„Als Minister untragbar“Empörung nach Lindner-Rede bei Bauernprotesten – Neubauer: „erbärmlich“

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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) spricht bei einer Rede während der Bauernproteste in Berlin zu den Demonstrierenden. Lindner attackierte Klimaschutzaktivisten, verteidigte aber die gestrichenen Subventionen für Landwirte.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kritisierte bei seiner Rede während der Bauernproteste in Berlin vor allem Linksextremisten, Klimaschutzaktivisten. Der FDP-Politiker wurde von der Menge ausgebuht.

Christian Lindner schießt bei seiner Rede gegen Klimaschutzaktivisten und will die Bauern auf seine Seite holen. Stattdessen wird er ausgebuht.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist für seinen Auftritt bei den Bauernprotesten in Berlin scharf kritisiert worden. Der FDP-Politiker hatte bei seiner Rede vor den Hunderten Demonstranten am Brandenburger Tor Klimaschutzaktivisten attackiert und gegen Bürgergeldempfänger gewettert.

„Was ein Unterschied zwischen den Bauern und den Klima-Klebern. Die Klima-Kleber haben das Brandenburger Tor beschmiert. Die Bauern haben das Brandenburger Tor geehrt“, erklärte Lindner, während er von Teilen der Menge ausgebuht wurde. Er erwarte von Politik und Medien, „dass sie von der linksextremistischen Unterwanderung der Klimakleber warnen.“

Christian Lindner wettert gegen Klimaschutzaktivisten – Buhrufe gegen Finanzminister

Lindner behauptete, im Gegensatz zu den Aktionen der Aktivistinnen und Aktivisten der „Letzten Generation“ hätte es durch die Proteste der Bauern keine Blockaden gegeben. Im Rahmen einer Aktionswoche hatten Bäuerinnen und Bauern alleine in Köln und der Region zahlreiche Straßen und teils auch Autobahnauffahrten blockiert und den Verkehr erheblich beeinträchtigt.

Finanzminister Lindner ließ dies außer Acht, wetterte stattdessen gegen Bürgergeldempfänger und Asylbewerber. „Es ärgert mich, dass ich vor Ihnen, dem fleißigen Mittelstand, über Kürzungen sprechen muss, während auf der anderen Seite in unserem Land Menschen Geld bekommen fürs Nichtstun“, sagte Linder am Montag.

Empörung über Lindner-Rede bei Bauernprotesten – Finanzminister verteidigt Einsparungen für Bauern

Deshalb kürze die Ampel-Regierung in ihrem neuesten Haushaltsentwurf Leistungen für Asylbewerber und streiche eine Milliarde Euro beim Bürgergeld. Auch die Streichung der Subventionen für Landwirte sei allerdings nötig. „Alle müssen Ihren Beitrag leisten. [...] Die Regierung selbst leistet einen Beitrag. Ich habe den Neubau des Finanzministeriums gestoppt“, erklärte er weiter.

Lindner bekam bei seiner Rede den Unmut der Demonstrierenden ab, wurde ähnlich wie Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) ausgebuht. Rund 300 Demonstrierende hatten Habeck Anfang Januar am Fährhafen von Schlüttsiel abgefangen und ein Anlegen der Fähre verhindert. Der Bundeswirtschaftsminister musste wieder in Richtung Nordsee ablegen.

„Erbärmlich“: Luisa Neubauer verurteilt Rede von Christian Lindner bei Bauernprotesten

Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer von „Fridays for Future“ bezeichnete Lindners Auftritt als „erbärmlich“ und erklärte: „[...] Die Rede von Lindner zeigt in jeder Hinsicht, welche gewaltige Rolle eine polarisierte aufhetzende politische Rhetorik spielt. Es ist so brandgefährlich. Wir halten all das aus, die rechte Hetze, den Hass, die Morddrohungen. Nicht für uns, sondern für die verfassungsmäßige Einhaltung globaler, demokratischer Klimazusagen. [...]“

Deutschland werde wegen seines Umgangs mit Klimaprotesten international gerügt, Aktivistinnen und Aktivisten würden bei Demonstrationen bespuckt. „Ich kann nicht ohne Personenschutz zu Klimastreiks“, schrieb Neubauer auf der Plattform X, vormals Twitter, weiter.

„Als Minister untragbar“: Scharfe Kritik an Auftritt von Christian Lindner bei Bauernprotesten in Berlin

Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler erklärte: „Ein Minister, der keinen Vorschlag macht, aber gegen Erwerbslose und Geflüchtete hetzt, ist als Minister untragbar.“ CDU-Politiker Ruprecht Polenz schrieb auf X: „Lindner glaubt, er könnte den Kopf oben behalten, wenn er andere unter Wasser drückt, um sich auf ihre Schultern zu stellen. Seine Rede beim Bauernprotest hat ihn zur Kenntlichkeit entstellt.“

Autorin Jagoda Marinić kommentierte ein Video von Lindners Rede ein wenig spöttisch: „Wie müssen Christian Lindner Hoffnungen auf eine politische Zukunft machen, sonst wird das mit jedem Tag nur schlimmer.“ Schauspieler Armin Rohde erklärte: „Wie lange will sich die Ampelregierung einen Christian Lindner noch leisten, ohne weiter rapide an Autorität und Glaubwürdigkeit zu verlieren? [...]

Bei Ingo Zamperoni: Christian Lindner verteidigt umstrittene Rede in „Tagesthemen“

Christian Lindner verteidigte seine Rede im Gespräch mit „Tagesthemen“-Moderator Ingo Zamperoni. Der Frage, warum er gegen Klima-Kleber und Bürgergeldempfänger gewettert habe, wich Lindner aus und erklärte: „Ich habe nur darauf hingewiesen, dass es Befürchtungen gab hinsichtlich der Proteste der Landwirte. Die haben sich nicht bestätigt.“

Lindner wiederholte seinen Wunsch, den Fokus auf Linksextremismus zu legen und unterstrich seine Aussagen zu Bürgergeldempfängern. „Wer vorsätzlich nicht in den Arbeitsmarkt geht, der muss auch eine Sanktion erfahren.“ Die Ampelregierung will in den kommenden Tagen weitere Details zum neu ausgestalteten Haushaltsentwurf präsentieren, den Lindner mit ausgearbeitet hatte. (shh)

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