Prozess gewonnen, Album veröffentlichtWarum Ed Sheerans perfekte Woche auch unsere ist

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Der britische Sänger und Songwriter Ed Sheeran verlässt am 4. Mai 2023 das Bundesgericht in Manhattan, New York. - Das britische Pop-Phänomen Ed Sheeran hat Marvin Gayes „Let's Get It On“ nicht plagiiert, als er seinen Hit „Thinking Out Loud“ aus dem Jahr 2014 komponierte, entschied eine US-Jury am Donnerstag.

Ed Sheeran (Mitte) freut sich über seinen gewonnenen Plagiatsprozess.

Der britische Sänger war über die Summe von 100 Millionen Dollar verklagt worden. Hätte Sheeran verloren, sähen die Charts bald anders aus. 

Ed Sheeran hatte eine gute Woche: Am Donnerstag gewann der britische Sänger einen von Musikexperten weltweit mit Spannung verfolgten Plagiatsprozess in New York, am Freitag veröffentlichte er sein fünftes Album „-“ („Subtract“) und eigentlich zum ersten Mal in seiner zwölfjährigen Karriere als „recording artist“ schätzen ihn die Kritiker fast ebenso sehr wie ihn das Publikum seit jeher liebt.

Vielleicht, weil der sonst eher dem Generischen zuneigende Sheeran hier zum ersten Mal Worte und Klänge findet, die Rückschlüsse auf sein persönliches Befinden zulassen – und nicht nur auf die Art und Weise, in der dieses Befinden ans größte gemeinsame Vielfache anknüpft. „Liebling, ich werde dich lieben, bis wir 70 sind“, verspricht Sheeran etwa in seinem 2014er Song „Thinking Out Loud“ – und wer hätte nicht schon ähnliches laut gedacht?

Es war nicht Ed Sheerans erster Plagiatsprozess

Weil sich „Thinking Out Loud“ Akkordfolge und Tempo mit Marvin Gayes „Let’s Get It On“ teilt (nicht aber die Melodie), wurde Sheeran von einem Unternehmen, das ein Drittel der Rechte am Marvin-Gaye-Song besitzt, verklagt, über die Summe von 100 Millionen Dollar. Es war nicht sein erster Plagiatsprozess. Was nicht heißt, dass Sheeran besonders gerne abkupfert und auch nicht, dass sich seine Lieder besonders oft so anhören wie anderer Künstler.

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Die Klagefreudigkeit gegen den ihn ist schlicht in seinem Erfolg begründet: Ed Sheeran hat mehr als 150 Millionen Tonträger verkauft. Und der verhältnismäßig einfache Aufbau dieser Musik, eben das Generische, ist ein Grund für diesen Erfolg.

Und ein Einfallstor für Klagen: Gibt man diesen statt, hat sich die Idee von Pop als Lingua franca erledigt. Dann hören sich die Charts demnächst an wie ein obskures Nebenprojekt von Frank Zappa (unwahrscheinlich), oder jeder Song muss von einer Anwaltsarmee vorgeprüft werden (schon wahrscheinlicher).

Das kann nun wirklich niemand wollen. Und deshalb war es nicht nur eine gute Woche für Ed Sheeran, sondern für jeden von uns.

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