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Demokraten sind zurückMamdani schafft die Sensation in New York – und Trump schweigt

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Zohran Mamdani wird neuer Bürgermeister von New York.

Zohran Mamdani wird neuer Bürgermeister von New York.

Bei den Gouverneurs- und Bürgermeisterwahlen in Virginia, New Jersey und New York meldet sich die amerikanische Opposition kraftvoll zurück.

Amerikanische Wahlabende können eine langwierige und manchmal auch zähe Angelegenheit sein. Tröpfchenweise und ungeordnet trudeln die Ergebnisse einzelner Landkreise ein, die von Experten analysiert und kommentiert werden. Doch auf das Ergebnis muss man lange warten. So war es auch bei der Präsidentschaftswahl vor einem Jahr, als Donald Trump um 5.30 Uhr am nächsten Morgen zum Sieger ausgerufen wurde.

Am Dienstag aber erlebten Millionen Fernsehzuschauer in den USA ein politisches Spektakel, wie man es selten gesehen hat: Kurz vor 20 Uhr Ortszeit, keine Stunde nach Schließung der Wahllokale, riefen die TV-Stationen die erste Siegerin aus. Eine Stunde später folgte die nächste. Gerade mal zehn Minuten später stand auch der letzte Sieger fest. Alle drei hatten sich uneinholbare Vorsprünge gesichert. Alle drei waren Demokraten. Und Donald Trump, der Dauer-Agitator im Weißen Haus, sagte während des ganzen Abends kein einziges Wort.

Zohran Mamdani mit Sensationsergebnis in New York

Derweil brachen bei den Wahlpartys der Demokraten Jubelstürme los: Monatelang war die Partei bedrückend leise gewesen. Gestern meldete sich die Opposition mit einem regelrechten Feuerwerk zurück: Im Bundesstaat Virginia eroberte die demokratische Kandidatin Abigail Spanberger den Gouverneursposten zurück, den vor vier Jahren die Republikaner gewonnen hatten. In New Jersey sichert Mikie Sherrill ihrer Partei das Amt zum rekordverdächtigen dritten Mal.

Und in New York fährt der 34-jährige demokratische Sozialist Zohran Mamdani, den vor einem Jahr kaum jemand kannte, bei der Bürgermeisterwahl ein Sensationsergebnis ein.

„Dieser Abend ist eine einzige Zurückweisung des Präsidenten“, zog der einstige Obama-Berater Rahm Emanuel ein erstes Fazit. Bernie Sanders, der oftmals griesgrämig dreinblickende Alt-Star der amerikanischen Linken, strahlte über beide Ohren: „Ich sorge mich um die amerikanische Demokratie“, setzte der Senator an. Doch gerade erlebe man „ein gutes Zeichen für die Demokratie“.

Erfolg für Newsom in Kalifornien

Auf den ersten Blick könnten die Sieger der Wahlen unterschiedlicher kaum sein: Spanberger und Sherrill haben vor dem Beginn ihrer politischen Karrieren als CIA-Agentin und Hubschrauberpilotin der Navy gearbeitet. Sie gelten in ihrer Partei als Zentristen. Der dezidiert progressive Mamdani hingegen punktete mit Positionen, die in Deutschland von der Linkspartei vertreten werden. Am späten Abend zeichnete sich zudem ab, dass der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom bei der Abstimmung über den Neuzuschnitt der Wahlkreise in seinem Bundesstaat einen gewaltigen Sieg eingefahren hat. Der Mann gilt als moderat und politisch anpassungsfähig.

„Populistische Demokraten haben gewonnen. Moderate Demokraten haben gewonnen. Wir haben in republikanischen Staaten und in Swing States gesiegt“, resümierte der demokratische Senator Chris Murphy. Seine Erklärung für dieses Phänomen: „Die Leute denken, dass Trump außer Kontrolle ist und sie mögen Demokraten, wenn sie Stellung nehmen und für das kämpfen, woran sie glauben.“

Drei sehr unterschiedliche demokratische Wahlsieger

Tatsächlich dürften die Strategen der Demokraten noch eine Weile analysieren, welche Schlüsse sie aus ihren Erfolgen ziehen. Die Dankesreden der drei gewählten Kandidaten hätten unterschiedlicher kaum sein können.  Die künftige Gouverneurin von Virginia, Abigail Spanberger, hielt eine betont unideologische und versöhnende Ansprache, in der sie versprach, sich um „Problemlösung statt Spaltung“ zu bemühen. Trumps Namen erwähnte sie mit keinem Wort.

