„Ich bin ziemlich panisch“Giftwolke über Kleinstadt – Bewohner finden tote Tiere und verseuchte Gewässer

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Apokalyptische Szenen bieten sich Anwohnern in East Palestine im US-Bundesstaat Ohio, nachdem es nach einem Zugunglück zu Feuer und Explosionen gekommen ist.

Apokalyptische Szenen bieten sich Anwohnern in East Palestine im US-Bundesstaat Ohio, nachdem es nach einem Zugunglück zu Feuer und Explosionen gekommen ist.

Nach einem Zugunfall in Ohio geben Behörden mittlerweile Entwarnung – die Bewohner glauben daran jedoch nicht.

Nachdem am 3. Februar ein mit Gefahrgut beladener Frachtzug im US-Bundesstaat Ohio entgleist ist, klagen Anwohner über Kopfschmerzen und Übelkeit. Andere berichten nach ihrer Rückkehr in den Ort East Palestine unterdessen von vielen toten Tieren. Auch Gewässer in der Region sollen durch den Unfall verseucht worden sein, heißt es in aktuellen US-Medienberichten. Die amerikanischen Behörden hatten zuvor erklärt, der Zustand von Luft und Wasser sei wieder unbedenklich. 

Nach der Entgleisung des Güterzugs Anfang des Monats war es zunächst zu einem enormen Brand gekommen – den Bewohnern von East Palestine boten sich apokalyptische Szenen. Eine riesige Rauchwolke stieg über dem Ort auf, Flammen schlugen in die Luft. Die Behörden entschieden sich schließlich dazu, die Schadstoffe in den Waggons des Zuges kontrolliert zu verbrennen, um eine Explosion zu verhindern. Die Menschen wurden aufgefordert, den Ort zu verlassen oder in ihren Häusern zu bleiben.

Entgleister Zug in Ohio: Hochgiftiges Phosgen freigesetzt

Bei der kontrollierten Verbrennung soll neben anderen giftigen Stoffen auch das hochgiftige Gas Phosgen freigesetzt worden sein – im Ersten Weltkrieg diente der Stoff als Waffe. Eine gefährliche Giftwolke erstreckte sich somit über die amerikanische Kleinstadt. Viele Bewohner flohen zu Angehörigen, die Waggons brannten unterdessen tagelang. Das US-Gesundheitsministerium warnte vor schweren Symptomen, sollte man den giftigen Gasen ausgesetzt sein.

Mittlerweile versichern die Behörden jedoch, eine gefahrlose Rückkehr in den Ort sei möglich – angesichts der Berichte über tote Tiere und die Verseuchung des Ohio Rivers zeigen sich viele Bewohner des Ortes jedoch nicht überzeugt von den Behördenangaben.

Giftwolke in Ohio: Anwohner berichten von toten Tieren

So erklärte eine Anwohnerin, sie habe mehrere ihrer Hühner leblos in ihrem Stall entdeckt – Anzeichen für einen Angriff durch ein Wildtier gebe es nicht, berichtete die Frau laut des lokalen Mediums „ABC27 WHTM“ über ihren Fund. „Ich bin ziemlich panisch“, sagte Amanda Breshears demnach. „Meine Videokameraaufnahmen zeigen, dass es meinen Hühnern vollkommen gut ging, bevor sie mit dieser Verbrennung begannen, dann wurden sie langsamer und starben.“

Es ist nicht der einzige Augenzeugenbericht: Taylor Holzer, ebenfalls Bewohner von East Palestine, berichtete gegenüber „Newsweek“ von mehreren toten Füchsen in der Gegend rund um die Giftwolke. Alle vier Füchse in seiner Obhut zeigten Anzeichen einer Chemikalienexposition. Auch seien in Bächen in der Region unzählige tote Fische aufgefunden worden, berichten Anwohner in lokalen Medien.

Giftunfall in Ohio: Behörden halten Luft und Wasser für unbedenklich

Ein Behörden-Vertreter hatte zuvor bestätigt, dass giftiges Material nach der Verbrennung in die Gewässer gelangt und für den Tod der Fische verantwortlich gewesen sei. Dennoch sei das Trinkwasser mittlerweile sicher und auch die Schadstoffbelastung der Luft biete derzeit keinen Anlass zur Sorge, zitierte CBS News die Behörde.

Die Berichte über die plötzlichen Todesfälle bei Tieren sind nicht das Einzige, was die Bewohner beunruhigt. So werden auch vermehrt Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit berichtet. Manche Bewohner der Stadt klagen nach ihrer Rückkehr demnach über Halsschmerzen und Atembeschwerden.

Anwohner zweifeln an Behördenangaben: „Es ist schwer zu sagen, was wahr ist oder nicht“

„Es ist irgendwie scheiße, dass wir alle die Mehrheit unserer Informationen von Nachbarn bekommen“, kritisierte Liz Smith gegenüber „The New Republic“ die Informationspolitik der Behörden. „Es ist schwer zu sagen, was wahr ist oder nicht.“

Die US-Umweltschutzbehörde kann die Berichte über Auswirkungen auf Mensch und Tier unterdessen nicht nachvollziehen. „Bis gestern Abend wurden 291 Haushalte überprüft. Bis heute wurden in den abgeschlossenen überprüften Haushalten keine Nachweise von Vinylchlorid oder Chlorwasserstoff festgestellt“, erklärte die Behörde gegenüber „Insider“ am Montag. 181 weitere Häuser müssten nun noch überprüft werden. Es bleibe zudem unklar, welche langfristigen Folgen die Freisetzung der Schadstoffe für die Region habe.

Für viele sarkastische Kommentare in sozialen Netzwerken sorgt unterdessen die Ähnlichkeit zum Film „Weißes Rauschen“, der 2022 bei Netflix seine Premiere feierte – und die Auswirkungen eines Zugunfalls samt der Entstehung einer toxischen Wolke thematisiert und ebenfalls in Ohio spielt. 

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