Der Vorschlag von Familienministerin Lisa Paus, die Einkommensgrenze für den Anspruch auf Elterngeld zu senken, wird von Lesern kontrovers diskutiert.
LeserbriefeAb welchem Jahreseinkommen ist Elterngeld verzichtbar?

Eltern mit hohem Einkommen sollen künftig kein Anrecht mehr auf Elterngeld haben.
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Elterngeldstreichung für Gutverdienende unsozial
Die Argumentation von Tim Attenberger trifft den Nagel auf den Kopf: Wer in einem Jahr 150.000 Euro zu versteuern hat, ist nicht automatisch wohlhabend. Um aus einem solchen Einkommen Wohlstand zu begründen, bedarf es einer langen Ansparzeit, die werdende Eltern auch deshalb gar nicht haben können, weil ja der Staat fast die Hälfte ihres Einkommens für sich beansprucht.
Wenn man schon meint, am Elterngeld sparen zu müssen – ein kurioser Gedanke angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland –, könnte man etwa in der Steuererklärung angegebene Kapitalerträge oder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung heranziehen, um zu ergründen, ob ein Paar wohlhabend ist.
So aber muss die Mehrzahl der betroffenen junge Paare, sollten sie trotz der neuen Hürden eine Elternzeit in Anspruch nehmen, auf Rücklagen zurückgreifen, die vielleicht als Eigenkapitalanteil für den Erwerb einer eigenen Immobilie gedacht waren. Dies als sozial angemessen zu verkaufen, wird schwerfallen. Thomas Luber Köln
Elterngeldstreichung darf nicht die Mittelschicht treffen
Den Ausführungen von Tim Attenberger kann ich überhaupt nicht zustimmen. Werdende Eltern mit einem Einkommen von 180.000 Euro im Jahr gehören auf keinen Fall, wie es von einigen konservativen Politikern gerade polemisch ausgeschlachtet wird, zur Mittelschicht. Zur Mittelschicht gehören die viel zitierte Krankenschwester in Wechselschicht, der Polizist oder ein Küchenleiter wie ich. Denen würde, bei Wegfall oder Kürzung des Elterngeldes, richtig was fehlen.
Werdende Eltern mit einem Einkommen von 180.000 Euro im Jahr gehören auf keinen Fall zur Mittelschicht
Gutverdienern fällt der Wegfall von 1800 Euro vielmals gar nicht auf. Sicherlich mag es die ein oder andere Ausnahme geben. Die Regel dürfte das nicht sein. Von daher kann ich der Schlussfolgerung: „Die Pläne sind unsozial“ nur insofern zustimmen, dass sie unsozial für die „Mittelschicht“ sind. In der Gehaltsklasse ab 180.000 Euro Jahreseinkommen zeigt sich nur der Egoismus einer privilegierten Schicht, die alles haben möchte. Michael Hoffmann Köln
Einkommensstarke Familien nicht auf Elterngeld angewiesen
Wie „ungerecht“ — mit 150.000 Euro Nettoeinkommen kein Elterngeld! Betrachtet man das Durchschnittseinkommen der meisten Deutschen, kann man nur den Kopf schütteln, dass hierüber überhaupt diskutiert wird. Derart einkommensstarke Eltern brauchen keine Unterstützung für ihre Kinder über Steuergeldfinanzierung! Auch ohne Neiddebatte sollte bei diesem Einkommen sogar eine private Kinderbetreuung für sogar 40.000 bis 50.000 Euro bezahlbar sein.
