600. FolgeDie 7 unvergesslichsten Fälle von „Aktenzeichen XY“

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Rudi Cerne moderiert „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ seit 2002.

Rudi Cerne moderiert „Aktenzeichen XY ...ungelöst“ seit 2002. (Archivbild)

Ende März wird die 600. Folge von „Aktenzeichen XY“ ausgestrahlt. Wir blicken zurück auf sieben der aufsehenerregendsten Fälle der Sendung.

Mehr als 5.000 Fälle wurden seit 1967 in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ vorgestellt – doch nur ein Bruchteil dieser Fälle hat sich in das kollektive Gedächtnis der Zuschauer über Jahrzehnte eingebrannt. Wir blicken zurück auf sieben der spektakulärsten Fälle. Erinnern Sie sich noch an all diese Verbrechen?

YOGTZE-Fall (Sendung vom 12. April 1985)

Der Fall YOGTZE ist laut dem „Stern“ einer der spektakulärsten und rätselhaftesten Fälle, die „Aktenzeichen XY“ je gezeigt hat. Am 26. Oktober 1984 wurde der 34-jährige Ingenieur Günther Stoll aus dem Siegerland tot aufgefunden, nachdem er kurz zuvor einen mysteriösen Anruf erhalten hatte. Besonders rätselhaft blieb sein Tod wegen der ungewöhnlichen Umstände. Stoll fühlte sich bereits Wochen vor seinem Tod verfolgt und berichtete von Ereignissen, die für seine Familie und Bekannten nur schwer erklärbar waren. Schließlich wurde er spät in der Nacht völlig nackt in seinem Auto aufgefunden. Die tödlichen Verletzungen sollen aber nicht durch einen Unfall entstanden sein.

Eduard Zimmermann, Vater des ZDF-Klassikers „Aktenzeichen XY ... ungelöst“, im September 1986.

Eduard Zimmermann, Vater des ZDF-Klassikers „Aktenzeichen XY ... ungelöst“, im September 1986. (Archivbild)

Seinen Namen erhielt der Fall durch einen mysteriösen Zettel mit dem Wort „YOGTZE“, den Stoll kurz vor seinem Tod geschrieben haben soll. Die Polizei fand lediglich heraus, dass es ein solches Wort in keiner Sprache der Welt gibt. Trotz intensiver Ermittlungen konnte bis heute keine schlüssige Erklärung für den Tod von Günther Stoll gefunden werden.

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Vermisstenfall Maria Baumer (XY-Spezial 3: „Wo ist mein Kind?“, vom 28. November 2012)

Ein Mörder, der bei Rudi Cerne persönlich im Studio sitzt? Auch dieses Novum ging in die Geschichte von „Aktenzeichen XY“ ein. Im November 2012 nimmt der Krankenpfleger Christian E. im Studio Platz und erzählt anscheinend tief bewegt von seiner vermissten 26-jährigen Verlobten Maria Baumer. Neben ihm sitzt die Zwillingsschwester der Vermissten. Weder Cerne noch die Schwester und schon gar nicht die Zuschauer ahnen, dass alles nur Fassade ist.

Der Angeklagte Christian E. steht vor der Urteilsverkündung im Verhandlungssaal des Landgerichts. Wegen Mordes ist der 36-Jährige im Fall Maria B. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Der Angeklagte Christian E. steht vor der Urteilsverkündung im Verhandlungssaal des Landgerichts. Wegen Mordes ist der 36-Jährige im Fall Maria B. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Am 8. September 2013 fanden Pilzsammler die sterblichen Überreste von Maria Baumer unweit ihres Wohnortes im Kreuther Forst bei Bernhardswald im Landkreis Regensburg. Noch im selben Monat berichtete „XY“, dass gegen den Verlobten ermittelt werde. Es dauerte noch einige Jahre, bis schließlich im Juli 2020 der Prozess gegen Christian E. begann.

Der aufwendige Indizienprozess endete mit dem Schuldspruch und der Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe wegen Mordes. Das Gericht sah niedrige Beweggründe und Heimtücke als Mordmerkmale gegeben, die besondere Schwere der Schuld wurde festgestellt. Auch dieser Fall wurde unter dem Titel „Der Mörder unter uns“ von Cerne und seiner Kollegin Conny Neumeyer in ihrem Podcast ausführlich beleuchtet.


