Angeblich wollte Donald Trump nur das iranische Atomprogramm beenden. Nun redet er plötzlich über einen Regimewechsel.
MIGA statt MAGAEin Präsident unter der Tarnkappe – Trump verprellt Anhänger

US-Präsident Donald Trump bei einer Ansprache in Washington zu dem Angriff auf iranische Atomanlagen. Links neben ihm sein Vize JD Vance, rechts stehen Verteidigungsminister Pete Hegseth und Außenminister Marco Rubio.
Copyright: AFP
Die Aussage klang klar und unmissverständlich. „Wir wollen keinen ‚Regime Change‘“, betonte Vizepräsident J.D. Vance beim Sender NBC: „Wir wollen deren Atomprogramm beenden.“ Ein Sturz des Mullah-Regimes sei „ganz sicher nicht das Ziel“, beteuerte auch Außenminister Marco Rubio. Und Verteidigungsminister Pete Hegseth verkündete: „Bei diesem Einsatz ging es nicht um einen Regimewechsel.“ Die drei Top-Politiker, die Donald Trump bei seiner Rede an die Nation nach dem Bombenangriff auf den Iran wie Säulenheilige eingerahmt hatten, hielten am Wochenende Kurs.
Doch die kommunikative Konsistenz der Washingtoner Regierung war trotzdem von kurzer Dauer. Am Sonntagnachmittag nämlich meldete sich der Präsident persönlich zu Wort. Zwar sei es „politisch nicht korrekt“, von einem „Regime Change“ zu sprechen, postete Trump auf seiner Onlineplattform: „Aber wenn das derzeitige iranische Regime nicht in der Lage ist, den Iran wieder groß zu machen, warum sollte es dann keinen Regimewechsel geben??“ Der Mann, der sich der Welt gerne mit roter MAGA-Kappe präsentiert, präsentierte sogar schon einen Slogan: „MIGA!!!“

Donald Trump im Situation Room des Weißen Hauses.
Copyright: AFP
Selbst unverbesserliche Optimisten in Washington zweifeln, dass „Make Iran Great Again“ ein Schlachtruf auf den Straßen von Teheran wird. Seit Beginn des Krieges gab es keine Meldungen über größere Proteste gegen die iranische Führung. Im Gegenteil befürchten viele Experten, das Bombardement könnte zumindest kurzfristig zu einer nationalen Solidarisierung führen. Bei der amerikanischen MAGA-Bewegung kam der Slogan auch nicht überall gut an. „Das ist nicht America First, Leute“, protestierte der republikanische Abgeordnete Thomas Massie.
Trump plante Angriff auf Iran wohl schon länger
Über die Gründe für Trumps Sympathisieren mit dem Sturz der Mullah-Regierung kann man nur spekulieren. Unausgesprochen ist dies seit längerem das Ziel des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu. In Washington hatte man angesichts der katastrophalen Erfahrungen des Irak-Kriegs seine Ambitionen aber auf die Beendigung des Atomprogramms beschränkt. Ausdrücklich hatte Trump am Samstag im Gegenzug „Frieden“ versprochen.

Reporter fotografieren eine Grafik mit der Überschrift „Operation Midnight Hammer“, während US-Verteidigungsminister Hegseth und Generalstabschef Caine eine Pressekonferenz im Pentagon zu den US-Angriffen auf Atomanlagen im Iran geben.
Copyright: Alex Brandon/AP/dpa
Doch den Worten des Präsidenten kann man nicht trauen. Das zeigt auch eine Rekonstruktion der jüngsten Ereignisse durch die Nachrichtenseite „Axios“: Demnach hat Trump die Öffentlichkeit über den Kriegseintritt bewusst getäuscht. Bereits am vergangenen Montag soll er vom G7-Gipfel in Kanada aus den Befehl für die Aufnahme der Angriffsplanungen gegeben haben.
Am Donnerstag erklärte er vor der Presse, er werde eine Entscheidung erst in zwei Wochen treffen. Doch am Freitagnachmittag gab er grünes Licht für den Einsatz der sieben B-2-Tarnkappenbomber, die in der Nacht zum Samstag ihren 18-stündigen Nonstop-Flug von Missouri antraten.
Jede der Maschinen hatte zwei schwere bunkerbrechende Bomben geladen, die sie über den Atomanlagen in Fordo und Natans abwarfen. Die Atomanlage in Isfahan aber wurde von einem amerikanischen U-Boot „nur“ mit Marschflugkörpern beschossen. Satellitenbilder zeigen große Krater an den mutmaßlichen Einschlagstellen. Allen Standorten seien „monumentale Schäden“ zugefügt worden, triumphierte Trump: „Auslöschung ist der treffende Begriff.“ Tatsächlich gibt es keine verlässlichen Informationen über das Ausmaß der Zerstörung. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist niemand in der Lage, die Schäden in Fordo zu beurteilen“, erklärte Rafael Grossi, der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA.
Besitzt der Iran weiterhin Uran?
In amerikanischen Medien wird die Befürchtung geäußert, dass der Iran das bereits angereicherte Uran rechtzeitig aus der unterirdischen Anlage in Fordo beiseiteschaffen konnte. Der in spezielle Kisten gepackte gefährliche Brennstoff könnte nach Recherchen der „New York Times“ mit zehn Personenwagen abtransportiert werden. Auch Vizepräsident Vance deutete an, dass das Schlüsselmaterial für die Herstellung einer Nuklearbombe noch im Iran sein könnte.
Diese Erkenntnis könnte Trumps plötzliche Drohung mit einem Regime Change erklären. Doch damit klingt der Präsident, der über Jahre gegen die neokonservativen „Kriegstreiber“ bei den Republikanern gewettert hatte, plötzlich ziemlich ähnlich wie sein Parteifeind George W. Bush. Weite Teile der MAGA-Bewegung scheinen derzeit noch grummelnd loyal hinter Trump zu stehen. Doch das könnte sich ändern, wenn die USA in einen langandauernden Krieg hereingezogen wird.
„Viele bei MAGA sind nicht glücklich über das, was gerade passiert“, sagte Trumps einstiger Chefideologe Stephen Bannon am Wochenende in seinem Podcast. Er rief die isolationistische Basis auf, etwas Geduld mit dem Präsidenten zu haben. Doch nicht alle sind so zurückhaltend. Die ultrarechte Abgeordnete Marjorie Taylor Greene postete auf der Plattform X einen regelrechten Anti-Kriegs-Essay: „Ich habe unser Land in Kriege in fremde Länder ziehen sehen, solange ich mich erinnern kann“, argumentierte die Isolationistin: „Ich bin es satt!“ Fast blasphemisch für die MAGA-Bewegung setzte Greene hinzu: „Trump ist kein König.“