Köln – Christoph Bals, Geschäftsführer der Klimaschutz-Organisation Germanwatch, lässt es auf Twitter nicht an Deutlichkeit in Reaktion auf den Kabarettisten Dieter Nuhr fehlen. „Ist das ein humoristischer Beitrag? Oder Dokumentation des Egoismus?“, fragt Bals, ein normalerweise für seine abwägenden und diplomatischen Stellungnahmen in der Klimaschutzdebatte bekannter Mann, Nuhr.

Was war passiert? Der Kabarettist hatte via Twitter sein Unverständnis darüber kundgetan, dass mehrere seiner in den kommenden Wochen geplanten Auftritte wegen der Coronavirus-Epidemie abgesagt wurden. Nuhr absolviert derzeit eine Tour in Deutschland und Österreich. Für Donnerstag ist im ausverkauften Säälchen in Berlin eine TV-Aufzeichnung vor Publikum geplant. Am Tag darauf sollte eigentlich eine Nuhr-Show in Hagen stattfinden. Wegen des Coronavirus wurde diese jedoch abgesagt – genauso wie seine Auftritte in Wien am 15. und 16. März.

„Wir haben eine Erkrankungsrate von 0,0001 Prozent der Bevölkerung", schreibt Nuhr und fügt nölig hinzu, dass er gerne einfach auftreten würde am Wochenende.

Dass Nuhr mit seinen Prozentzahlen durcheinander gekommen ist – 0,0001 Prozent von abgerundet 80 Millionen Einwohnern in Deutschland wären 80 Erkrankte; tatsächlich sind es, Stand Mittwoch, mehr als 1600 Infizierte also 0,002 Prozent – scheint aus Sicht der meisten Twitter-Nutzer, die auf Nuhrs Stellungnahme reagieren, noch das geringste Problem.

Die Grünen-Politikerin Renate Künast weist wie Bals auf das zu befürchtende exponentielle Wachstum der Infiziertenzahlen hin:

Die österreichische Politikwissenschaftlerin und Expertin für Rechtsextremismus Natascha Strobl sagt unumwunden, was sie von Nuhrs Äußerung hält: „Das ist richtig dumm...“

Vereinzelt erhält Nuhr auch Beifall von Twitter-Nutzern. Der Regisseur und Drehbuchautor Tom Bohn wirft Behörden und Politik indirekt „Panikmache“ vor und bedankt sich bei dem 59-Jährigen.

Aber weit überwiegend reagieren die fast 3000 Twitter-Nutzer, die seit Dienstag auf Nuhrs Tweet reagiert haben, negativ auf den Kabarettisten. Die Antworten schwanken zwischen hämischer Ablehnung, Entsetzen und Unverständnis über Nuhrs Einlassung.