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Ultimatum für den KremlKann Donald Trump Putin stoppen?

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Erhöht den Druck auf Russland: US-Präsident Donald Trump. /Pool/ABACA

Erhöht den Druck auf Russland: US-Präsident Donald Trump. /Pool/ABACA

Der US-Präsident versucht, den Kreml mit einer Fristsetzung zu einer Feuerpause in der Ukraine zu bewegen. Doch an die von ihm angedrohten Sanktionen scheint Trump selbst nicht so richtig zu glauben, und zu härteren Strafmaßnahmen ist er offenbar nicht bereit.

Zur Unberechenbarkeit Donald Trumps gehört, dass Fristen und Daten, die der US-Präsident einmal genannt hat, flexibel ausgelegt werden. Die geplante Einführung von US-Zöllen auf Produkte aus der Europäischen Union verlängerte Trump nur wenige Stunden vor deren Inkrafttreten am 1. August überraschend um eine Woche. Die 50-Tages-Frist, die er Russland am 14. Juli setzte, um einer Waffenstillstandsvereinbarung mit der Ukraine zuzustimmen, verkürzte er am 28. Juli hingegen auf 10 Tage. John Kelley, stellvertretender Repräsentant der USA bei den Vereinten Nationen, konkretisierte bei einem Treffen des UN-Sicherheitsrates am 31. Juli, dass Trump die Zustimmung Russlands zu einer Feuerpause bis zu diesem Freitag, dem 8. August erwarte.

Und trotz Trumps Wankelmütigkeit deutet die markante Verkürzung der Frist und die Nennung eines konkreten Stichtages darauf hin, dass es dem US-Präsidenten dieses Mal ernst sein könnte. Dafür spricht auch, dass Trump erstmals Strafmaßnahmen gegen Russland in Form von Zöllen angedroht hat, nachdem er den Kreml zuvor stets mit Samthandschuhen angefasst hatte.

Letzter verzweifelter Versuch, Moskau zum Einlenken zu bewegen

Denn nach mehr als sechs Monaten des Austausches von Nettigkeiten zwischen Washington und Moskau steht Trump immer noch mit leeren Händen da. Russland dagegen rückt auf dem Schlachtfeld vor und überzieht ukrainische Städte mit Bombardements – wie bei den Raketen- und Drohnenangriffen auf Kiew in der vergangenen Woche. In einer Nacht starben dabei mindestens 31 Menschen, darunter fünf Kinder. Trump bezeichnete diese Attacken am 31. Juli als „widerwärtig“.

Der russische Präsident Wladimir Putin hält während einer Videoansprache zum Tag der Kriegsmarine im Kreml.

Der russische Präsident Wladimir Putin hält während einer Videoansprache zum Tag der Kriegsmarine im Kreml.

Doch bevor die Frist des US-Präsidenten am Freitag ausläuft, scheint es, als unternehme das Weiße Haus einen letzten Versuch, den Kreml zum Einlenken zu bewegen. Trump hat den Sondergesandten Steve Witkoff in dieser Woche erneut zu Gesprächen nach Russland beordert. Trumps Vertrauter wird an diesem Mittwoch oder Donnerstag in Moskau erwartet, nachdem er sich seit Januar bereits mehrfach mit Russlands Präsident Wladimir Putin getroffen hatte.

Russland bereitet sich auf Bruch der Beziehungen vor

Zu Durchbrüchen in den Bemühungen um einen Waffenstillstand hat das bislang nicht geführt und die Chancen dafür scheinen weiterhin schlecht zu stehen. US-Außenminister Marco Rubio bezeichnete Gespräche mit „einigen von Putins Spitzenbeamten“ in der vergangenen Woche als wenig vielversprechend. Und auch nach drei Runden direkter Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul im Mai und Juni liegen beide Seiten in wichtigen Fragen weit auseinander.

„Russland wird keine Zugeständnisse machen“, sagte der Politologe Iwan Preobraschenskij dem russischsprachigen US-TV-Sender „Nastojaschtschee Wremja“. „Dem Kreml ist inzwischen klar, dass Trump begriffen hat, wie er an der Nase herumgeführt wird. Infolgedessen bereitet sich Moskau im Wesentlichen auf einen Bruch der Beziehungen vor – und auf eine Rückkehr zu den Verhältnissen, die vor etwa sechs Monaten unter Joe Biden bestanden.“

Trump spricht von „sehr strengen Zöllen“

Allerdings könnte Putin Witkoffs Besuch als Chance sehen, das Weiße Haus davon zu überzeugen, weiterhin auf Sanktionen zu verzichten. Einen Großteil der Schuld für den mangelnden Fortschritt des Friedensprozesses dürfte Putin erneut in Richtung Kiew schieben. So hatte es auch Trump bis vor wenigen Wochen beurteilt, bevor er zunehmend von Russland frustriert war.

Noch ist Trump nicht sehr konkret geworden, welche Sanktionen er nach Ablauf der Frist verhängen will. Er sprach von „sehr strengen Zöllen“ für Russland und von Sekundärzöllen gegen Russlands Handelspartner von bis zu 100 Prozent. Direkte Zölle hätten nach der Ansicht von Analysten nur geringe Auswirkungen, da das Handelsvolumen zwischen den USA und Russland gering ist. Sekundäre Zölle könnten weitaus bedeutender sein, insbesondere wenn sie auf Öl und Gas erhoben würden, Russlands lukrativste Exportgüter.

Kein US-Geld für Waffenlieferungen in die Ukraine

Allerdings könnten Sekundärzölle für die USA selbst heikel sein: China, Indien und die Türkei sind mit Abstand die größten Abnehmer von russischem Rohöl und russischen Ölprodukten. Sie mit Zöllen für russische Ölimporte zu bestrafen, würde Russland vermutlich hart treffen. Alle drei Länder sind allerdings auch für die USA von einer solchen Bedeutung, dass sie die Beziehungen zu ihnen möglicherweise nicht belasten wollen.

Gleichzeitig ist unklar, welche Auswirkungen Sanktionen wirklich haben: Der Kreml zeigt keinerlei Bereitschaft zu Zugeständnissen, und auch China scheint nicht bereit, seine Unterstützung für Russland aufzugeben. Rubio sagte zwar, Trump habe „viele Optionen“, neben den Sekundärsanktionen gegen den Verkauf von russischem Öl auch „sektorale Bankensanktionen, die ebenfalls sehr wirkungsvoll wären“. In seinen eigenen Äußerungen vom 31. Juli schien Trump jedoch die Chancen herunterzuspielen, dass Strafmaßnahmen Putin beeinflussen könnten: „Ich weiß nicht, ob ihn Sanktionen wirklich kümmern“, sagte er.

Bliebe die Möglichkeit, Russland durch verstärkte Waffenlieferungen an die Ukraine unter Druck zu setzen. Doch Trump scheint kein Interesse daran zu haben, dafür Geld auszugeben.

Vor diesem Hintergrund hat Russland bislang keine Anzeichen dafür gezeigt, von seinem langsamen und verlustreichen Vorrücken an der Front abzulassen. Im Gegenteil: „In den kommenden Monaten wird Russland den Druck auf die Ukraine erhöhen und versuchen, vor Einbruch der Kälte eine neue Offensive zu starten“, sagte Politologe Preobraschenskij.