Einst zählten sie zu den größten Rockbands überhaupt. Nun waren The Smashing Pumpkins in Bonn zu sehen. Was ist geblieben vom Ruhm früherer Tage?
„Kunstrasen“ in BonnDie Smashing Pumpkins liefern alles andere als eine Nostalgie-Show ab

Smashing Pumpkins in Bonn
Copyright: Kevin Goonewardena
Es gab mal eine Zeit, da waren Rockbands angesagter, als sie es heute sind. Das Jahrzehnt des Pop war vorüber und Rap hatte bei weitem noch nicht die globale Dominanz erreicht, die die Musik seit den 2010er Jahren einnimmt. Die Popstars der 1980er beschäftigten sich anders: Prince überwarf sich mit seiner Plattenfirma und trat fortan unter einem unaussprechlichen Symbol auf, Michael Jackson brachte es lediglich zu der „HIStory“ betitelten Sammlung seiner größten Erfolge und Madonnas Karriere nahm erst wieder durch das Album „Ray of Light“ gegen Ende des Jahrzehnts an Fahrt auf.
In jener Zeit, den 90er-Jahren, wuchsen vor allem Rockbands heran. Deren Sänger Axl Rose, Kurt Cobain, Thom Yorke oder Maynard James Keenan waren Charaktere, Idole, Stars. Mit The Smashing Pumpkins ist am Dienstag eine der größten, vielleicht so gar für wenige Jahre die größte Rockband jenes Jahrzehnts in Bonn zu erleben gewesen. Auch deren Sänger, Gitarrist und Hauptkomponist Billy Corgan gehört in die Reihe der Musiker, die sich in der Musik des Jahrzehnts und dessen Jugend verewigt haben.
Die Pumpkins waren schon damals anders als die Grunge-Bands, zu deren erweitertem Kreis sie gerne fälschlicherweise gezählt wurden. Sie erschufen einen Sound, der gewaltigen Gitarreneinsatz mit Melodiebögen und psychedelischen Elementen vermischte. Alternative-, Avantgarde-, Prog-Rock - auf „Adore“ (1998) fuhren The Smashing Pumpkins die Gitarren zurück, führten dafür die Synthesizer ein – die Band war nie eindeutig zu kategorisieren. Was ist von ihr geblieben?
Smashing Pumpkins: Keine Nostalgie-Show in Bonn
Rund 3500 Fans hatten sich am Dienstagabend auf dem Gelände der Bonner Open Air-Location „Kunstrasen“ eingefunden, um sich vom Status Quo der einst großen Rockband zu überzeugen und es waren keinesfalls nur Besucher, die so alt sind, dass sie die Band in den 1990ern gesehen haben konnten. Das war die erste überraschende Erkenntnis eines Abends, der sich anders entwickelte als angenommen.

Smashing Pumpkins in Bonn
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Die Smashing Pumpkins haben Hits, mehr Hits, als man vielleicht glaubt und einen großen Teil eben dieser Hits spielte die Bands bereits im ersten Viertel der Show – „Today,“ „Bullet with Butterfly Wings“, „1979“. Ein Fingerzeig für den Verlauf des Abends. „Ich spiele keine Songs, die ich nicht spielen will. Es interessiert mich nicht, ob sie Klassiker sind oder nicht“, so äußerte sich Billy Corgan im vergangenen Jahr im britischen Kerrang Magazine. Es sei zwar nicht schlecht, dass Fans Songs hören wollen würden, die sie lieben. Aber Bands sollten nicht in der Vergangenheit verhaftet sein, das sei der Tod eines jeden Künstlers, führte er aus.
Die Band aus Chicago - aus dem Original-Line-Up fehlte nur Ex-Bassistin D’arcy Wretzky – ergänzt um die Tour-Mitglieder Kiki Wong und Jack Bates spielte sich in Bonn folglich durch ihre Diskografie und sparte mit „Pentagrams“ oder „999“ auch Stücke ihres im letzten Jahr erschienen Albums „Aghori Mhori Mei“ nicht aus. Die Fans dankten es ihnen. Sie riefen, jubelten, klatschten, tanzten mit geschlossenen Augen und sangen jedes Wort mit.
Billy Corgan blieb distanziert – die Fans feierten ihn frenetisch
Die Show folgte einer gekonnten Dramaturgie, die Fans wurden immer gelöster, die aufwendige Bühnen-Deko und Lichtshow kamen mit einbrechender Dunkelheit erst richtig zur Geltung. Vor allem Kiki Wong animierte die Fans immer wieder zum Mitklatschen, Corgan selbst blieb wortkarg, entrückt wie ein Rockstar, der er nun eben immer noch ist, aber nicht arrogant. Von seiner Egomanie vergangener Tage, war nichts zu spüren. Seine Gestik und der fast knöchellange Lodenmantel unterstrichen die Distanz, mit seinen Soli zog Corgan die alleinige Aufmerksamkeit auf sich, die Fans feierten ihn frenetisch.
Sieben Studioalben haben die Smashing Pumpkins in der zweiten Phase ihrer Karriere seit der Wiedervereinigung Jahr 2005 veröffentlicht, mehr, als bis zur Auflösung fünf Jahre zuvor. Kommerziell erfolgreich ist die Band schon lange nicht mehr, einstellige Chart-Platzierungen oder gar Auszeichnungen für Musikverkäufe sucht man in den letzten 20 Jahren vergeblich – das aktuelle Album „Aghori Mhori Mei“ der Rockband landete lediglich auf Platz 130 der US-Billboard-Charts und verabschiede sich bereits nach einer Woche wieder aus der Hitliste.Den Bonner Konzertbesuchern dürfte das egal gewesen sein.
In Würde gealtert
Anders als das abrupte Ende: Bei „The Everlasting Gaze“ hatte sich dann auch ein Mosh Pit gebildet, das Publikum im Front-of-Stage-Bereich tanzte nun endgültig entfesselt. Doch statt die Stimmung mitzunehmen und weiterzutreiben, endete das Konzert zur Enttäuschung der Fans plötzlich. Trotz der obligatorischen Zugabenforderung trat die Band nicht erneut auf die Bühne.
Was bleibt? Ein großes Konzert, das gezeigt hat, wie eine Band, deren erfolgreichste Zeit längst vorbei ist, in Würde altern kann, wenn sie nicht der Verlockung erliegt, sich bei ihren Shows nach den Erwartungen der Fans zu richten, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen – und eine kleine Enttäuschung zum Schluss.