Theater am DomClaudia Rieschel hilft auch gerne ungefragt

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Claudia Rieschel, Ralf Stech 

Köln – „Ich bin Helga“, sagt, na, wer schon? Helga. „Ich bin Digitalbotschafterin“. „Helga hilft“ heißt ihre kleine „Youtube“-Reihe mit den „Silver-Tipps“ für Senioren. „Helga hilft“, die zweite, heißt auch des Theater-Tausendsassas René („Robby“) Heinersdorffs jüngster Streich, sein neues Stück in seiner Inszenierung, wahrhaftig eine Uraufführung für die Welt um Tante Helga („Ich bin Du und ohne ‚Tante‘!“).  

Wenn man die beiden Helgas, die miteinander nichts zu schaffen haben, nur wegen ihrer Zufalls-Ähnlichkeit vergleichen will, dann darf man sagen, dass der Erfolg der Digitalisierung bei sinnvoller Beschränkung leichter zu erringen ist. Claudia Rieschel, die Garantin des Erfolgs auf jeder Bühne, nimmt es hier als Helga mit den vereinigten Mustermanns auf, die zumindest in der Vorschau anders heißen, aber so wie alle sind: ein Patchwork-Potpourri aus Bosheiten und Ängsten und Verletzungen. 

„Peter ist schwul“

Die Family begeht auch lange noch nach ihrer Auflösung alljährlich einen Familientag und kultiviert dabei die Nächstenliebe im milden Blick  auf andere („Ist Deine Trulla mittlerweile vollljährig?“) sowie die festtäglichen Bräuche rund ums Jahr („Ihr Eierlein, kommet!“). In so viel Einvernehmen platzt die, in der Reihe des Erscheinens, erste Bombe: „Peter ist schwul“! Andere werden noch folgen. Dafür sorgen Peter, Anna, Heide, Fritz und Lilli, die nur Zitate bleiben und überhaupt nicht auf treten im Stück, auch wenn es gerade ihr Verhalten ist, das die Komödie vorantreibt und die Lacher erntet.

Dabei gewinnt der Satz von Tante Helga entscheidend an Bedeutung: „Ich habe nur gesagt, dass Peter gesagt hat, dass er schwul ist!“ Im abhängigen Satz bestimmt die Form seine Rhetorik – wenn auch zumeist auf Kosten seines Inhalts. Aber niemals auf die der Besucher, die Helga, helfend, um ein wenig Hilfe bittet.

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Mit Allsätzen, die praktikabel klingen, und mit leichter Hand bei frohgemutem Motto hält Rietschel souverän das Stück zusammen, das anders der Familie wohl um die Nase flöge. Mit präzisester Ensemble-Arbeit tragen alle dazu bei: Helgas Bruder Ecki (ein großartiger Walter Gontermann), gibt ideologisch seine Basslinie vor, Caroline (Karoline  Klütsch) und ihre Fast-schon-Schwiergermutter Tina (Tina Seydel) teilen sich die Lacher und das Leid recht uneinheitlich, und auch Ralf Stech als Ex-und-Ehe-Gatte Kai spielt die vertrackte Dialektik aus Lüge und Wahrhaftigkeit großzügig mit Pedal.

Dass die Bühne mit Aussagen auskommen muss, zudem mit denen von Beteiligten, ist überhaupt kein Mangel, sondern Wesenskern. Dass dabei theoretisch jede neue Auskunft alles schon Gesagte, buchstäblich „frisch gestrichen“, neu erscheinen lassen kannt, das macht den Reiz dieser Versuchsanordnung aus. Auch hier. So sah das auch im Angesicht eines pandemischen Wiedergängertums das lückenhafte Publikum und war beim Beifall um so eifriger - auch für jene, die da fehlten.

„Helga hilft“ wird noch bis zum 6. Februar im Theater am Dom gespielt. 

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