„Viel schneller als wir dachten“Gletscher schmelzen, Meer warm wie nie zuvor – Klima-Katastrophe wird immer sichtbarer

Lesezeit 3 Minuten
Bergsteiger bahnen sich ihren Weg durch den Khumbu-Gletscher nahe dem Basislager am Mount Everest. Die Eismassen im Himalaya könnten einer Studie zufolge bis 2100 zu 80 Prozent verschwunden sein. Die Himalaya-Gletscher sind für die Wasserversorgung von Milliarden Menschen unerlässlich. (Archivbild)

Bergsteiger bahnen sich ihren Weg durch den Khumbu-Gletscher nahe dem Basislager am Mount Everest. Die Eismassen im Himalaya könnten einer Studie zufolge bis 2100 zu 80 Prozent verschwunden sein. Die Himalaya-Gletscher sind für die Wasserversorgung von Milliarden Menschen unerlässlich. (Archivbild)

Im Himalaya und in Europa schmelzen Gletscher in Rekordzeit, Meere werden wärmer – Forschende warnen eindringlich vor den Folgen.

Die Gletscher im Himalaya, die fast zwei Milliarden Menschen mit Wasser versorgen, schmelzen nach Angaben von Wissenschaftlern wegen des Klimawandels schneller als je zuvor. Auf Grundlage aktueller Emissionskurven könnten die Gletscher bis zum Ende des Jahrhunderts bis zu 80 Prozent ihres jetzigen Volumens verlieren.

Laut einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des Internationalen Zentrums für integrierte Entwicklung von Bergregionen (ICIMOD) schmolzen die Gletscher zwischen 2011 und 2020 65 Prozent schneller als im vorhergehenden Jahrzehnt.

Himalaya-Gletscher schmelzen rapide: „Das geht viel schneller als wir dachten“

„Wenn es wärmer wird, schmilzt Eis, das war erwartet worden, aber was nicht erwartet wurde und sehr beunruhigt, ist die Geschwindigkeit“, sagte der Hauptautor des Berichts, Philippus Wester, der Nachrichtenagentur AFP. „Das geht viel schneller als wir dachten.“

Alles zum Thema Klimawandel

Gletscher in der Region Hindukusch Himalaya sind eine wichtige Wasserquelle für rund 240 Millionen Menschen in den Berggregionen sowie für weitere 1,65 Milliarden Menschen in den angrenzenden Flusstälern, wie aus dem Bericht hervorgeht.

„Die Gletscher des Hindukusch-Himalaya sind ein wichtiger Bestandteil des Erdsystems. Da in Asien zwei Milliarden Menschen auf das Wasser der Gletscher und des Schnees angewiesen sind, sind die Folgen des Verlusts dieser Kryosphäre zu gewaltig, als dass man sie sich vorstellen kann“, erklärte Izabella Koziell, stellvertretende Generaldirektorin des ICIMOD. „Wir brauchen Führungspersönlichkeiten, die jetzt handeln, um eine Katastrophe zu verhindern.“

Himalaya-Gletscher: Zwei Milliarden Menschen auf Gletscherwasser angewiesen

Auch Professor Saleemul Huq, Direktor des Internationalen Zentrums für Klimawandel und Entwicklung in Bangladesch, warnt vor katastrophalen Folgen: „In allen drei Säulen des Klimaschutzes – bei der Eindämmung, der Anpassung sowie bei Verlusten und Schäden – stehen wir still oder gehen den falschen Weg, während sich die Folgen der Untätigkeit von Tag zu Tag verschärfen.“

Der zwischenstaatlichen Organisation ICIMOD, die nun die Himalaya-Studie vorgelegt hat, gehören auch Afghanistan, Bangladesch, Bhutan, China, Indien, Myanmar und Pakistan an. Die Gletscher speisen zehn der weltweit wichtigsten Flusssysteme, darunter den Ganges, den Indus, den Gelben Fluss, Mekong und Irrawaddy. Direkt oder indirekt versorgen sie Milliarden Menschen mit Essen, Energie, sauberer Luft und Einkünften.

Gletscherschmelze auch in Europa im Jahr 2022 so stark wie nie zuvor

Auch in Europa war die Gletscherschmelze im Jahr 2022 so stark wie nie zuvor und führte zu einem Rekordmasseverlust, der durch sehr geringe Schneemengen im Winter und einen sehr warmen Sommer begünstigt wurde. Zuletzt sorgte die Permafrost-Schmelze in den Alpen zu einem Bergsturz in Tirol. „Das Eis schmilzt wegen der stattfindenden Klimaerwärmung, und das sorgt eben dafür, dass die Berge bröckeln“, erklärte der Geologe Thomas Figl. 

Auch die Erwärmung der Meeresoberfläche in Mittelmeer, Ostsee und Schwarzen Meer, sowie in der südlichen Arktis, war mehr als dreimal so stark wie im globalen Durchschnitt, heißt es im jüngsten Bericht der Weltwetterorganisation (WMO) und des EU-Klimawandeldienstes Copernicus.

Klimawandel auch auf dem Meer spürbar: Temperatur des Nordatlantiks deutlich auf Rekordkurs

Die Oberflächentemperatur des Nordatlantiks befindet sich unterdessen im Jahr 2023 ebenfalls auf Rekordkurs. Am 11. Juni lag der Durchschnittswert bei 22,7 Grad und damit 1,1 Grad über dem langjährigen Mittelwert der Jahre 1982 bis 2011. Das geht aus Daten des Climate Reanalyzer der Universität Maine hervor, die seit 1981 erhoben werden. 

In West- und Südwesteuropa haben einige Länder dem EU-Bericht zufolge zudem das wärmste Jahr seit Beginn ihrer Aufzeichnungen erlebt. Dazu zählen Deutschland, Belgien, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Portugal, Spanien, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. (mit afp)

KStA abonnieren