Scharfe Kritik von Olaf Scholz16-jähriger Demonstrantin droht im Iran offenbar die Hinrichtung

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Eine Demonstrantin steht in der iranischen Stadt Saqez auf einem Auto.

Eine Demonstrantin steht in der iranischen Stadt Saqez auf einem Auto. Seit Monaten wird im Iran gegen das Regime in Teheran protestiert - nun droht offenbar einer 16-Jährigen die Hinrichtung. (Archivbild)

Im Iran drohen weitere Hinrichtungen. Berichten zufolge wurde am Donnerstag sogar eine erst 16-jährige Jugendliche zum Tode verurteilt. Kanzler Olaf Scholz findet derweil klare Worte für das Regime in Teheran.

Im Iran hat ein Gericht eine 16-jährige Jugendliche offenbar zum Tode verurteilt, das berichten am Donnerstag übereinstimmend mehrere Journalisten und Journalistinnen unter Bezugnahme auf eine kurdische Menschenrechtsorganisation. Auch die Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir (Grüne) berichtet auf Twitter von einer Verurteilung Sonia Sharifis wegen „Kriegsführung gegen Gott“.

Im Iran steht auf diesen Vorwurf die Todesstrafe. Der in London ansässige persische Nachrichtenkanal Iran International berichtet unterdessen, ein iranischer Staatsanwalt habe die Verurteilung bestritten. Das Verfahren befinde sich noch in der „Untersuchungsphase“, heißt es in dem Bericht.

Am Donnerstagnachmittag twitterte die CDU-Politikerin Katja Leikert, dass Sonia Sharfi auf Kaution freigelassen worden sei, die gegen sie erhobene Anklage bleibe aber bestehen. „Die Lebensgefahr besteht weiterhin“, so Leikert.

Iran: 16-Jähriger droht Hinrichtung – Deutsche Politiker melden sich zu Wort

Leikert hatte sich bereits am Donnerstagmittag zu dem Fall geäußert und ihre Sorge um die Jugendliche geäußert. „Der Schauprozess des Mullah-Regimes gegen die 16-jährige Sonia Sharifi ist ein grauenhaftes Verbrechen in sich selbst. Jetzt droht ihr wegen angeblicher ‚Kriegsführung gegen Gott‘ die Todesstrafe“, schrieb die Bundestagsabgeordnete bei Twitter. „Wir müssen viel mehr Druck aufbauen, um diese Menschen zu schützen.“ Der SPD-Politiker Martin Diedenhofen berichtete unterdessen von einem 19-Jährigen, der „jederzeit hingerichtet“ werden könnte.

Am Montag hatte das Regime in Teheran den 23-jährigen Madschid-Resa Rahnavard öffentlich erhängt. In der Vorwoche war bereits der ebenfalls 23-jährige Rap-Musiker Mohsen Shekari hingerichtet worden. Beide wurden wegen „Kriegsführung gegen Gott“ verurteilt, das Regime in Teheran legt ihnen außerdem Gewaltverbrechen zur Last.

Internationale Beobachter werten die Prozesse, bei denen die Angeklagten oft ohne Rechtsbeistand auskommen müssen, als Schauprozesse. Zwischen Anklage und Verteilung vergehen oft nur wenige Wochen. Von der Justiz für ihre Urteile verwendete Geständnisse der Angeklagten halten Experten für unter Folter erpresst. Berichten zufolge sind neben der 16-jährigen Sonia Sharifi etliche weitere Demonstranten nach entsprechenden Urteilen von der Todesstrafe bedroht.

Olaf Scholz mit scharfer Kritik am Iran: „Wer schießt schon auf sein eigenes Volk?“

Die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock, hatte die Hinrichtungen im Iran zu Wochenbeginn als „menschenverachtend“ kritisiert. Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung meldete sich zu Wort. Das Regime in Teheran zeige seine „Brutalität und Menschenverachtung“, erklärte Luise Amtsberg.

Am Donnerstag äußerte schließlich auch Bundeskanzler Olaf Scholz scharfe Kritik an der iranischen Regierung und dem gewaltsamen Vorgehen gegen die Protestbewegung im Land. „Wer schießt schon auf sein eigenes Volk? Die iranische Regierung tut das, und deshalb werden wir dort auch weiter sehr klar uns zu positionieren“, sagte der Kanzler am Donnerstag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. „Das, was die iranische Regierung macht, ist unakzeptabel, ist nicht vertretbar.“

Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden bisher mindestens 18.000 Teilnehmer der seit bald drei Monaten anhaltenden systemkritischen Demonstrationen festgenommen, mehr als 475 Demonstranten sollen bei den Protesten getötet worden sein. Im November wurden Demonstranten erstmals auch zum Tode verurteilt. Mindestens 23 weiteren Demonstranten droht Medienberichten zufolge die Vollstreckung der Todesstrafe.

Auslöser der derzeitigen Proteste im Land war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb am 16. September im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Seit ihrem Tod demonstrieren landesweit Zehntausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie das islamische Herrschaftssystem. (mit dpa)

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