Urlaub während Flut-KatastropheAnne Spiegel geriet bereits bei SMS-Affäre unter Druck

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Anne Spiegel steht wegen ihres Urlaubes nach der Flut in der Kritik.

Köln – Bundesfamilienministerin Anne Spiegel sorgte am Sonntagabend für einen denkwürdigen Auftritt. Übers Wochenende kursierte die Nachricht, dass die Grünen-Politikerin in ihrer damaligen Rolle als rheinland-pfälzische Umweltministerin bereits zehn Tage nach der Flutkatastrophe im Ahrtal mit ihrer Familie zu einem vierwöchigen Urlaub nach Frankreich gereist war. Sowohl in Berlin als auch in Mainz dachten nicht wenige, dass Spiegel ihren Rücktritt verkünden würde. So wie NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser vergangenen Donnerstag, nachdem herauskam, dass die Kölner CDU Politikerin ebenfalls kurz nach dem tödlichen Hochwasserunglück Mitte Juli 2021 nach Mallorca geflogen war und dort mit Kabinettsmitgliedern den Geburtstag ihres Mannes gefeiert hatte. Doch es kam dann ganz anders.

Mit bewegter, mitunter brüchiger Stimme gewährte sie ungeahnte Einblicke in ihre privaten Lebensverhältnisse. Ihr Mann habe 2019 einen Schlaganfall erlitten, die Lage sei schwierig gewesen, die Corona-Phase hätte den vier kleinen Kindern schwer zugesetzt. Der Familien-Urlaub sei dringend notwendig gewesen, da ihr Mann nicht mehr gekonnt habe. Schweren Herzens habe sie, Spiegel, sich dazu durchgerungen die Ferienreise anzutreten, obwohl kurz zuvor 134 Menschen in der Flutkatastrophe in ihrem Bundesland starben. „Es war ein Fehler, dafür bitte ich um Entschuldigung.“

 Spiegel musste einräumen, die Unwahrheit gesagt zu haben

Das Umweltministerium hatte am Sonntagmittag noch allenthalben betont, dass ihre Ex-Chefin auch im Urlaub seinerzeit stets zu erreichen gewesen sei. Auch habe Spiegel fernmündlich stets an den Kabinettssitzungen teilgenommen. Auf der gestrigen PK musste die Ministerin dann einräumen, dass das nicht der Wahrheit entsprach. Nach Durchsicht der Protokolle fiel ihr auf, dass sie aus ihrem Urlaub an keiner Sitzung dabei war. Dieses Eingeständnis kam eher beiläufig daher, nährte allerdings die Rücktrittsforderungen der Unions-Opposition. Denn mittlerweile wurde bekannt, dass einige Medien bereits dabei waren, die Grünen-Politikerin in dieser Hinsicht einer Falschaussage zu überführen.

Im gut sechsminütigen Auftritt erklärte die Ministerin, sich übernommen zu haben. Zum Familienministerium übernahm sie noch das Umweltministerium in Mainz, bei den Landtagswahl im März 2021 in Rheinland-Pfalz ging sie als Spitzenkandidatin ins Rennen. Als die Ampel-Koalition in Berlin die Regierungsgeschäfte übernahm, wechselte sie ins Bundesfamilienministerium.

Unter Druck wegen SMS-Verkehr

Anne Spiegel war schon vor dem Bekanntwerden ihres vierwöchigen Urlaubs unter Druck geraten. So veröffentlichte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ unter anderem einen SMS-Verkehr Spiegels vom Tag nach der Flut-Katastrophe. Die Nachrichten, in denen von „Wording“ und „glaubwürdiger Rolle“ die Rede war, legen nahe, dass sich die Ministerin vor allem um ihr eigenes Image kümmerte, was sie später stets bestritten hat.

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Vor sechs Wochen noch war von Familienproblemen bei den Spiegels keine Rede. Ende Februar gab die Bundesministerin der Zeitschrift  „Bunte“ ein Interview. Zur Frage, ob man ein schlechtes Gewissen haben müsse, wenn man versuche, Familie und Job unter einen Hut zu bringen, erklärte die Grünen-Spitzenfrau. Für sich selbst könne sie das „meistens verneinen". Entscheidend sei doch, dass jede Familie sich so organisieren könne, dass sie damit glücklich sei. „Das nehme ich auch für meine Familie und mich in Anspruch", erklärte Anne Spiegel.

Auch Staatssekretärin war im Urlaub

Inzwischen spitzt sich die Affäre weiter zu. Denn nun wurde bekannt, dass auch Spiegels damalige Staatssekretärin und spätere Amtsnachfolgerin, Katrin Eder, zur selben Zeit einen zweiwöchigen Urlaub angetreten hatte. Während die Flutopfer die Trümmer und Schuttberge wegräumten und teils ohne eine ausreichend Grundversorgung leben mussten, war das rheinland-pfälzische Umweltressort nur noch mit dem zweiten Staatssekretär besetzt.

Am Montag tritt der Grünen-Bundesvorstand zu seiner zweitätigen Klausurtagung in Husum zusammen. Die Causa Spiegel wird sicherlich viel Raum einnehmen.

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