„Deutsche Einheit sein Vermächtnis“Scholz, Merkel und Steinmeier würdigen Gorbatschow

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Gorbatschow 2 dpa 310822

Der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow spricht 1990 in San Francisco. Gorbatschow, der russische Friedensnobelpreisträger und ehemalige sowjetische Staatschef ist tot.

Moskau – Der russische Friedensnobelpreisträger und ehemalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow ist am Dienstagabend im Alter von 91 Jahren gestorben. Reaktionen auf den Tod des Friedensnobelpreisträgers kamen prompt aus der ganzen Welt. Ksta.de hat die wichtigsten für Sie gesammelt.

Olaf Scholz: „Wir denken an Michail Gorbatschow“

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Michail Gorbatschow als mutigen Reformer gewürdigt. Der ehemalige sowjetische Staatschef habe vieles gewagt, sagte Scholz am Mittwoch. Seine Politik habe es möglich gemacht, „dass Deutschland vereint werden konnte und der Eiserne Vorhang verschwunden ist“.

Auch Russland habe dank Gorbatschow den Versuch unternehmen können, eine Demokratie zu etablieren. Nun sei er in einer Zeit gestorben, „in der nicht nur die Demokratie in Russland gescheitert ist“, sondern in der der russische Präsident Wladimir Putin auch neue Gräben in Europa ziehe. „Gerade deshalb denken wir an Michail Gorbatschow und wissen, welche Bedeutung er für die Entwicklung Europas und auch unseres Landes in den letzten Jahren hatte“, sagte Scholz.

„Einzigartiger Weltpolitiker“: Steinmeier und Merkel würdigen Gorbatschow

„Ich verneige mich vor einem großen Staatsmann“, hieß es unterdessen in einem Kondolenzschreiben von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an Gorbatschows Tochter Irina Wirganskaja, wie das Bundespräsidialamt am Mittwoch mitteilte. „Deutschland bleibt ihm verbunden, in Dankbarkeit für seinen entscheidenden Beitrag zur deutschen Einheit, in Respekt für seinen Mut zur demokratischen Öffnung und zum Brückenschlag zwischen Ost und West, und in Erinnerung an seine große Vision von einem gemeinsamen und friedlichen Haus Europa“, schrieb Steinmeier demnach weiter.

Auch die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den russischen Friedensnobelpreisträger und ehemaligen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow als „einen einzigartigen Weltpolitiker“ gewürdigt. „Möge die Erinnerung an seine historische Leistung gerade in diesen schrecklichen Wochen und Monaten des Krieges Russlands gegen die Ukraine ein Innehalten möglich machen“, heißt es in einer Erklärung Merkels, die am Mittwoch auf ihrer Internetseite veröffentlicht wurde. 

Sie habe die Nachricht von Gorbatschows Tod mit großer Trauer vernommen, schrieb die Altkanzlerin weiter. „Gorbatschow hat Weltgeschichte geschrieben. Er hat vorgelebt, wie ein einzelner Staatsmann die Welt zum Guten verändern kann“, ergänzte sie. Ohne Gorbatschows Mut „zu Glasnost und Perestroika, also zu Offenheit und Umbau, wäre auch die friedliche Revolution in der DDR nicht möglich gewesen“.

Baerbock und Lindner kondolieren bei Twitter

„Michael Gorbatschow hat sich in Schicksalsmomenten unserer Geschichte von Frieden und der Verständigung zwischen den Menschen leiten lassen. Das Ende des Kalten Kriegs und die deutsche Einheit sind sein Vermächtnis“, schrieb Außenminister Annalena Baerbock (Grüne) am Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter. „Wir trauern um einen Staatsmann, dem wir dafür ewig dankbar sind.“

Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) betonte auf Twitter, dass Gorbatschows Einsatz für Frieden und Freiheit in Europa unvergessen bleibe. „Sein Engagement hat unsere Geschichte verändert“, schrieb er. „Wegbereiter für das Ende des Kalten Krieges und eine treibende Kraft der Deutschen Einheit: Michail Gorbatschow haben wir so viel zu verdanken.“

Hendrik Wüst: „Deutschland hat Michail Gorbatschow viel zu verdanken“

„Er spielte eine entscheidende Rolle bei der Beendigung des Kalten Krieges und dem Fall des Eisernen Vorhangs. Er ebnete den Weg für ein freies Europa. Dieses Vermächtnis werden wir nie vergessen.“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter.

