Letzter Mensch in Unterdruckkammer„Mann mit der Eisernen Lunge“ nach 70 Jahren in Metallröhre gestorben

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Paul Alexander blickt aus seiner eisernen Lunge in seinem Haus. (Archivbild)

Paul Alexander blickt aus seiner eisernen Lunge in seinem Haus. (Archivbild)

Als kleiner Junge erkrankte Paul Alexander an Polio – und lebte fortan in einer Metallröhre. Nun ist „Polio Paul“ im Alter von 78 Jahren gestorben.

Paul Alexander, bekannt unter seinen Spitznamen „Polio Paul“ und „Der Mann mit der eisernen Lunge“, ist tot. Der Amerikaner, der im Alter von sechs Jahren an Kinderlähmung erkrankt war und seitdem mithilfe einer Eisernen Lunge überlebte, wurde 78 Jahre alt. Der Initiator einer Spendenseite für „Polio Paul“, wie Alexander in den USA genannt wurde, gab den Tod des 78-Jährigen am Montag (11. März) bekannt. „Paul, wir werden dich vermissen, aber immer in Erinnerung behalten. Danke, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast“, schrieb Spendenorganisator Christopher Ulmer. 

Alexander war 1952 im Alter von sechs Jahren an Kinderlähmung erkrankt und entwickelte damals schnell Lähmungssymptome, der Junge wurde daraufhin im Krankenhaus behandelt – und sollte fortan den Rest seines Lebens liegend in einer Metallröhre verbringen.

„Polio Paul“ Alexander ist tot: „Der Mann mit der eisernen Lunge“

Die „Eiserne Lunge“ half Alexander seitdem beim Atmen, indem sie die Funktion des Zwerchfells übernahm. In der gut zwei Meter langen und bis zu 600 Kilogramm schweren Unterdruck-Metallröhre konnte Alexander sich kaum bewegen. Heutzutage gibt es für das künstliche Atmen auch Überdruck-Masken, Alexander lehnte einen Wechsel aus Gewöhnung jedoch ab.  

Der Texaner war eines von zahlreichen amerikanischen Kindern, die sich in den 1950er Jahren mit der Viruserkrankung Polio infiziert hatten und fortan auf Eiserne Lungen angewiesen waren. Bereits 2020 hatte Alexander, der trotz seines Zustands erfolgreich ein Jura-Studium absolvierte, seine eigenen Memoiren veröffentlicht. 

Amerikaner verbringt rund 70 Jahre in Eiserner Lunge: „Ich dachte zuerst, dass ich tot bin“

In einem Interview mit der britischen Zeitung „The Guardian“ hatte Alexander sich 2020 auch zu seinen Ängsten während der Corona-Pandemie geäußert. „Es ist genauso wie damals, es ist fast unheimlich für mich“, sagte er über die Parallelen zwischen dem Polio-Ausbruch in den USA in den 1950er Jahren und Covid. „Das macht mir Angst.“ 

Paul Alexander mit seiner Betreuerin und Freundin Kathryn Gaines, während er Kaffee trinkt und sie neben seiner eisernen Lunge in seinem Haus frühstückt. (Archivbild)

Paul Alexander mit seiner Betreuerin und Freundin Kathryn Gaines, während er Kaffee trinkt und sie neben seiner eisernen Lunge in seinem Haus frühstückt. (Archivbild)

In dem Gespräch sprach der Amerikaner auch über die Reaktionen, die seine Eiserne Lunge stets ausgelöst habe. „Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Leute in meine Kanzlei kamen, meine Eiserne Lunge sahen und fragten: ‚Was ist das?‘, und ich sagte: ‚Das ist eine Eiserne Lunge‘“, so Alexander. Dann sei stets die Frage gefolgt, wofür die gut sei. „Sie atmet für mich“, habe er geantwortet.

Polio durch weltweite Impfprogramme mittlerweile fast besiegt

Noch im vergangenen Dezember blickte Alexander auf die ersten Momente in seiner Eisernen Lunge zurück. „Ich dachte zuerst, dass ich tot bin“, sagte der Amerikaner der „Bild“-Zeitung. Dann habe er gehört, wie eine Krankenpflegerin sich mit einem Arzt unterhalten habe. „Der sollte eigentlich gar nicht mehr am Leben sein“, habe sie damals über ihn gesagt. Mehr als 70 Lebensjahre sollten für den „Mann mit der Eisernen Lunge“ folgen. Nun ist Paul Alexander als letzter Mensch, der noch auf die Metallröhre angewiesen war, gestorben. 

Polio gilt nach weltweiten Impfprogrammen unterdessen als nahezu besiegt. Nur noch in wenigen Ländern gibt es Nachweise über aktuelle Polio-Infektionen. In Deutschland trat der letzte einheimische Poliofall laut dem Robert-Koch-Institut 1990 auf, 1992 kam es zu den letzten beiden Erkrankungen durch importierte Poliowildviren. (das) 

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