Zwei Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben. Die Bergungsarbeiten sollen am Mittwochvormittag weitergehen.
Bergungsarbeiten gehen weiterLetzte überlebende Frau aus Hotel-Trümmern in Kröv geborgen

Nach dem Einsturz eines Hotels in Kröv an der Mosel ist auch die letzte überlebende Person aus den Trümmern gerettet worden.
Copyright: dpa
Gute Nachrichten am späten Mittwochabend: Eine weitere aber wohl letzte überlebende Frau wurde nach mehr als 24 Stunden unter Applaus aus den Trümmern des im Weinörtchen Kröv eingestürzten Hotels getragen. Dort sollen die Bergungsarbeiten und die Ursachensuche heute fortgesetzt werden, wie eine Polizeisprecherin am Mittwoch mitteilte.
Bei den beiden Toten handele es sich um eine 1961 geborene Frau und einen Mann. Während die Leiche der Frau am späten Mittwochnachmittag geborgen wurde, liegt der Mann noch in den Trümmern. Bei dem Toten soll es sich um den Hotelbesitzer handeln.
Mit Tageslicht seien die Bergungsarbeiten sicherer, erläuterte die Polizeisprecherin. Es sei nichts gewonnen, wenn Einsatzkräfte zusätzlich in Gefahr gebracht würden. Der erste Beigeordnete der Gemeinde Kröv, Martin Rolf, sagte, Kröv sei nach dem Unglück noch fassungslos und schockiert. Der Unglücksort und einige Nachbarhäuser seien die Nacht über von der Polizei bewacht worden.

Kröv am frühen Mittwochmorgen: Die Bergungsarbeiten und die Ursachensuche gehen weiter, Unglücksort und die Nachbarschaft wurden über Nacht von der Polizei bewacht.
Copyright: dpa
Das Hotel mitten in Kröv an der Mosel war in der Nacht zu Mittwoch teilweise eingestürzt. Gegen 23 Uhr hatte das erste Obergeschoss des Gebäudes offenbar nachgegeben. Die beiden Opfer des Unglücks sind wohl direkt beim Einsturz der Decke gestorben.
Zum Zeitpunkt des Unglücks befanden sich 14 Menschen in dem Hotel, von denen fünf unverletzt gerettet werden konnten, weil sie sich in Bereichen aufgehalten hatten, die von dem Einsturz nicht betroffen waren.

Der Unglücksort von außen, die Front ist fast unbeschädigt: Die Grundsubstanz des Gebäudes, in dem sich das Hotel Reichsschenke zum Ritter Götz befindet, stammt aus dem 17. Jahrhundert.
Copyright: dpa
Trotz dieses glücklichen Umstands mussten die Rettungskräfte schnell erkennen, „dass es sich um einen sehr herausfordernden Einsatz handelt“, sagte der Einsatzleiter Jörg Teusch, Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Kreises Bernkastel-Wittlich bei einer Pressekonferenz am Mittwochmorgen.
„Wir mussten feststellen, dass neun weitere Personen unter den Trümmern eingeklemmt waren.“ Man habe sie über Treppen, Türen oder Fenster nicht mehr erreichen können. „Die waren schlichtweg nicht mehr vorhanden. Die Decken lagen aufeinander. Wir sind davon ausgegangen, alle, die dazwischenliegen, sind tot“, so Teusch. „Wie durch ein Wunder“ hätten sieben der Eingeschlossenen überlebt. Dabei handele es sich ausnahmslos um Hotelgäste.
Zwei Jahre altes Kind und seine Eltern gerettet
Die Einsatzleitung alarmierte Kräfte aus ganz Rheinland-Pfalz, darunter auch Spezialisten mit Ortungsgeräten und eine Rettungshundestaffel. Auch Drohnen kamen zum Einsatz. Zeitweise waren bis zu 250 Helfer vor Ort. „Wir hatten dann aber das Glück, dass wir über Mobiltelefone mit Verschütteten kommunizieren konnten und die Hoffnung bestand, dass wir dort gute Verhältnisse vorfinden“, sagte Teusch.
Mit schwerem Gerät verschafften sich die Retter Zugang, nahmen über Kernbohrungen und mithilfe von Richtmikrofonen Kontakt zu den Verschütteten auf. Es dauerte mehrere Stunden, bis die ersten vier Menschen gerettet werden konnten, darunter eine Mutter (23) mit ihrer zweijährigen Tochter aus den Niederlanden. Am frühen Mittag wurde auch der Vater (26) lebend aus den Trümmern gezogen. Er hat Verletzungen an Armen und Beinen erlitten, die aber nicht lebensbedrohlich sind.

