WDR-KonzertDaniel Hope triumphiert in Kölns Philharmonie mit Elgar

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Daniel Hope     

Köln – Edward Elgars Violinkonzert beginnt mit leidenschaftlich aufgewühltem Orchester-Allegro. Doch mit Einsatz der Sologeige verfällt der unstet mahlende Fortissimo-Strom plötzlich in dreifaches Piano, ruhiges Tempo und die düstere Grundtonart h-Moll. Die Musik scheint zu erstarren, kaum dass sie begonnen hat. Nach und nach befreien sich Solist und Tutti aus dieser melancholischen Lähmung. Mit wieder gewonnener Betriebstemperatur schwingt sich die Violine zu umso höherer Virtuosität auf. Wilde Figurationen, Dreiklangsbrechungen und rasende Läufe lassen nur momentweise Melodiefetzen erkennen, die sich dann im langsamen Mittelsatz aussingen.

Überragender Solist im Konzert des WDR Sinfonieorchesters unter Leitung von Chefdirigent Christian Măcelaru war Daniel Hope. Der aus Südafrika stammende und in Berlin lebende Geiger moderiert seit 2016 jeden Sonntag die Sendung „WDR 3 persönlich“. Elgar schrieb den Solopart 1910 für Weltstar Fritz Kreisler, einen Prototypen des hochdotierten, international tourenden, modernen Virtuosentums. Die Partie huldigt dem Können dieses Geigers und ist damit zugleich ein Spiegelbild des im Hochkapitalismus zu Spitzenleistungen getrimmten bürgerlichen Subjekts, dessen optimierte Produktivität sich im rasenden Stillstand des eigenen Hamsterrads verfängt. Der Finalsatz ist ein Höllenritt durch kapriziöse Sprünge, Lagenwechsel, Triller, Doppelgriffe. Schwerer geht es nicht, und doch wird von Daniel Hope alles bravourös bewältigt.

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Doch kurz vor Schluss kehrt der lähmende Schockmoment des Anfangs wieder. Inmitten des wirbelnden „Allegro molto“ gewahren Solist und Orchester in einer „Cadenza Lento“ die Leere ihrer Geschäftigkeit. Erneut lastet ein „Adagio“ schwer auf dem Gemüt, als würde man sich schlagartig der eigenen Ausgebranntheit in diesem hektischen Funktionieren-Müssen bewusst. Dann aber heißt es wieder: marsch, marsch, zurück ins Getriebe und gattungskonform mit triumphaler G-Dur-Pathetik das British Empire gefeiert. Die Machtdemonstration der wieder hergestellten Norm hat aber Risse bekommen. Dem Schlussakkord fehlt die Terz, so dass in der Schwebe bleibt, ob es sich um siegreiches H-Dur oder melancholisches h-Moll handelt.

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Im Rahmen der in die WDR Sinfoniekonzerte integrierten zwölfteiligen Reihe „Miniaturen“ gelangte diesmal Dan Dedius „Formido“ zur Uraufführung. Der rumänische Landsmann von Dirigent Măcelaru gibt einen auf wenige Minuten komprimierten Soundtrack wie zu einem actionreichen Film voll Bedrohung, Angst, Verfolgung, Katastrophe. Der Rektor der Nationalen Musikuniversität Bukarest setzt dafür auf sichere Effekte: schreiend hohe Holzbläser, klirrende Xylorimbas, markiges Tutti-Stampfen, kantable Geigenmelodien, donnernde Trommeln und Pauken.

Eindrücklicher Schlusspunkt war die in allen Details durchgestaltete Aufführung der dritten Sinfonie von Johannes Brahms mit wunderbar ausgewogener Balance in Dynamik, Kontrast- und Farbenvielfalt. Eine großartige Leistung des Orchesters sowie der vielen solistisch hervortretenden Bläser und Stimmgruppen. Warmer Applaus.

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