Die Entführung von Ursula Herrmann (Sendung vom 01. Oktober 1982)

Die Entführung und Ermordung von Ursula Herrmann 1981 in der Nähe des Ammersees in Bayern löste eine jahrzehntelange, komplexe Jagd nach dem Täter aus und gilt bis heute als einer der erschütterndsten Kriminalfälle Deutschlands. Das zehnjährige Mädchen wurde nach dem Besuch bei ihrem Onkel entführt und in eine im Boden vergrabene Kiste gesperrt, wo es schließlich den Ermittlern zufolge innerhalb kürzester Zeit, wahrscheinlich eineinhalb Stunden später, erstickte.

Der Fall war 1982, 1986 und 2002 Thema in „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ sowie 2020 in der Sondersendung „Aktenzeichen XY ... gelöst“. Der Erfinder und langjährige Moderator Eduard Zimmermann (1929-2009) nannte diesen Fall als den Fall, der ihn über die Jahre am meisten beschäftigt habe. Er erlebte dann auch nicht mehr die spektakuläre Lösung des Falls: Ein zur Tatzeit hoch verschuldeter Mann aus der Nachbarschaft wurde 2008 verhaftet und 2010 in einem Indizienprozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Revision blieb erfolglos.

Der SWR strahlte am 3. März 2024 eine neue dreiteilige Dokumentation „Ein Mädchen verschwindet“ über den Fall aus.


Der Mord am Akazienweg (Sendung vom 28. Januar 1977)

Das Martyrium von Irma und ihrer minderjährigen Tochter Renate S. im Offenburger Akazienweg gehört laut Ralf Döbele, langjähriger XY-Experte und Buchautor, zu den brutalsten Fällen von „Aktenzeichen XY“ und den unheimlichsten Filmbeiträgen der Sendung. Eine Gartenparty unter Jugendlichen, eine unheimliche Gestalt, der spätere Einbruch in das Haus, eine wilde Verfolgungsjagd mit Geschrei um das Haus und schließlich Eduard Zimmermann, der darauf hinweist, dass man von der Tat selbst nichts zeigen könne, wohl aber die Tatwaffen: „Wenn Sie sich dieses Sortiment an verbogenen Gabeln und Messern anschauen, dann wissen Sie, warum“.

1283 Spuren musste die Polizei untersuchen, um den Täter zu überführen. Vor Gericht wurden auch die erschütterten Nachbarn gehört, die die Hilfeschreie des Mädchens falsch interpretiert hatten. Der vom Münchner Prominentenanwalt Rolf Bossi verteidigte Täter, zur Tatzeit 21 Jahre alt, wurde zu 15 Jahren Haft und anschließender Verwahrung verurteilt. Er wurde jedoch nach Verbüßung seiner Strafe freigelassen. 


Vermisstenfall Petra P. (Sendung vom 11. Januar 1985)

Mehr als drei Jahrzehnte war sie wie vom Erdboden verschluckt. 1984 verschwindet Petra P. in Braunschweig spurlos, jahrelang ermittelt die Polizei in alle Richtungen, auch „Aktenzeichen XY“ widmet ihr einen Filmfall, der zusammen mit dem Mord an der 14-jährigen Schülerin Kerstin W. vorgestellt wird. Hier sehen die Ermittler einen Zusammenhang und tatsächlich gesteht der Mörder auch diese Tat, zieht sein Geständnis aber zurück. Erneut berichtet „Aktenzeichen XY“.

Petra P. im Interview mit dem Fernsehmagazin „Life - Menschen, Momente, Geschichten“.

Petra P. im Interview mit dem Fernsehmagazin „Life - Menschen, Momente, Geschichten“.

