Fahrgastschwund in Köln und RegionFür viele Bahnfahrer werden die Tickets bald teurer

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Auto oder Bahn? Pendler müssen sich entscheiden.

Köln – Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) will die Fahrpreise für Bahnen und Busse zum 1. Januar 2022 Jahr um durchschnittlich 1,5 Prozent erhöhen – trotz Corona und Verkehrswende. Das geht aus einer Sitzungsvorlage an die Verbandsversammlung hervor, die am 7. Oktober in Aachen tagen wird. Die Zustimmung der beteiligten Städte und Kreise gilt als sicher. Nur aus Bonn könnte ein Nein kommen, das aber nicht ausreichen wird, um die Erhöhung zu stoppen.

Die Sitzung sollte ursprünglich bereits an diesem Donnerstag in Köln stattfinden, wurde aber verschoben. „Vor der Bundestagswahl wollte das keiner beschließen“, sagt ein Insider dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Um die Belastungen für die Fahrgäste durch die Corona-Pandemie möglichst gering zu halten, hat der VRS neue Wege beschritten und alle Tarifbereiche einzeln betrachtet. Die Gießkannen-Methode, alle Tarife gleichermaßen anzuheben, gehört damit der Vergangenheit an.

Das Prinzip: Vielfahrer und Abokunden bleiben von der Preiserhöhung verschont. Dazu zählen alle Abonnements des Erwachsenentarifs wie das Formel-9-Ticket, das Aktiv-60-Ticket, das Azubi- und das Jobticket sowie das neue 100-Tage-Flexticket.

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Auch die Einzel- und die Vierertickets werden nicht teurer. Beim elektronischen Tarif wird es ebenfalls keine Änderungen geben. Damit bleiben die Tarife für rund 300000 Abo-Kunden unverändert. Höhere Preise wird es beim 24-Stunden-Ticket und bei einigen Zeitkarten geben.

Mit einem Durchschnittswert von 1,5 Prozent liegt der VRS noch knapp unter dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (1,7 Prozent). In Nürnberg (plus 5,5 Prozent) und München (plus 3,7 Prozent) müssen ÖPNV-Kunden tiefer in die Tasche greifen. Die Verkehrsunternehmen des VRS hatten ursprünglich ein Plus von 4,8 Prozent gefordert.

„Für 50 Prozent der Kunden wird es etwas teurer“, sagt VRS-Aufsichtsratmitglied Dierk Timm (SPD). Man befinde sich in einer schwierigen Lage. „Eigentlich dürften wir die Preise wegen Corona und der Verkehrswende nicht erhöhen.“

Wenn man das Leistungsangebot aber weiter ausbauen wolle, komme man mit einer Nullrunde nicht weiter. Vor allem die gestiegenen Kosten für Treibstoff und Material sowie Lohnsteigerungen führten zu der Preiserhöhung. Klar ist auch: Corona wird auch 2021 zu einem Loch im Haushalt führen, weil Busse und Bahnen nur zu 70 Prozent ausgelastet sind. Dem VRS droht ein Defizit von mehr als 100 Millionen Euro. Bund und Land müssen wohl einen neuen Rettungsschirm aufspannen.

Fahrgastschwund

Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) mit seinen 27 Verkehrsunternehmen steht mit seinen wirtschaftlichen Problemen nicht allein da. Der Fahrgastschwund als Folge der Corona-Pandemie ist noch längst nicht verdaut, Busse und Bahnen sind nur zu 70 Prozent ausgelastet. „Wir sind in einer Zwickmühle“, sagt Aufsichtsratsmitglied Dierk Timm. „Wenn wir als Politiker keine Einigung hinbekommen und die Erhöhung nicht beschließen, können die Verkehrsunternehmen für einzelne Tickets Preiserhöhungen bei der Bezirksregierung beantragen und wir sind außen vor. Deshalb müssen wir einen einheitlichen Vorschlag machen und hoffen, das wir diesen am 7. Oktober auch beschließen werden.

Neue Finanzbasis nötig

Dass der öffentliche Nahverkehr dauerhaft auf eine völlig neue Finanzbasis gestellt werden muss, ist den VRS-Gremien schon seit zwei Jahren klar und sollte längst in der Diskussion sein, wäre Corona-Pandemie nicht dazwischengekommen.

Im Januar 2020 hatte der VRS ein Ideen-Papier entwickelt, wie die Finanzierung neu geregelt werden kann, um mehr Menschen dazu zu bringen, auf das Auto zu verzichten. Weil der Nahverkehr ein Zuschussgeschäft ist, galt bisher der Grundsatz, regelmäßig die Fahrpreise zu erhöhen und die Zuschüsse der Städte und Kreise möglichst stabil zu halten. Vor Corona wurden im VRS nur knapp 76,3 Prozent der Betriebskosten durch Fahrgeldeinnahmen gedeckt. Dieser Anteil hat sich in der Krise erheblich verringert. Bund und Land spannten deshalb einen Rettungsschirm auf, um den Nahverkehr von Bus und Bahn möglichst in vollem Umfang aufrecht zu erhalten.

Klimaschutzgelder einsetzen

Die Forderung des Verkehrsverbundes von damals, dass der Bund sich mit Mitteln, die für den Klimaschutz zur Verfügung stehen, an der Finanzierung beteiligt, ist aktueller denn je. Der Nahverkehr braucht eine zusätzliche Finanzierungssäule, die nicht zulasten der Städte und Kreise geht. Bisher müssen die mit einer Umlage einspringen, wenn das Geld nicht reicht.

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