Das Argument, dass Frauen wieder aus dem Beruf in die Familienbetreuung gedrängt würden, erscheint mir bei diesen Einkommensverhältnissen fragwürdig. Auch im Fall, dass der Mann dieses Geld allein verdient, ist das kein Argument. Selbst bei deutlich darunter liegenden Einkommen, etwa bis 100.000 Euro, wäre eine private Finanzierung der Kinderbetreuung möglich, wenn sich mehrere Familien zusammen organisieren. Bei dieser Diskussion sollte man die Kirche im Dorf lassen — im Interesse der Steuerpflichtigen, die deutlich weniger verdienen und Elterngeld wirklich benötigen. Manfred Urbschat Leverkusen
Elterngelddiskussion: Soziale Schieflage beheben
Verstehe ich da etwas falsch? In Deutschland erhält ein Elternpaar mit 300.000 Euro Jahreseinkommen, das heißt, mit 25.000 Euro Monatseinkommen, tatsächlich Elterngeld? Und da gibt es Politiker, die sich darüber aufregen, dass diese Obergrenze halbiert werden soll? Das Monatseinkommen dieser Eltern entspricht etwa dem Jahreseinkommen eines mit Mindestlohn Beschäftigten! Ulrich Maas Nümbrecht
Geburtenstatistik durch Elterngeldstreichung gefährdet
Folgende Situation: In einer Familie verdient der Mann zum ersten Mal 160.000 Euro im Jahr, seine Frau als Erzieherin halbtags 20.000 Euro. Für zwei Kinder im Alter von zwei und vier Jahren fallen Kita-Kosten von 600 Euro monatlich an. Die Monatsmiete für die Vierzimmerwohnung beträgt 1900 Euro. Der Wunsch nach einem dritten Kind ist in Anbetracht der geplanten Kürzung des Elterngeldes illusorisch: Der Mann kann sich Elternzeit nicht leisten, weil die Familie nicht auf sein Einkommen verzichten kann. Seine Frau bekäme kein Elterngeld wegen der Höhe des Gesamteinkommens.
Das monatliche Einkommen bei einem dritten Kind: Nettoeinkommen des Mannes abzüglich Miete, Kita-Gebühren, Strom etc. Fazit: Null Unterstützung, aber hohe Lebenshaltungskosten. Ist es also gerecht, wenn die Familie, weil sie ein drittes Kind will, null Unterstützung bekommt? Mit drei Kindern würde die Familie einen Beitrag zur Zukunft unseres Landes leisten. Aber der Staat hält das nicht für förderungswürdig. Ich fürchte, dass die Familie in Anbetracht dieser Elterngeldregelung möglicherweise auf ein drittes Kind verzichtet. Siegfried Schumacher Köln
Elterngeld effektiv einsetzen – bei den Ärmsten
Die Einlassungen von Tim Attenberger sind ein einziges Durcheinander von Schein-Argumenten und logischen Patzern, die die Kernproblematik nicht einmal streifen. Vielleicht könnte der Jung-Akademiker mit relativ hohem Einkommen auch neue Prioritäten setzen. Zum Beispiel Abstriche machen bei Urlaub, neuem Auto, Haus-Finanzierung.
Sparen müssen wir in jedem Fall alle! Aber Herr Attenberger möchte am liebsten alles so belassen, wie es ist. Sein Schlusssatz lautet, alles andere wäre unsozial. Der Bundeshaushalt ist kein Wunschkonzert. Eliana Berger hingegen führt stringent ihre Argumentationskette aus und bleibt keine Antwort schuldig. Insbesondere gefällt mir ihr Satz, das Geld dort einzusetzen, wo es am effektivsten ist: Das ist bei den Ärmsten, nicht bei den Reichsten. Werner Deuß Köln
Steuergeld nicht als Elterngeld für Gutverdienende verschwenden
„Unsozial“ soll es sein, einem Eltern paar mit mehr als 150.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen kein staatliches Elterngeld mehr zu zahlen? Die Grenze müsste noch wesentlich tiefer liegen. Elterngeld sollte nur bis zu einem bestimmten – niedrigeren – Jahreseinkommen gezahlt werden. Denn wie war das mit der Gießkanne? Das sollte dann auch gleich beim Kindergeld eingeführt werden.
Wer ein Monatseinkommen von mehr als 10.000 Euro erzielt, sollte nicht auch noch Kindergeld erhalten. Deutschland bräuchte in seiner derzeitigen Situation „Goldesel“. Da es die nur im Märchen gibt, müssen Ausgaben gesenkt werden. Dringend. Das eingesparte Steuergeld sollte zu zwingend erforderlichen Brücken- und Schulsanierungen verwendet werden. Dafür wird Geld gebraucht, viel Geld. Mechthild Christmann Köln