31 Jahre später der Paukenschlag: Eine Frau wird Opfer eines Einbruchs. Vor den ermittelnden Beamten steht keine Geringere als Petra P., die unter dem Namen „Schneider“ jahrzehntelang untergetaucht war. Selbst in der an spektakulären Fällen nicht gerade armen Fernsehsendung „Aktenzeichen XY“ war dies ein absolutes Novum. Im Oktober 2015 konnte Rudi Cerne in seiner Sendung die frohe Botschaft verkünden, dass Petra P. noch lebt. Anfang 2024 widmete er ihr auch eine Folge in seinem Podcast („Die verschwundene Tochter“). Im März 2024 kommt P. auch in einem Interview mit dem Fernsehmagazin „Life - Menschen, Momente, Geschichten“ zu Wort.


Entführung und Ermordung von Maria Bögerl (Sendungen vom 19. Mai 2010 und 5. September 2012)

Mit fast 30 Minuten ist der Filmbeitrag zu diesem Kriminalfall aus dem Jahr 2012 nach wie vor der längste in der Geschichte von „XY“. Die Entführung und Ermordung der damals 54-jährigen Bankiersgattin Maria Bögerl im Mai 2010 erregte bundesweit großes Aufsehen und gilt als einer der rätselhaftesten Kriminalfälle der jüngeren deutschen Geschichte. So richteten der Ehemann und die Kinder der Entführten in der Live-Sendung 2010 einen dramatischen Appell an den oder die Täter, der zu den erschütterndsten Szenen in der Geschichte der Sendung zählt. Ein Jahr später stirbt der Vater durch Suizid.

Ein Kameramann filmt bei einer Pressekonferenz in Heidenheim ein Porträt von Maria Bögerl sowie Bilder ihres Autos und eines unbekannten Zeugen.

Ein Kameramann filmt bei einer Pressekonferenz 2010 in Heidenheim ein Porträt von Maria Bögerl sowie Bilder ihres Autos und eines unbekannten Zeugen. (Archivbild)

Bis zur Einstellung der Ermittlungen im August 2023 gingen die Strafverfolgungsbehörden über 10.000 Hinweisen nach. Trotz umfangreicher Maßnahmen wie DNA-Massentests, Hausdurchsuchungen und einiger Rückschläge und Kritik am Vorgehen der Ermittler bleibt einer der bekanntesten Mordfälle Deutschlands bis heute ungelöst.


Mord an Dennis K. („Pokémon Dennis“) (Sendung vom 5. April 2002)

Dieser Fall und die Auflösung sind bis heute erschütternd: 1992 begann vor allem in Norddeutschland eine Serie von Übergriffen auf minderjährige Jungen. Der als groß und kräftig beschriebene Täter drang immer nachts maskiert in Schullandheime, Zeltlager und Jugendheime ein, um sich an den Jungen zu vergehen. Schnell machten sich Schlagzeilen über den mysteriösen „Maskenmann“ breit. Ab 1994 brach er sogar in Einfamilienhäuser ein. Neben ca. 45 versuchten und vollendeten Missbrauchsdelikten wurden der Serie drei Morde in Norddeutschland zugeordnet, darunter jener an Dennis K. im September 2001. Hinzu kommen die Morde an Stefan J. („XY“ im Oktober 1992), und Dennis R. („XY“ im Dezember 1995).

Im Jahr 2011 gestand der damals 40-jährige Marin Ney die Serienmorde. Am 27. Februar 2012 verurteilte ihn das Landgericht Stade zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Zeitweise geriet er auch ins Visier der Ermittlungen rund um den Vermisstenfall Maddie McCann. Die Verbrechen Neys wurden unter anderem in der ZDF-Produktion „Der Fall“ mit der Kriminalpsychologin und Autorin Lydia Benecke thematisiert. Das ZDF verfilmte die Geschichte auch unter dem Titel „Im Namen meines Sohnes“ mit Tobias Moretti und Inka Friedrich in den Hauptrollen.


Neben diesen 7 spektakulären und unvergessenen Verbrechen aus „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ hat sich Moderator Rudi Cerne kürzlich auch zu den Fällen geäußert, die ihn bis heute besonders beschäftigen. Diese können Sie im folgenden Artikel nachlesen.

Bewegende, spannende, schockierende Kriminalfälle aus der Stadt und Region: das ist auch das Thema von „True Crime Köln“. Gastgeber Helmut Frangenberg bereitet wahre Verbrechen aus der jüngeren und älteren Vergangenheit in der Podcast-Reihe auf.

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