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Lesermeinungen„Ein Maibaum ist schöner als jede WhatsApp-Nachricht“

Lesezeit 6 Minuten
Die bunten Bänder eines Maibaumes flattern vor dem blauen Himmel.

Bänder und Äste eines geschmückten Maibaums flattern im Wind. 

Mit dem Frühlingsbrauch des Maibaumsetzens verbinden Leser und Leserinnen nostalgische Erinnerungen. 

Im Artikel „Birken, die an Regenrinnen hängen – eine Liebeserklärung an den Maibaum“ erinnert Christian Löer an die Tradition des Maibaumstellens im Rheinland, mit der junge Männer ihrer Angebeteten in der Nacht zum 1. Mai ihre Zuneigung kundtun. Der Aufforderung, ihre persönlichen Erfahrungen mit diesem Frühlingsritual zu teilen, folgten Leserinnen und Leser:

„Vom Maibaum erzählt man noch nach vielen Jahren“

Was für ein schöner Artikel! Es hat uns sehr viel Freude bereitet, ihn zu lesen. Anbei ein Foto von einem besonderen Maibaum-Exemplar, meinem „Kamin-Maibaum“. Das Haus, in dem ich damals in Kerpen wohnte, war wegen Dacharbeiten eingerüstet. Mein damaliger Freund, heute mein Mann, hatte mir den Maibaum am Gerüst unterhalb meines Zimmers gesetzt. Als das Gerüst zwei Tage später abgebaut wurde, haben die Dachdecker den Baum in den Kamin gesteckt, wo er weithin sichtbar war! Zum Glück waren die Dachdecker so nett, den Baum Anfang Juni wieder aus dem Kamin zu holen. Aus Sicherheitsgründen hätten wir das selber gar nicht machen können.

Aus einem Kamin auf einem Dachgiebel ragt ein geschmückter Maibaum.

Maibaum im Kamin

In den folgenden Jahren gab es dann zum 1. Mai immer ein Herz am Fenster: Das rote Herz mit weißen Buchstaben innen war außen mit echtem Buchsbaum bestückt und mit weiß-roten Bändern an der Spitze geschmückt. Das sind schöne Erinnerungen, die wir seit nunmehr 36 Jahren teilen. Für mich als Mädel aus dem Rheinland – in Köln geboren, im Erftkreis aufgewachsen – ist dieser Brauch mit der schönste, den es gibt! Ich liebe es, mir am ersten Mai Bäume oder Herzen anzusehen.

Mittlerweile wohnen wir in Brenig im Vorgebirge und bei uns gibt's eine Maigesellschaft, die dieses tolle Brauchtum hochhält. Schön, dass es weiterlebt. Vielleicht ist der Artikel von Christian Löer eine Anregung, auch einfach einem netten Mädel einen Baum zu setzten, wenn man nicht befreundet ist! Das ist viel eindrucksvoller als jede WhatsApp-Nachricht und jedes Liken einer Story. Von Maibaum oder Herz erzählt man noch in vielen Jahren – so wie wir. Antoinett und Holger Fangmann Bornheim-Brenig

Erinnerungen an Maibrauch: Wehmut und Lächeln zugleich

Der Artikel „Birken, die an Regenrinnen hingen“ hat mich angesprochen, denn während meiner Jugend war ich jede „Mainacht“ bis zum Morgengrauen „mit den Jungs unterwegs“. Der Autor vermittelt das Gefühl, jedes einzelne Wort mit Bedacht gewählt zu haben, sodass emotionsgeladene Bilder im Kopf des Lesers gezeichnet werden, denn bei jedem Mann, der auch nur einmal in der Mainacht unterwegs war, um seiner Holden einen Baum zu stellen, werden entsprechende Erinnerungen hochkommen, gepaart mit Wehmut und einem Lächeln zugleich. Die im Artikel verwendete Sprache hat für mich an einigen Stellen die Grenze zur Poesie jedenfalls erfolgreich überschritten und mir eine schöne Zeitreise in meine Jugend beschert. Und dafür bedanke ich mich herzlich! Mirko Rade Köln

1968 in Schladern: Nachtwachen beim Maibaum

1968 trafen wir junge Burschen aus Schladern uns auf dem Rosenmontagsball im örtlichen „Bergischen Hof“ und beschlossen, den Mai richtig zu feiern, wie es damals Brauch war: Ich war bereit, Maikönig zu werden und meine Freunde Michael und Edmund wurden Maigrafen. Schnell erwählten wir Maigräfinnen und eine Maikönigin. Der Vater von Edmund holte uns mit seinem Trecker einen Maibaum aus dem Wald, den wir schmückten.