Auch Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, kondolierte bei Twitter. „Deutschland hat Michail Gorbatschow viel zu verdanken. Ohne ihn wäre der friedliche Fall des eisernen Vorhangs kaum denkbar. Wie fern klingen heute Glasnost und Perestroika. Ruhe in Frieden“, schrieb Wüst in der Nacht zu Mittwoch.

„Ohne Michail Gorbatschow wäre die deutsche Einheit in Freiheit nicht möglich gewesen. Die CDU trauert um einen Staatsmann, dem Deutschland vertrauen konnte und der uns vertraut hat“, schrieb unterdessen CDU-Chef Friedrich Merz auf Twitter.

„Kann ein einzelner Mensch die Welt verändern? Ja. Er kann. Keine Gewalt, keine Panzer, Abzug von 350.000 sowjetischen Soldaten aus Deutschland. Freiheit für Millionen in Mittel-Osteuropa. Deutsche Einheit. Undenkbar ohne Michail Gorbatschow", schrieb derweil der ehemalige CDU-Chef Armin Laschet. 

Die Welt nimmt Abschied von Michail Gorbatschow

US-Präsident Joe Biden gab ebenfalls eine Erklärung ab: „Michail Gorbatschow war ein Mann mit einer bemerkenswerten Vision. (...). Dies waren die Taten einer außerordentlichen Führungspersönlichkeit - einer, die die Vorstellungskraft besaß, eine andere Zukunft für möglich zu halten, und den Mut hatte, ihre gesamte Karriere zu riskieren, um dies zu erreichen. Das Ergebnis war eine sicherere Welt und größere Freiheit für Millionen von Menschen.“

„Er hat mehr als jeder andere dazu beigetragen, den Kalten Krieg friedlich zu beenden“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres.

„Sein Engagement für den Frieden in Europa hat unsere gemeinsame Geschichte verändert“, so der französische Präsident Emmanuel Macron auf Twitter.

Ebenfalls auf Twitter meldete sich der britische Premierminister Boris Johnson zu Wort: „Ich habe immer den Mut und die Integrität bewundert, die er gezeigt hat, indem er den Kalten Krieg zu einem friedlichen Ende brachte. Zu einer Zeit von Putin Aggression in der Ukraine bleibt sein unermüdliches Engagement für die Öffnung der sowjetischen Gesellschaft ein Vorbild für uns alle.“

Reaktionen aus Russland: „Gorbatschow gab uns die Freiheit“

„Präsident Putin ist in tiefer Trauer im Hinblick auf den Tod von Michail Gorbatschow. Am Morgen wird er den Angehörigen und Nächsten ein Telegramm schicken", erklärte unterdessen Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag zum Tod des früheren sowjetischen Präsidenten.

„Gorbatschow gab uns die Freiheit. Er hat Millionen von Menschen die Freiheit gegeben - in Russland und seinem Umfeld und noch dazu der Hälfte Europas“, erklärte unterdessen der prominente liberale russische Oppositionspolitiker Grigori Jawlinski auf Telegram.

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„Gorbatschow hat Russland in den Lauf der zivilisierten Entwicklung zurückgeführt - und die Welt von einem Atomkrieg und der Teilung in verschiedene Blöcke abgerückt“, sagte Michail Fedotow, von 2010 bis 2019 Menschenrechtsberater des russischen Präsidenten, der 1992 als Presseminister das liberale Mediengesetz in Russland mitverfasst hat.

„Gorbatschow war ein schillernder Politiker, aber für alle in der Sowjetunion geborenen Menschen bleibt er eine schwierige und widersprüchliche Figur der Geschichte“, erklärte derweil Leonid Sluzki, Chef der populistischen Partei LDPR, Leiter des Außenausschusses in der Duma. (das/dpa)

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