Zwölf Jahre nach Super-GAUJapan beginnt mit Ableitung von Fukushima-Kühlwasser in Pazifischen Ozean – Sorgen und Kritik

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22.08.2023, Japan, Soma: Fischerboote liegen in einem Hafen in Soma in der Präfektur Fukushima im Nordosten Japans.

Fischerboote in einem Hafen in Soma in der Präfektur Fukushima im Nordosten Japans. Gut zwölf Jahre nach dem Super-GAU in Fukushima beginnt Japan mit der umstrittenen Einleitung aufbereiteten Kühlwassers aus der Atomruine Fukushima ins Meer.

Japan beginnt mit der Ableitung aufbereiteten Wassers aus der Atomruine ins Meer. Bis zuletzt lehnten Fischereiverbände das entschieden ab.

Gut zwölf Jahre nach dem Super-GAU in Fukushima beginnt Japan mit der umstrittenen Einleitung aufbereiteten Kühlwassers aus der Atomruine Fukushima ins Meer. Mit der Verklappung wolle man frühestens am Donnerstag beginnen, gab Ministerpräsident Fumio Kishida am Dienstag bekannt.

Seine Regierung argumentiert, dass auf dem Gelände der Atomruine der Platz zur Lagerung des Kühlwassers ausgehe und dadurch die Stilllegungsarbeiten behindert würden. Die Ableitung des Wassers in den Pazifischen Ozean sei eine Angelegenheit, die „nicht aufgeschoben werden kann“, so der konservative Regierungschef. Japans Fischereiverbände äußerten bis zum letzten Tag ihre entschiedene Ablehnung. Auch in Ländern wie China gibt es Sorgen und Kritik.

Fukushima: Kilometerlangen Tunnel für Kühhlwasser gebaut

Im AKW Fukushima Daiichi war es im März 2011 in Folge eines schweren Erdbebens und gewaltigen Tsunamis zu Kernschmelzen gekommen. Die Reaktoren müssen weiter mit Wasser gekühlt werden, das in mehr als 1000 riesigen Tanks gelagert wird. Doch nun geht der Platz dafür nach Angaben des Betreiberkonzerns Tepco aus. Zudem drohe eine langfristige Lagerung auf dem Gelände die Stilllegungsarbeiten an der Atomruine zu behindern. Auch bestehe das Risiko von Lecks, hieß es.

Daher sollen die mehr als 1,3 Millionen Tonnen Wasser über einen eigens hierzu in den Pazifik gebauten, einen Kilometer langen Tunnel ins Meer geleitet werden. Dies wird voraussichtlich etwa 30 Jahre in Anspruch nehmen. Vor der Verklappung im Pazifik wird das belastete Kühlwasser jedoch zunächst aufbereitet. Das Filtersystem kann allerdings das radioaktive Isotop Tritium nicht herausfiltern. Tepco will das Wasser daher so weit verdünnen, dass die Tritiumkonzentration auf 1500 Becquerel pro Liter sinkt, was weniger als einem Vierzigstel der nationalen Sicherheitsnorm entspreche.

Japans Atomaufsichtsbehörde hatte kürzlich grünes Licht gegeben. Zuvor hatte auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) den Verklappungsplänen zugestimmt. Japan erfülle die internationalen Sicherheitsstandards. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt seien „vernachlässigbar“, befand die IAEA. Fachleute verweisen darauf, dass Atomkraftwerke in aller Welt schon seit Jahrzehnten routinemäßig belastetes Kühlwasser ins Meer ableiten. Japans Fischereiverbände befürchten jedoch, dass der Ruf ihrer Erzeugnisse weiter beschädigt wird. Sie versuchen sich seit dem Super-Gau geschäftlich zu erholen.

China stoppt Import japanischer Fischereiprodukte

Als Reaktion auf die Einleitung von Kühlwasser aus der Atomruine Fukushima ins Meer hat China die Einfuhr von Fischereiprodukte aus Japan gestoppt. Der chinesische Staatssender CCTV zitierte am Donnerstag aus einer Mitteilung der Zollbehörde in Peking, wonach die Einfuhr solcher Produkte aus Japan ab sofort gestoppt werde. Außerdem würden weiterhin strenge Kontrollen bei der Einfuhr japanischer Lebensmittel durchgeführt.

Die Zollbehörde sei „sehr besorgt über das Risiko einer radioaktiven Verseuchung“. Auch das chinesische Außenministerium hatte kurz zuvor scharf gegen die japanische Entscheidung protestiert. Schon zuvor galt in China ein Importverbot für Lebensmittel aus zehn japanischen Präfekturen, darunter auch Fukushima.

Die chinesische Sonderverwaltungsregion Hongkong setzte am Donnerstag ebenfalls Importbeschränkungen für Fischereiprodukte aus zehn japanischen Provinzen in Kraft. Der Schritt war zuvor angekündigt worden, sollte Japan mit der Einleitung beginnen. (dpa)

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