Kommentar zu ausgesetzten StrafenFalsches Signal für unbelehrbare Raser

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Raser dpa

Symbolbild

  • Raser sollten schärfer bestraft werden – eigentlich. Doch die Gesetzes-Verschärfung wurde wegen eines Formfehlers wieder aufgehoben.
  • Verkehrsminister Scheuer nutzt den Formfehler, um die aus seiner Sicht übertriebenen Regelungen wieder einzukassieren. Mit dem populistischen Schritt setzt er ein fatales Signal – vor allem an die unbelehrbaren Schnellfahrer.
  • Ein Kommentar.

Deutsche Autofahrer, die in den 70er Jahren in die Niederlande fuhren, mussten ihren Fahrstil zum Teil drastisch umstellen. Wer auf deutscher Seite eilig mit Lichthupe und Blinker Links unterwegs war, musste sich in Holland strikt an Tempo 100 halten. Das Limit empfanden viele Deutschen als Zumutung. Gut Auto zu fahren hieß eben auch schnell Auto zu fahren. Mittlerweile hat sich der Zeitgeist zum Glück gedreht.

Das Ende der weit verbreiteten Raserei wurde in NRW vor allem durch den immer dichter werdenden Verkehr verursacht. Wer heute mit Tempo 120 auf den Autobahnen von NRW unterwegs ist, kann sich schon glücklich schätzen. Für mehr Disziplin sorgte auch die immer raffiniertere Verkehrsüberwachung durch Polizei.

Wer einem gut getarnten Zivilwagen mit Videoausrüstung zu dicht an der Stossstange hängt, ist seinen Lappen etwas länger los.

Zu schnelles Tempo ist die Unfallursache Nummer eins im Deutschland. Obwohl das jeder weiß, halten sich die meisten Autofahrer nicht die Vorschriften. Als Faustregel galt lange, dass eine Überschreitung von 20 Stundenkilometern innerorts schon noch ok sei. Nur bei Tempo 30-Zonen musste man aufpassen. Wer dort mit doppelter Geschwindigkeit erwischt wurde, musste den Führerschein abheben.

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Unter lautem Protest vieler Autofahrer hatte der Bundesgesetzgeber sich dazu entscheiden, die Strafen für Geschwindigkeitsverstöße noch mal empfindlich zu verschärfen. Nach neuem Bußgeldkatalog droht ein Monat Führerscheinentzug, wenn man innerorts 21 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt oder außerorts 26 Stundekilometer über dem Limit unterwegs ist. Das kann schnell tatsächlich schnell passieren, wenn man nicht genau auf die Verkehrsschilder achtet.

Nun soll die Verschärfung allerdings wegen eines Formfehlers in der Gesetzgebung wieder aufgehoben. Verkehrsminister Scheuer nutzt den Formfehler, um die aus seiner Sicht übertriebenen Regelungen wieder einzukassieren. Mit dem populistischen Schritt setzt er ein fatales Signal – vor allem an die unbelehrbaren Schnellfahrer. Der durchsichtige Versuch, Raser zu schonen, zeigt, wie sehr die Verkehrspolitik der CSU aus der Zeit gefallen ist.

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