Volksabstimmung „Voice to Parliament“Mehr politische Mitsprache für Aborigines: Australien entscheidet per Referendum

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26. Januar 2018, Australien, Sydney: Stedman Sailor steht vor der Fahne der Aborigines, als er mit anderen Mitgliedern der indigenen Bevölkerung Australiens an einer Rauchzeremonie im Rahmen der Feierlichkeiten zum Australia Day teilnimmt.

In Australien wird noch vor Jahresende ein Referendum über eine Verfassungsänderung abgehalten, die der indigenen Bevölkerung eine Stimme im Parlament geben soll. (Archivbild)

Das Verhältnis der weißen Mehrheit in Australien zu den Ureinwohnern ist bis heute schwierig. Die Aborigines klagen unter anderem über mangelnde politische Rechte. Bis Jahresende soll ihnen ein Referendum mehr Mitsprache einräumen – aber die Abstimmung ist umstritten.

Mit einer Verfassungsänderung könnten die australischen Ureinwohner nach Hunderten Jahren der Diskriminierung bald erstmals eine Stimme im Parlament erhalten. Der Senat gab am Montag grünes Licht für ein entsprechendes Referendum, das nun innerhalb von sechs Monaten durchgeführt werden muss. Beobachter rechnen mit Oktober als möglichem Termin.

Australien: „Voice to Parliament“ könnte Weg für politische Teilhabe von indigener Bevölkerung ebnen

Das Abgeordnetenhaus hatte bereits Ende Mai mit großer Mehrheit für die viel diskutierte Volksbefragung gestimmt, die unter dem Motto „Voice to Parliament“ steht. Dabei geht es um die Frage, ob künftig ein Gremium indigener Australier die Regierung berät, wenn es um Fragen geht, die die Ureinwohner betreffen. Die Mitglieder sollen von Vertretern der Aborigines benannt werden und nicht von der Regierung.

19. Juni 2023, Australien, Canberra: Anthony Albanese, Premierminister von Australien, gibt eine Pressekonferenz, nachdem der Senat ein Referendum über eine Verfassungsänderung, die der indigenen Bevölkerung eine Stimme im Parlament geben soll, verabschiedet hat. In Australien wird noch vor Jahresende ein Referendum über eine Verfassungsänderung abgehalten, die der indigenen Bevölkerung eine Stimme im Parlament geben soll. Nach dem Abgeordnetenhaus, das die Volksbefragung schon Ende Mai abgesegnet hatte, stimmte am Montag auch der Senat in Canberra mit großer Mehrheit dafür. Unter dem Motto «Voice to Parliament» geht es darum, ob künftig ein Gremium indigener Australier die Regierung beraten soll, wenn es um Fragen zu den Ureinwohnern des Landes geht.

Anthony Albanese, Premierminister von Australien, gibt eine Pressekonferenz, nachdem der Senat ein Referendum über eine Verfassungsänderung, die der indigenen Bevölkerung eine Stimme im Parlament geben soll, verabschiedet hat.

Nach dem Votum brach im Senat Applaus aus. In der Befragung werde es darum gehen, die 65.000 Jahre alte Geschichte der Aborigines endlich in der Verfassung anzuerkennen, sagte die Ministerin für indigene Australier, Linda Burney. „Viel zu lange ging es den indigenen Australiern durchweg schlechter als den nicht indigenen Australiern“, betonte sie. „Es ist ein kaputtes System.“

Premierminister Anthony Albanese, der das Referendum seit seinem Wahlsieg im Mai 2022 vorangetrieben hat, erklärte: „Ich sage meinen australischen Landsleuten: Parlamente verabschieden Gesetze, aber es sind Menschen, die Geschichte machen. Dies ist Ihre Zeit, Ihre Chance, Teil der Geschichte zu sein.“

Australien: Indigener Bevölkerung wurden erst 1967 Bürgerrechte eingeräumt

Von den annähernd 26 Millionen Australierinnen und Australiern sind fast eine Million Aborigines und Torres-Strait-Insulaner – so der Name der indigenen Bevölkerung der gleichnamigen Inseln.

Das Land ist bei der Frage zu dem Referendum aber sehr gespalten. Für eine Verfassungsänderung ist zudem eine „doppelte“ Mehrheit nötig: Nicht nur auf nationaler Ebene müssen mehr Ja- als Nein-Stimmen erzielt werden – auch eine Mehrheit der sechs Bundesstaaten und Territorien muss sich dafür aussprechen, also mindestens vier.

Die Regierung in Canberra versucht derzeit auf verschiedenen Ebenen eine Annäherung und Versöhnung mit den Ureinwohnern. Erst vor knapp zwei Wochen war die weltgrößte Sandinsel Fraser Island vor der Küste von Queensland offiziell umbenannt worden. Sie trägt nun wieder ihren ursprünglichen Namen K'gari (ausgesprochen: Garrie). Das Wort bedeutet in der Sprache des Volkes der Butchulla Paradies.

Von großen Teilen der weißen Mehrheit wird die indigene Bevölkerung aber nach wie vor ausgegrenzt, obwohl sie das Land schon seit Zehntausenden Jahren besiedelt. Die Ureinwohner werden in der 1901 verabschiedeten Verfassung des Landes nicht erwähnt. Erst 1967 wurden ihnen überhaupt Bürgerrechte eingeräumt.

Nach der Ankunft der First Fleet (Erste Flotte) aus Großbritannien 1788 und der darauffolgenden Kolonisierung wurden viele Jahrzehnte lang Aborigines-Kinder ihren Eltern entrissen. Die „gestohlene Generation“ musste in Heimen oder bei weißen Familien aufwachsen. (dpa)

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