Für unsere Serie „Mein Kulturmonat“ hat die Sängerin Ray Lozano mit uns über die Kölner Kulturszene gesprochen und gibt uns drei persönliche Ausgeh-Tipps für den September.
Sängerin Ray Lozano„Köln ist meine Homebase“
Wenn ich von einer langen Reise wiederkomme und über die Zoobrücke fahre, wenn ich dann einfach den Dom sehe und den Rhein - da geht mein Herz total auf. Es ist wirklich so ein Aufatmen.
Schon während des Studiums war ich ganz viel auf Tour unterwegs für andere Künstler*innen - ich habe Jazz und Pop in den Niederlanden studiert. Da hatte ich dann irgendwann das Gefühl, ich brauche eine Homebase. Man ist dann mehrere Wochen auf Tour und wenn ich zurückkomme, will ich gerne einen Platz haben, wo ich mich wohlfühle und wo ich mich nicht erklären muss. Und das war für mich einfach immer schon Köln. Hier bin ich aufgewachsen, hier ist immer noch meine Familie, und ich habe aber hier auch ganz tolle Arbeitskollegen und Mit-Musikerinnen.
Wenn ich Musik mache, neue Projekte anfange oder mich auch mit anderen Musiker*innen treffe, habe ich das Gefühl: Dieses miteinander Verbinden und das sich Austauschen ist hier irgendwie viel echter, direkter und auch schneller, als wenn ich jetzt beispielsweise in Berlin wäre und dort meine Sachen produzieren würde. Mein Partner ist Künstler, kommt aus England und hat vorher in Leipzig gewohnt, wo er kaum Leute kennengelernt hatte. Nach drei Tagen in Köln sah das schon ganz anders aus.
Als Jugendliche hatte ich eine Mentorin: Angela Luis. Sie hat damals ein Mädchen-Musical in der Jazzhaus-Schule am Eigelstein geleitet. Und sie hat mit uns Songs geschrieben, das Studio im Hof hinter der Musikhochschule gibt es immer noch. Ich war 14 und das waren meine ersten Erfahrungen, auch mit Aufnahme. Und diese Mentorin hat mich einfach immer weiter mitgenommen. Weil sie anscheinend etwas in mir gesehen hat. Ich habe dann damals in ihrer Band Backings gesungen und ihr Mann hat Gitarre gespielt. Durch diesen kölschen Klüngel hat sich das dann für mich irgendwie immer weiterentwickelt.
Wenn ich als Jugendliche auf Konzerte gegangen bin, dann meist im Stadtgarten. Da sind immer Acts hingekommen, die für mich total interessant waren. Und heute schließt sich der Kreis wieder. Weil ich seit dem vergangenen Jahr Teil des Künstler*innen-Förderprogramms Nica bin, das zum Stadtgarten gehört. Und das ist für mich etwas Besonderes, weil für mich im Stadtgarten vieles angefangen hat. Ich hatte da zum Beispiel auch mein erstes Konzert, das so richtig professionell beworben wurde.
Köln ist über die Jahre viel offener geworden für verschiedene Musikrichtungen. Als ich mit der Musik aufgewachsen bin, hatte ich schon das Gefühl, dass Köln einen sehr krassen Jazz-Focus hat. Der Stadtgarten ist ja tatsächlich auch ein Zentrum der Jazzszene. Und da fühle ich mich schon manchmal ein bisschen als Alien. Jazz ist schon eine große Sache hier in Köln. Und es gibt ja auch eine Tradition mit elektronischer Musik – aber in meiner Musik stecken ganz viele R’n’b Einflüsse, am ehesten kann man sie vielleicht als Indie-R'n'b-bezeichnen.
Diese Unterstützung durch das Nica-Programm ist für mich ein Traum. Und genauso habe ich mich gefreut, als ich im vergangenen Jahr den „Zukunftspreis“ des „Holger Czukay Preis für Popmusik der Stadt Köln“ bekommen habe. Aber ohne undankbar zu klingen - eigentlich könnte es doch auch andersherum sein: Dass der Newcomer-Preis höher dotiert ist als der für das Lebenswerk. Denn gerade Newcomer brauchen ja eigentlich viel mehr Geld als die, die es schon geschafft haben und Preise für ihr Lebenswerk bekommen. Weil einfach alles super teuer ist: Aufnahmen, Videos...
So sehr ich Köln liebe - ich war wirklich sauer als das Underground und die Papierfabrik in Ehrenfeld für ein Neubaugebiet abgerissen worden ist. Diese ganzen Clubs, wo ich in Abizeiten immer feiern war - die gibt es alle nicht mehr. Und die werden ja dann auch nicht irgendwo anders neu eröffnet, sondern sind einfach weg. Dabei ist das gerade für junge Menschen so wichtig - zu tanzen, zu feiern und einfach auch mal laut Musik hören zu können außer zu Hause mit Kopfhörern. Und da schafft die Stadt nicht viele Alternativen für die Clubs, die geschlossen werden mussten. Das finde ich total traurig - und auch, dass es in Köln kaum noch Orte gibt, wo Newcomer live spielen können.
Aufgezeichnet von Kerstin Meier
Ray Lozano, 34, ist philippinisch-deutsche Singer-Songwriterin, Produzentin und Multi-Instrumentalistin. Ihr Debüt-Album „Pairing Mode“ erschien 2023.
3 Tipps für den September von Ray Lozano
Super Kopfhörer-Konzerte in Köln mit Wahnsinns Acts: VisitKöln und „At the B-Sites“ lassen die Städtefreundschaft zwischen Köln und Hamburg hochleben. Nach Konzerten in Hamburg findet die Rückrunde am 14. September in Köln statt. Tickets sind kostenfrei. https://rausgegangen.de/events/cologne-clubrad-tour-2024-koln-liebt-hamburg-liebt-koln-0/
Mein bester Geheimtipp: Im Rahmen der Cologne Club Days findet ihr mich und die "Heavy Feelings"-Crew, die dort ihr zweijähriges Bestehen mit einem DJ-Set feiern, am 13. September im King Georg. https://kinggeorg.de/termin/2-years-heavy-feelings/
In die Ateliers von Künstler*innen zu schauen, finde ich total spannend. Im September gibt es in Köln zum Beispiel die „Offenen Ateliers“, wo man sich selbst einen kleinen Rundgang zusammenstellen kann. Ich mag das, weil man da einfach auch mal was ganz Anderes sieht. Mich würde es jetzt glaube ich nicht so interessieren, in ein anderes Studio zu gehen, weil ich selbst ja so viel Zeit in Studios verbringe. Deswegen gehe ich auch gerne in Museen oder zu Galerieeröffnungen - gerade läuft ja die „DC open“, zu der sich Galerien aus Köln und Düsseldorf zusammen tun.