Sherrill betonte die Bedeutung von Freiheit und Wohlstand, um dann anzufügen: „Der Präsident wendet sich von diesen Idealen ab. Wir hier in New Jersey sind entschlossen, für eine andere Zukunft zu kämpfen.“

Kurz vor Mitternacht trat dann im Brooklyner Paramount Theater der künftige New Yorker Bürgermeister Mamdami ans Rednerpult und setzte zu einer kämpferischen Rede mit reichlich linkem Pathos an, in der er eine Mietpreisbremse, kostenlose Busse, freie Kinderbetreuung und nicht weniger als „ein neues Zeitalter“ ankündigte. „Wir haben eine politische Dynastie gestürzt“, brüstete er sich. Damit meinte er nicht die Republikaner oder Trump, sondern das Establishment der Demokraten, das seinen wichtigsten Gegenkandidaten, den ehemaligen Gouverneur Andrew Cuomo unterstützt hatte.

Viele Amerikaner sind über Trump verärgert

Bei allen Unterschieden in Stil und ideologischer Ausrichtung gibt es gleichwohl auffällige Parallelen der Kampagnen: Alle drei Kandidaten scheinen von einer hohen Wahlbeteiligung und der Verärgerung vieler Amerikaner über Trumps Sozialkürzungen, den Abbau von Bundespersonal und den bereits mehr als einen Monat währenden Shutdown profitiert zu haben.

Vor allem aber stellten sie alle die steigenden Lebenshaltungskosten bei Lebensmitteln, Energie und Wohnung ins Zentrum ihrer Politik. Ironischerweise hatte auch Trump den Wahlkampf mit dem Inflations-Thema geführt, nach seiner Wahl aber wenig unternommen, um die Teuerung zu stoppen. Entsprechend schlechte Noten erhält der Präsident derzeit bei Umfragen.

Mamdani ist „Anti-Trump“

Auch wenn der Shooting-Star Mamdani als „Anti-Trump“ in den nächsten Tagen und Wochen die größte mediale Aufmerksamkeit bekommen dürfte, sind die Erfolge in den Flächenstaaten für die Demokraten mit Blick auf die Kongresswahlen mutmaßlich wichtiger. New York ist eine überwiegend demokratische Stadt, die Auseinandersetzung dort verlief quasi innerhalb der Partei. In Virginia und New Jersey aber scheint es den beiden Kandidatinnen nach ersten Zahlen gelungen zu sein, unabhängige und republikanische Wähler hinzugewonnen zu haben.

Politisch am wichtigsten ist freilich Newsoms zunächst technisch erscheinender Erfolg beim Neuzuschnitt der kalifornischen Wahlkreise: Er dürfte den Demokraten fünf zusätzliche Mandate bei den Kongresswahlen im nächsten Jahr sichern. Ohne diesen Schub würde es ihnen extrem schwerfallen, die Einbußen durch republikanische Manipulationen der Stimmbezirke in anderen Bundesstaaten auszugleichen und die erhoffte Parlamentsmehrheit zu erreichen.

Am späten Abend meldete sich dann übrigens Donald Trump doch noch zu Wort. Schon vorher hatte er gedroht, dem „Kommunisten“ Mamdani im Falle eines Wahlsiegs die Bundesmittel zu streichen. Nun drängte es den Narzissten im Oval Office offenbar, angesichts der demokratischen Siege einen eigenen Erfolg zu melden: „Das Interview von Donald J. Trumps am Sonntag bei CBS hatte die höchsten Einschaltquoten seit Jahren“, postete er unvermittelt.