Comedy-Autor Tarkan Bagci in „Talk mit K“„Fernsehen biedert sich total an“

Lesezeit 3 Minuten
Tarkan Bagci, Comedy-Autor, Podcaster, Moderator

Tarkan Bagci ist Comedy-Autor, Podcaster und Moderator

Comedy-Autor, Podcaster und Moderator Tarkan Bagci spricht über seinen Roman „Heartbreak“ und den richtigen Umgang mit Social Media.

Tarkan Bagci ist Podcaster, Moderator und Comedy-Autor. Er schreibt unter anderem für Sendungen mit Jan Böhmermann, Tommi Schmitt und Maren Kroymann. Mit Christian Huber macht er den erfolgreichen Podcast „Gefühlte Fakten“. Außerdem moderiert er die WDR-Sendung „Wissen macht Ah!“.

Er wollte Journalist werden, aber er merkte, seine Leidenschaft für das faktenbasierte Schreiben reichte nicht. Aus Trotz habe er entschieden: „Dann schreibe ich jetzt Unsinn.“ Das hörte jemand beim Campus-Radio, der in der Unterhaltungsbranche arbeitete und sprach ihn an, ob er es nicht mal versuchen wolle als Gag-Autor. Und das tat er. Mit Erfolg.

Es gibt kein Talent, das sich bis zu einem gewissen Grad nicht durch harte Arbeit kompensieren lässt
Tarkan Bagci

Für Comedy-Formate zu schreiben, mache sehr viel Spaß, sei aber auch harte Arbeit. „Man muss den Schmerz beim Schreiben durchwaten, 99 schlechte Gags aufs Papier zu bringen für einen guten.“ Und man müsse es einfach immer und immer wieder versuchen: „Talent ist nichts anderes als die Rate, in der man in etwas besser wird. Es gibt kein Talent, das sich bis zu einem gewissen Grad nicht durch harte Arbeit kompensieren lässt.“

Und der 28-Jährige hat quasi nebenbei auch noch drei Bücher geschrieben. Gerade ist sein zweiter Roman „Heartbreak“ erschienen. Darin geht es unter anderem um Depressionen, auch wenn er selbst nicht daran erkrankt ist. Aber in seiner Umgebung seien viele betroffen. „Ich habe mehr Freunde, die Depressionen haben als Freunde, die rauchen“, sagt er im Podcast „Talk mit K“. Er will den Umgang damit normalisieren. „Ich wollte verstehen, was es heißt, Depressionen zu haben.“ 

Reichweite sei nicht das Wichtigste

Ein anderes Thema seines Romans ist der Erfolg bei Social Media. Sein Protagonist Tom wird sehr schnell sehr erfolgreich und dann, nach einem Zwischenfall, plötzlich von allen gehasst. Er setzte sich mit diesem Phänomen auseinander, weil seine eigene Reichweite zu dem Zeitpunkt wuchs: „Je mehr Reichweite ich habe, desto mehr Türen stehen mir als Moderator offen. Ob das so gut für den Kulturstandort Deutschland ist, weiß ich nicht. Aber seitdem kann ich nichts mehr genießen, ohne den Druck zu haben, das zu verwerten. Das hat mich völlig überrannt.“

Bagci arbeitet auch deshalb gern beim Fernsehen, unter anderem als Moderator bei „Wissen macht Ah!“, weil das Medium sich den viel längeren Atem leisten könne. Fernsehen habe Ausdauer und müsse sich nicht nach Algorithmen richten. Aber stattdessen biedere es sich total an. „Nicht das, was die größte Reichweite hat, ist das, was man fördern sollte. Es geht ja auch nie um die Qualität der Reichweite.“ Nur weil etwas zehn Millionen Menschen gesehen haben, müsse das nicht wertvoller sein als Inhalte, die weniger Aufmerksamkeit bekommen. Aber genau das werde in der Fernsehlandschaft gemacht. „Ihr habt uns beigebracht, dass Reichweite das Wertvollste und ein Kulturgut ist. Aber das stimme nicht.“

Viele Menschen in den Medien versteckten ihren Migrationshintergrund. Sie änderten ihren Namen. „Ich kann das verstehen, aber es sorgt für weniger Sichtbarkeit. Deshalb habe ich keinen Künstlernamen.“ Seine Familie sei vor zwei Generationen noch bettelarm gewesen. Sie haben ihm viele Türen geöffnet. „Sie hat den sozialen Aufstieg mit Blut und Schweiß und Tränen hinbekommen. Ich bin seit langem der erste gewesen, der sich aussuchen konnte, was er machen will. Das ist ein wahnsinniges Privileg und da wollte ich niemanden enttäuschen.“

KStA abonnieren