Kommentar zu SchulenWarum wird nicht einfach von „Durchseuchung“ gesprochen?

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Yvonne Gebauer 010222

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer 

Acht Prozent der Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen konnten in der vergangenen Woche pandemiebedingt nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. Diese Zahlen hat das Schulministerium am Montag veröffentlicht. Gut 88.571 Kinder und Jugendliche befanden sich demnach in Quarantäne, zudem meldeten die Schulen 76.988 bestätigte Corona-Fälle unter der Schülerschaft. Das ist eine Steigerung von fast drei Prozent im Vergleich zur Vorwoche.

Die rasche Ausbreitung der Omikron-Variante spiegele sich auch in den Schulen wider, heißt es dazu lapidar aus dem Schulministerium von Yvonne Gebauer. Ja, das ist sicher so. Allerdings werden in anderen Teilen des täglichen Lebens Maßnahmen dagegen unternommen, an den Schulen ist dies nicht der Fall. Und vor allem: In vielen anderen Bereichen kann sich die einzelne Bürgerin oder der einzelne Bürger aussuchen, welchem Infektionsrisiko sich sie oder er aussetzen will und beispielsweise größere Menschenansammlungen meiden. Für Schülerinnen und Schüler gilt die Schulpflicht, und dies bedeutet eben: Präsenzunterricht. Auch für die Lehrkräfte ist dies natürlich ein Problem.

Die vielen Infizierten unter Schülerinnen und Schülern sind zum einen ein gesundheitlich-medizinischer Faktor. Trotz meist milder Verläufe sind die Langzeitfolgen, Stichwort Long Covid, noch immer nicht bekannt. Die infizierten Kinder und Jugendlichen gefährden auch andere, möglicherweise vulnerable Familienmitglieder. Ebenso ist verpasste Unterrichtszeit selbstverständlich auch ein Bildungsproblem und kann psycho-soziale Folgen haben.

Testen ist keine Lösung, sondern Schadensbegrenzung

Man kann sich Woche für Woche eigentlich nur wiederholen, weil sich in der Sache nichts ändert: Die Landesregierung ergreift keinerlei Maßnahmen, um die Situation zu verbessern. Im Gegenteil, die äußeren Umstände verschlechtern sich, da nun an den Grundschulen keine PCR-Pools mehr ausgewertet werden. An den allermeisten weiterführenden Schulen gibt es ohnehin keine PCR-Tests.

Schulen dürften so ziemlich der einzige Bereich sein, indem es noch möglich ist, mit 30 Menschen ohne Abstände in einem Innenraum zusammen zu sitzen. 2G-Plus-Regeln gelten hier nicht, längst nicht alle Schüler sind geimpft und noch weniger geboostert. Engmaschiges Testen ist gut und schön, aber Schnelltests sind bekanntlich nicht besonders genau und schlagen oft zu spät an. Und vor allem: Testen ist keine Lösung, sondern lediglich der Versuch einer Schadensbegrenzung!

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Lösungen wären eine Verkleinerung der Klassen, Hybridunterricht, Steigerung der Impfquote unter Kindern und Jugendlichen und endlich mehr Anschaffungen von Luftfiltern. Keiner dieser Ansätze ist perfekt, aber zusammen könnten sie wie das viel zitierte Schweizer-Käse-Modell wirken.

Alle Betroffenen sind so müde, dies immer und immer wieder zu fordern, und es passiert: nichts. Gar nichts. Noch nicht einmal die Ehrlichkeit der Politik ist da, zuzugeben, dass man die Durchseuchung inzwischen einfach durch eine ganze Altersgruppe laufen lässt. 

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