Merz zeigt sich bereit, den Menschen in Gaza zu helfen und Israel in die Pflicht zu nehmen. Es gibt Kritik: Sein Handeln sei zu verhalten.
Luftbrücke mit JordanienBundesregierung plant Luft-Hilfe für Gaza – Druck auf Israel

Friedrich Merz will Hilfslieferungen in den Gazastreifen fliegen lassen. Das sei zu wenig, kritisieren Hilfsorganisationen und Bundestagsabgeordnete.
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Nach einer über zweistündigen Sitzung des Sicherheitskabinetts trat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vor die Presse. Erstmals drohte er Israel mit konkreten Maßnahmen, falls die dortige Regierung die katastrophale Lage im Gazastreifen nicht schnell verbessere. Man habe zwar zunächst keine Beschlüsse dazu gefasst, sagte er. „Wir behalten uns aber solche Schritte vor.“
Und doch gab es auch einen sofortigen Schritt zu verkünden: Deutschland startet zusammen mit Jordanien eine Luftbrücke zur Versorgung des Gazastreifens mit humanitären Hilfsgütern. Sie soll „umgehend“ gestartet werden.
Nicht die erste Luftbrücke mit deutscher Beteiligung
Mit wie vielen Flugzeugen sich die Bundeswehr daran beteiligen wird, blieb zunächst offen. Am Dienstag ist der jordanische König Abdullah II. in Berlin. Dann dürften weitere Details genannt werden. Das Oberhaupt des israelischen Nachbarlandes war schon im April zu Besuch in Deutschland gewesen; auch damals war es um die humanitäre Lage im Gazastreifen gegangen.
Israel hatte am Sonntag erstmals seit Monaten die Einfuhr von Hilfslieferungen in größerem Stil zugelassen. Nach israelischen Angaben wurden am Montag den zweiten Tag in Folge Lebensmittel aus der Luft über dem Gazastreifen abgeworfen. Bereits im vergangenen Jahr hatten Jordanien, Deutschland und andere Länder einige Wochen lang eine Luftbrücke in den Gazastreifen aufgebaut.
Kölner Abgeordnete: „Luftabwürfe sind riskant und ineffizient“
Internationale Helfer halten den Abwurf aus der Luft wegen der relativ geringen Mengen und der prekären Lage in dem Gebiet für ineffektiv und auch teuer, etwa im Vergleich zu Lastwagentransporten. Außerdem könnten Menschen am Boden durch die Paletten verletzt werden.
„Humanitäre Hilfsgüter aus der Luft abzuwerfen ist eine sinnlose Initiative, die nach Zynismus riecht“, sagte Jean Guy Vataux, der Notfallkoordinator der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen im Gazastreifen. „Es gibt Straßen, die Lastwagen sind da, die Lebensmittel und Medikamente sind da – alles ist bereit, um humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu bringen.“ Luftabwürfe umfassten weit weniger als 20 Tonnen Hilfsgüter, die man ohne Komplikationen mit einem einzigen Lkw transportieren könnte, sagte Vataux.

Die Kölner Bundestagsabgeordnete Lea Reisner sieht in der geplanten Luftbrücke keine nachhaltige Lösung für das Leid in Gaza.
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Ähnlich äußerte sich die Linken-Bundestagsabgeordnete Lea Reisner. Sie war bei der Wahl im Februar in Köln angetreten und gehört nun dem Auswärtigen Ausschuss des Parlaments an. „Eine Luftbrücke nach Gaza mag auf den ersten Blick wie ein humanitärer Akt erscheinen – doch sie ersetzt keine politische Haltung und bietet keine nachhaltige Lösung für das Leid der ausgehungerten Zivilbevölkerung. Luftabwürfe sind nicht nur riskant und ineffizient, sondern auch bei weitem nicht ausreichend, um den humanitären Bedarf zu decken“, sagte sie.
Teile der SPD fordern: Keine Waffen mehr an Israel
Merz sagte, Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) werde den Aufbau der Luftbrücke vorbereiten und sich dabei eng mit Frankreich und Großbritannien abstimmen, die ebenfalls zu einer Beteiligung bereit seien. „Wir wissen, dass das für die Menschen in Gaza nur eine ganz kleine Hilfe sein kann. Aber immerhin ist es ein Beitrag, den wir gerne leisten wollen“, sagte der Kanzler.
Welche Maßnahmen gegen Israel infrage kommen, sagte Merz nicht. Deutschland könne lediglich einen Vorschlag an die EU-Kommission machen. Im Gespräch ist seit längerem eine Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel.
Außerdem gibt es Forderungen aus der SPD, die Waffenlieferungen an Israel zu stoppen. Darüber könne aber nur der Bundessicherheitsrat entscheiden, sagte der Kanzler. Dieses Gremium tagt in ähnlicher Besetzung wie das Sicherheitskabinett. Die Beratungen sind aber streng geheim. (dpa/red)