiels Vermögen kommt: Er gründete den Online-Bezahldienst PayPal und investierte als Erster in Facebook.

Ein überraschender Gesprächspartner im Podcast ist der österreichische emeritierte Theologie-Professor Wolfgang Palaver. Der lernte Peter Thiel Anfang der 1990er an der Standford University kennen, wo der erst Philosophie und später Jura studierte. Sie befreundeten sich und treffen sich auch heute noch regelmäßig für Gespräche über Gott und die Welt, erzählt Palaver. Thiel interessiert sich nicht für die Mühen der Ebene, für die alltäglichen politischen Machtkämpfe und kurzfristige Gewinne. So unnahbar er bleibt, wird beim Hören doch schnell klar: Er ist der Mann für die ganz großen Gedanken und Visionen. „Der denkt nicht an das Morgen, der denkt an das Übermorgen. Der denkt nicht global, der denkt universell“, sagt der deutsche Investor Carsten Maschmeyer nicht ohne Bewunderung im Podcast. Peter Thiel träumt von nicht weniger als einer neuen Weltordnung. Und in der wird für den Staat und die Demokratie, wie wir sie kennen (und hoffentlich lieben), kein Platz mehr sein.

Die Autoren des Podcasts zeichnen das Bild eines jungen Nerds, der lieber Schach und Videogames spielt, als Partys zu feiern. Und der sich schon Ende der 1990er über die „political correctness“ aufregt, die er als Angriff auf die Meinungsfreiheit empfindet. Bereits als Student begann also Thiels Kulturkampf gegen alles, was er als links oder „woke“ empfindet. Nur damals stand er damit noch ziemlich alleine da, während seine Gedanken heute längst Mainstream sind – auch dank seines enormen Einflusses. Als Plattform für seine Meinung gründet er damals die Studentenzeitung „Stanford Review“, so etwas wie eine Keimzelle des Thiel-Universums, heißt es im Podcast. Denn Thiels Mitstreiter bei der „Stanford Review“ sitzen heute in Schlüsselpositionen.

Nach der Uni arbeitete er erstmal als Jurist, gründete aber schon Ende der 1990er ein Finanz-Start-up. Und wie der Zufall es will, saß im selben Gebäude, auf derselben Etage ein anderes Start-up namens „X.com“. Sie ahnen es – hier kommt der unvermeidliche Elon Musk ins Spiel. Die Firmen fusionierten zum Online-Bezahldienst PayPal, den eBay 2002 für 1,5 Milliarden kaufte.

Thiel und Musk waren jetzt also reich. Und obwohl sie beide sowohl wirtschaftlich als auch politisch oft an einem Strang ziehen, ist ihre Beziehung schwierig. Wahrscheinlich auch, weil Thiel dem späteren Tesla-Chef hinterrücks den CEO-Posten abgenommen hatte. Es gab Zeiten, da zählte er zu den besten Schachspielern der USA – und das Bild des geschickten Schachspielers verwenden sowohl die Autoren des Podcasts als auch Biograf Max Chafkin öfter: „Er denkt langfristig und strategisch. Und ist allen anderen immer ein paar Moves voraus.“

Er denkt langfristig und strategisch. Und ist allen anderen immer ein paar Moves voraus
Biograf Max Chafkin

Keine Frage also, dass Peter Thiel eine schillernde Persönlichkeit ist und seine Lebensgeschichte extrem unterhaltsam. Aber warum sollten wir uns hier in Deutschland für den geheimnisvollen amerikanischen Milliardär interessieren? „Wenn Leute wie Thiel die USA verändern und prägen, dann wird das sich natürlich auch bei uns auswirken“, ist Autor und Host Fritz Espenlaub überzeugt. Und die Zeiten, in denen wir uns als Europäer zurücklehnen konnten, seien vorbei: „Wir sind jetzt mitten in der Phase, wo sich eine neue Weltordnung um uns herum formt. Und wenn wir da einfach nur zugucken, werden wir unsere Handlungsfähigkeit verlieren.“

Thiel und Trump – das scheint erstmal ein unpassendes Paar zu sein: Der kühle, zurückhaltende Intellektuelle und der polternde Egomane. Aber sie vereint unter anderem der Hass auf das, was sie als „woke“ etikettieren. Keine Scheu vor Provokationen. Und ähnliche, extrem liberale Gedanken über Wirtschaft und Staat. Und so unterstützte Thiel Trump nicht nur finanziell als einer der ersten. Der Mann, der eigentlich nur ungern im Rampenlicht steht, trat sogar 2016 auf dem Parteitag der Republikaner auf, um Werbung für Trumps erste Kandidatur zu machen. Und saß direkt nach der Wahl an seiner Seite, als die anderen CEOs aus dem Silicon Valley ihm artig ihre Aufwartung machten.  

Doch während Trump und Musk noch eifrig an der amerikanischen Politik im Jahr 2025 herumschrauben, ist der ominöse Thiel inzwischen gedanklich schon längst wieder weiter. Das wird in der letzten Folge des Podcasts klar. Von einer Art katholischer Diktatur oder Monarchie der technischen Elite ist da die Rede. Und um die Rolle, die Thiels enger Vertrauter JD Vance darin spielen könnte. Wem bislang noch nicht der Kopf schwirrte, der sitzt spätestens jetzt staunend da. „Mir selber geht es so, dass ich auch bis zum Schluss nicht so hundert Prozent schlau geworden bin aus dem Mensch Thiel“, sagt Fritz Espenlaub. „Aber wir fanden es spannend, herauszufinden, was so ein Mensch gerade darüber denkt, in welche Richtung sich unsere Welt entwickeln wird.“ Schließlich habe sich dessen sehr frühes Gespür schon oft als erfolgreich erwiesen. Als Investor. Aber auch als politisches Mastermind.


Die ersten Folgen der „Peter Thiel Story“ sind unter anderem in der ARD Mediathek abrufbar.

In der ZDF Mediathek gibt es zum selben Thema eine neue Dokumentation von Claus Clever und Angela Andersen: „Trump und das Silicon Valley – Staatsstreich der Tech-Milliardäre“.