Am 30. April trafen wir uns am Schladerner Bahnhof und der Maibaum wurde aufgerichtet, daneben eine Feuertonne. Prächtig sahen wir alle aus. Die Mädels in schicken Kleidern, die Grafen und ich als Maikönig in Anzug und Krawatte. Ein Gärtner hielt auf der Terrasse der Gaststätte „Müller“ am Bahnhof eine „flammende Rede“. Damit war der Maiball eröffnet.

Vom ersten bis dritten Mai bewachten wir den Maibaum Tag und Nacht, ebenso am 15. Mai und an den letzten drei Tagen im Mai. Denn es galt als Schande, wenn der Maibaum „geklaut“ wurde. Der Metzger von gegenüber versorgte uns während der Wacht bisweilen mit Leckereien aus seiner Metzgerei. Unser Baum wurde nicht geklaut, wir schafften es aber auch nicht, einen Maibaum in der Nachbarschaft zu ergattern. Dieser Brauch wurde in Schladern noch einige Jahre fortgeführt. Wolfgang Bredenbrock Windeck

Auf einer Schwarzweiß-Fotografie präsentieren sich drei Maipaare aus dem Jahr 1968. Die jungen Frauen tragen festliche Kleider, Blumenschmuck im Haar sowie Blumensträuße, die jungen Männer tragen Anzug und Krawatte.

Festlich gekleidete Maipaare im Jahr 1958

Maibaum-Tradition: „Die Geschichte vom Mädel, das seinen eigenen Baum fuhr“

Ich bin in Hamm in Westfalen geboren und habe meine Schulzeit in Porz verbracht. Dadurch bin ich erst Anfang der 80er Jahre im Studium, als ich mich in einen Kommilitonen aus Troisdorf-Oberlar verliebt hatte, mit dem Maibrauchtum in Berührung gekommen. Detlef war im hiesigen Junggesellenverein aktiv und erzählte mir viele Anekdoten von früheren Mainächten. Dann näherte sich meine erste Mainacht.

Zuerst Mai-Ansingen auf dem Oberlarer Platz: Dort gab es eine kleine Holzbühne mit einem Geländer, an dem Birkenzweige befestigt waren. Mitten auf dem Platz stand ein stattlicher Maibaum mit einem Kranz und in etwa drei Metern Höhe einem Schild mit der Aufschrift„den Dorfschönen“. An der Seite des Platzes stapelten sich gut 20, etwa sechs Meter lange Birkenstämme mit Restkrone. Zuerst sang der Männergesangverein Mailieder, dann gab es die Vorstellung des Maikönigspaares und der Maigrafenpaare, alle in Abendgarderobe. Dann gab es das traditionelle Fähnlein schwenken und als Letztes wurde der Rötzchensvater vorgestellt.

Dieser, so erfuhr ich, war für die Besorgung der Maibäume zuständig und gab den Junggesellen, die einen Baum ersteigert hatten, „Auflagen“ bekannt: An einem bestimmten Wochentag mussten die Jungs mit verrückten Accessoires – einmal waren es Minirock und Gummistiefel – ein bestimmtes Straßenstück entlang gehen und anschließend mit der Angebeteten und ihrem Vater eine Stunde im Wohnzimmer verbringen und mit dem Vater ein Pfeifchen rauchen. Das wurde von der „Maipolizei“ kontrolliert und kostete bei Nichterfüllung eine Spende an die Vereinskasse.

Als es dunkel wurde, schaute ich zu, wie ein Baum nach dem anderen von einer Gruppe Jungmänner vom Platz geholt wurde und unter viel Theater an den vorgesehenen Platz geschleppt wurde. Als nur noch drei Bäume übrig waren, stockte es plötzlich und einer der Jungs kam zu mir und erklärte: Zwei der Bäume müssten nach Spich und einer nach Porz-Lind, aber sie hätten alle schon etwas getrunken und in der Mainacht würde die Polizei besonders aufpassen. Ob ich vielleicht ...?

Ich holte meinen Fiat mit Heckklappe und die Jungs schoben die Birkenstämme von hinten so weit es ging durch, einer setzte sich auf den Beifahrersitz, die anderen rechts und links der Bäume auf die Rückbank und passten auf, dass wir keinen Stamm verloren. Ich fuhr vorsichtig nach Spich. Und dann kam der letzte Baum nach Porz-Lind – es war mein eigener! Noch immer erzählen die Oberlarer Junggesellen die Geschichte von dem Mädel, das seinen eigenen Baum gefahren hat. Heike Hanz Troisdorf