Skandal bei Fecht-WMRussische Athleten haben im Sport derzeit nichts zu suchen

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Fecht-WM: Olga Kharlan aus der Ukraine (L) weigert sich, Anna Smirnova aus Russland zu grüßen, die als neutrale Einzelsportlerin registriert ist.

Olga Kharlan aus der Ukraine (l.) weigert sich, Anna Smirnova aus Russland zu grüßen, die als neutrale Einzelsportlerin registriert ist. Die Ukrainerin wurde daraufhin bei der Fecht-WM disqualifiziert.

Eine Ukrainerin wird wegen eines verweigerten Handschlags mit einer Russin disqualifiziert. Das IOC muss seine Haltung dringend überdenken.

Es ist ein Skandal erster Güte, der sich bei der Fecht-Weltmeisterschaft in Mailand abgespielt hat. Und zwar in politischer, nicht in sportlicher Hinsicht. Die ukrainische Fechterin Olha Charlan wurde disqualifiziert, als sie nach dem Sieg auf der Planche ihrer russischen Gegnerin den Handschlag verweigerte. Sie hielt statt der Hand den Säbel hin. Was für eine Geste! Doch hätte sie etwas anderes tun sollen?

Von ukrainischen Sportlerinnen und Sportlern zu verlangen, gegenüber Vertretern des Landes, das ihre Heimat in einem brutalen Angriffskrieg überfallen hat, ein Signal der Versöhnung und Freundschaft zu senden, ist zynisch und ekelhaft. Genau so stellt es sich aber das Internationale Olympische Komitee (IOC) vor. Der Verband, an dessen Spitze der Deutsche Thomas Bach steht, rief die internationalen Sportverbände dazu auf, russische Athleten wieder als „neutrale“ Sportler zuzulassen. Was für eine weltfremde, die Rechte und Gefühle der Ukrainerinnen und Ukrainer missachtende Haltung!

Ukrainische Fechterin Olha Charlan: „Ihr Land tötet unsere Landsleute“

Sie habe ihrer Gegnerin Anna Smirnova nicht die Hand geben können, weil „ihr Land unsere Landsleute tötet“, sagte die viermalige Weltmeisterin aus der Ukraine. Wer kann ihr das verdenken angesichts von Zehntausenden Toten, die Putins Überfall schon gefordert hat? Unter den Opfern befinden sich nach Angaben der Ukraine auch 262 Sportlerinnen und Sportler, die sich zum Teil freiwillig zum Armeeeinsatz zur Verteidigung ihres Landes gemeldet hatten.

Angesichts des täglichen Sterbens ukrainischer Soldaten und Zivilisten an der Front und im russischen Raketenhagel ist die Haltung des IOC und im aktuellen Fall des Fecht-Weltverbands unerträglich. Russische Athleten haben derzeit auf der Weltbühne des Sports nichts zu suchen.

Es kann nicht sein, dass große Teile der Weltgemeinschaft die Solidarität und Unterstützung für die Ukraine beschwören und die UN-Vollversammlung mit überwältigender Mehrheit den Abzug der russischen Truppen fordert, Sport-Funktionäre hingegen den Schein vom fairen und freundschaftlichen Wettkampf mit dem Aggressor Russland aufrechterhalten wollen – möglicherweise auch aus wirtschaftlichen Gründen.

Skandal bei Fecht-WM: IOC muss seine Haltung dringend überprüfen

Die finale Entscheidung, ob russische Sportler an den Olympischen Spielen in Paris 2024 teilnehmen dürfen, steht noch aus. Nach dem Skandal von Mailand muss das IOC seine Haltung dringend überprüfen. Ein Olympia-Boykott der Ukraine aufgrund der Teilnahme russischer Sportlerinnen und Sportler, wenn auch unter „neutraler“ Flagge, wäre eine Blamage und ein moralisches Desaster für den Weltsport.

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