Copyright: dpa
Für die Helfer ein besonders emotionaler Moment, weil damit feststeht, dass die gesamte Familie den Einsturz überstanden hat. Nach Angaben des Einsatzleiters muss die Familie beim Einsturz der Decke an einem Türrahmen gestanden haben. Die Tür habe sich gelöst und so eine Art Schutzhülle gebildet.
Die Bergung der beiden weiteren Opfer zog sich länger hin, weil sie unter Trümmerteilen eingeklemmt und unterschiedlich schwer verletzt waren. Einer wurde am Nachmittag geborgen. Der letzte Verschüttete wurde in der Nacht befreit. „Wir wollten auch zum Schutz der Einsatzkräfte nichts riskieren“, so Teusch. „Die Beharrlichkeit über Stunden hat zum Erfolg geführt, auch wenn das nervenzehrend ist.“
Im Prinzip steht keine Mauer mehr da, wo sie vorher gestanden hat
Die Einsatzkräfte mussten dabei äußerste Vorsicht walten lassen. „Die gesamte Gebäudestruktur gleicht einem Kartenhaus“, sagte Teusch. „Wenn man dort an der falschen Karte zieht, stürzt das Gebäude mit Sicherheit ein.“ Es habe sich beim Einsturz um rund einen Meter nach rechts und nach hinten verlagert. „Im Prinzip steht keine Mauer mehr da, wo sie vorher gestanden hat.“

Auch einen Hund retteten die Feuerwehrleute aus den Trümmern.
Copyright: dpa
Mit einem Spezialsystem überwachten die Retter das Gebäude, um mögliche Verschiebungen schnell erkennen zu können. Anfangs habe sich das Haus um rund vier Millimeter pro Stunde verschoben, so Teusch. Bei mehr als einem Zentimeter schlage das System Alarm, um die Retter nicht in Gefahr zu bringen.
Die Grundsubstanz des Gebäudes, in dem sich das Hotel Reichsschenke zum Ritter Götz befindet, stammt aus dem 17. Jahrhundert. Um 1980 seien auf das Erdgeschoss „noch einmal zweieinhalb Geschosse aufgesattelt“ worden, so der Einsatzleiter. Das Hotel in Kröv liegt rund 150 Meter vom Moselufer entfernt.

Ein gesamtes Stockwerk hat nachgegeben, das Haus ist in sich zusammengesackt.
Copyright: dpa
Die Grundkonstruktion sei damals „über Hohlkammerdecken mit entsprechenden Tragkonstruktionen gebaut worden, auf dem das jetzt alles lag. Das erste Obergeschoss ist komplett eingestürzt. Da genau lag jetzt irgendwo der Knackpunkt, dass das erste Obergeschoss jetzt komplett eingestürzt ist. Ob in der Unterkonstruktion der alten Bausubstanz irgendetwas versagt hat, können wir im Moment nicht mit Sicherheit sagen.“
Am Dienstag hatte es am Gebäude noch Bauarbeiten gegeben
Teusch bestätigte, dass es am Dienstag noch Bauarbeiten an dem Gebäude gegeben habe. Ob die in einem Zusammenhang mit dem Einsturz stehen, müssten die weiteren Ermittlungen klären.
Man habe aus Sicherheitsgründen drei weitere Gebäude, darunter eine Gaststätte, evakuiert. 21 Menschen sind demnach davon betroffen. Das sei eine Vorsichtsmaßnahme, weil das Gebäude immer noch einsturzgefährdet sei. Dort könnten Trümmerteil hineinrutschen, so der Einsatzleiter.
Der Innenminister von Rheinland-Pfalz sprach den Angehörigen der Toten sein Mitgefühl aus und lobt die Retter für ihren „professionellen Einsatz“ in einer „außerordentlich herausfordernden Lage“, sagte Michael Ebling (SPD). Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) machte sich ein Bild vor Ort. (mit dpa)