Den Verzicht auf den Begriff „Bombenterror“ in einem Post des Kölnischen Stadtmuseums halten Leser für falsch.
Leserbriefe zu einem Stadtmuseum-PostFragwürdige Begriffsvermeidung

Das Kölnische Stadtmuseum im neuen Gebäude an der Minoritenstraße.
Copyright: Manuel Liu
„Die Bombardierung Kölns war und bleibt Bombenterror“
Am 29. Juni 1943 erfolgte ein britischer Bombenangriff auf die Stadt Köln. Dabei wurden tausende Zivilisten, hauptsächlich Frauen, Kinder und alte Menschen, getötet. Der Bombenterror dauerte eineinhalb Stunden. Jetzt moniert der Grünen-Politiker Volker Beck, dass die schrecklichen Fotos einer diesbezüglichen Ausstellung als „Bombenterror“ bezeichnet werden. Der wissenschaftliche Mitarbeiter des Stadtmuseums entschuldigt sich und nimmt den Begriff sofort zurück, da bereits die NS-Propaganda diesen Ausdruck benutzt habe.
In England wurde „Bomber-Harris“, Oberbefehlshaber des „Royal Air Force Bomber Command“, von der Kirche und den Gewerkschaften wegen dieser Bombardierungen scharf kritisiert. Er behauptete, dass keine Städte bombardiert würden, sondern nur militärische Ziele. Erst vor einigen Jahren stiftete Königin Elizabeth II. ein Denkmal für Arthur Harris in London. Für mich war und bleibt die Bombardierung Kölns Bombenterror. Hansjörg Camphausen Lohmar
Tabuisierung von Begriffen vermeiden
Der öffentliche Diskurs wird immer schwieriger, es fällt zunehmend schwer, als politisch unkorrekt gedeutete Begriffe zu vermeiden. Wobei es nicht leicht fällt, „Bombenterror“ als NS-Begriff zu verstehen oder per se mit rechtem Gedankengut zu assoziieren. Selbstverständlich ist es notwendig, vergangene Geschehnisse und Begrifflichkeiten in ihren historischen Kontext einzuordnen, so auch die Luftangriffe der Alliierten auf deutsche Städte, denen deutsche Bombardements gegen die Zivilbevölkerung vor allem in England vorangegangen waren.
Allein, mit welchem zutreffenden Begriff darf oder soll man gezielte massive Bombenangriffe auf die Zivilbevölkerung bezeichnen? Etwa unterschiedlich in Abhängigkeit davon, wer sie wann, wo und wie verübt oder wer damit begonnen hat? Also schon „Bombenterror“ für die deutschen Luftangriffe auf London und Coventry, aber was auch immer Abgemildertes für die britischen und amerikanischen auf Köln, Hamburg und Dresden?
Ich denke nein, beide Sachverhalte als solche waren gleichermaßen Unrecht und sind zu verurteilen, auch wenn verschiedene Motivationen zugrunde lagen. Historische Zusammenhänge aufzuzeigen ist zweifellos richtig und wichtig, latente Relativierungen oder begriffliche Tabuisierungen – egal in welche Richtung – sind nicht angebracht, sondern eher kontraproduktiv. Im Übrigen: Wie lautet nun der neu hochgeladene Post des Kölnischen Stadtmuseums?Roland Schweizer Leverkusen
Kölnisches Stadtmuseum: Kein Rückgrat gezeigt
Das Stadtmuseum erinnert in einer Veröffentlichung an den Luftangriff auf die Stadt Köln im Juni 1943. Auf einer Bildunterschrift war zu lesen: „Bombenterror auf Peter und Paul“. Dies missfiel Volker Beck vom Tikvah Institut, denn er sieht darin die Übernahme von Nazigedankengut. Leider hat das Stadtmuseum kein Rückgrat gezeigt und die Veröffentlichung geändert.
Richtig ist, dass Deutschland in den Anfangsjahren des Krieges mit dem Bombenterror gegen Zivilpersonen begonnen hat. Am Ende haben die Alliierten dieses Terrormuster übernommen und insbesondere deutsche großstädtische Wohngebiete mit Bombenteppichen in erheblichem Umfang zerstört und dabei rund 600.000 Menschen getötet. In beiden Fällen handelt es sich um Bombenterror, mit dem die Zivilbevölkerung demoralisiert werden sollte. Wer in dem Begriff Bombenterror „Nazigedankengut“ entdeckt, muss eine unscharfe Brille tragen. Dieter Gutberlet Köln
Korrektur durch Stadtmuseum übereilt
Der Begriff „Bombenterror“ wurde aus dem Social-Media-Post des Stadtmuseums gelöscht, weil er von der NS-Propaganda benutzt worden ist. Egal, ob London oder Köln bombardiert wurden, es handelte sich dabei immer um Terror, der übrigens den angestrebten Zweck der Demoralisierung der deutschen Bevölkerung nicht bewirken konnte — im Gegenteil. Das „Moral Bombing“ des Mr. Harris war in Großbritannien sehr umstritten. Leider konnte er sich trotzdem durchsetzen, was sich für Deutschland als folgenschwer erwies.
Trauriger brutaler Höhepunkt dieses Bombenterrors war der Angriff auf Dresden im Februar 1945, wo zehntausende Zivilisten, darunter eine große Zahl von Flüchtlingen, ums Leben kamen. Ich war in Berlin als Kleinkind hautnah dabei. Laut meiner Mutter waren meine ersten Worte, geäußert auf dem Weg in den Luftschutzkeller: „Mama, bum bum“. Die Korrektur im Post des Stadtmuseums war nicht erforderlich, sondern schlicht überflüssig. Es entspricht dem Nachkriegsdenkschema, bei dem schon das Auftauchen einzelner Begriffe, die weltweit Verwendung finden, bei uns eine hektische, meist überzogene Reaktion auslösen. Rüdiger Herkner Köln
Stadtmuseum: „Wenn etwas Terror ist, muss man es auch so nennen“
Wenn etwas Terror ist, muss man es auch so nennen. Der Bombenkrieg der Alliierten gegen deutsche Städte war Terror. Er sollte die Bevölkerung aus kriegstaktischen Erwägungen in Angst und Schrecken versetzen. Alle Betroffenen haben dies als Terror empfunden und selbst Churchill soll den Begriff für angemessen gehalten haben. Auch formaljuristisch ist der gezielte Angriff auf Zivilisten ein Verstoß gegen Kriegsrecht.
Das ändert natürlich nichts daran, dass die Deutschen diese Taktik als erste angewendet haben, nicht nur gegen Coventry und London, auch gegen Rotterdam beim Westfeldzug und gegen polnische Städte in den ersten Kriegstagen. Hitlers Premiere allerdings war schon Guernica im Spanischen Bürgerkrieg. Mehr als Volker Beck ärgert mich der wissenschaftliche Mitarbeiter des Kölner Stadtmuseums, der willfährig einknickt, ohne sich andernorts zu informieren.Wolfgang Jahn Köln