Früher kokettierten Väter mit ihren küchenpraktischen Defiziten. Heute nimmt immerhin fast jeder zweite Elternzeit. Richtig gut wird es aber erst noch werden.
VatertagDeutschland sitzt auf einem großen Schatz – Engagierte Väter müssten ihn nur heben


Natürlich, das Familien-Engagement von Vätern ist ausbaubar. Das verspricht aber auch ein riesiges schlummerndes Potenzial.
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Als ich ein Kind war, prahlten Väter gerne damit, sie könnten – wenn tatsächlich jede helfende Hand gebraucht würde – ihren Kindern ein Spiegelei braten. Was haben alle darüber gelacht. Denn freilich war auch immer klar: Dieser Notfall würde ernsthaft natürlich nie eintreten. Schließlich gab es etwa bei unausweichlichen Krankenhausaufenthalten oder anderen störenden Abwesenheiten der Mutter immer noch eine willige Großmutter oder Nachbarin, die den häuslichen Versorgungskosmos klaglos übernahm. Aus diesem Blick in den Rückspiegel betrachtet, hat sich die Vaterschaft in den vergangenen Jahrzehnten wirklich sehr positiv entwickelt. Von der Steinzeit zur Mondlandung könnte man fast sagen. Heute nehmen Väter im Schnitt knapp drei Monate Elternzeit, knapp jeder zehnte Vater arbeitet Teilzeit und ein Ei braten kann vermutlich mittlerweile knapp jeder. Sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Und diejenigen, die es nicht können, verzichten immerhin darauf, darüber prahlende Eierwitze zu erzählen.
Es gibt heute Väter, die sagen zuweilen gegen 15.30 Uhr am Arbeitsplatz den Satz: „Ich muss los, die Kita schließt.“ Andere denken an das Geburtstagsgeschenk für den Klassenkameraden des Jüngsten, organisieren Nachhilfestunden, kaufen für die demente Schwiegermutter ein, wärmen nachts das Fläschchen und beziehen nach Läusebefall die Betten der ganzen Familie frisch. Und auch wenn es in der Kita ans Sommerfestbasteln oder Waffeln backen geht, sieht man immer mal wieder Männer mit Klebstofftuben oder Teigschabern die Szene beleben.
Auch die älteren Männer sind zu loben
In diesem Zusammenhang sind auch die älteren Männer zu loben, die als Großvater Qualitäten an sich entdecken, die sie einst als Vater noch vergeblich suchten: Sie können Windeln wechseln, Gregs Tagebuch vorlesen, mit den Kleinsten Plätzchen backen, in Fiebernächten Wache schieben. Manche sind gar entspannter bei der Sache als die Großmütter, die in derlei Betätigungsfeldern durch jahrzehntelange Wiederholung verständlicherweise gewisse Ermüdungserscheinungen zeigen.
Jetzt könnte man natürlich beklagen, dass noch immer der ganz, ganz überwiegende Teil der Sorgearbeit an den Frauen hängen bleibt. Dass der Blick in deutsche Personalakten oder Führungsriegen vermuten lässt, nur Arbeitnehmerinnen hätten Kinder, dabei zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes, dass an der Elternschaft tatsächlich fast hälftig auch Männer beteiligt sind. Dass von den 14 Monaten Elternzeit Frauen mit knapp zwölf Monaten immer noch den ganz überwiegenden Teil des Rund-um-die-Uhr-Jobs der Säuglingspflege übernehmen und dafür in Kauf nehmen, auch zehn Jahre später noch nicht einmal mehr die Hälfte von ihrem Vorgeburt-Gehalt zu verdienen. Dass sich mehr als jeder zweite Vater für Nachwuchs dagegen gar keine berufliche Auszeit nimmt und demzufolge auch finanziell keine Einbußen erdulden muss.
Kinder engagierter Väter sind stressresistenter und schneiden in der Schule besser ab
Aber auch diese Zahlen zeigen natürlich vor allem eines: Deutschland verfügt über ein enormes Potenzial. Und dass die Möglichkeit besteht, einen Schatz zu heben, wenn man nur willig genug wäre, eine Schaufel zu benutzen, ist doch erstmal eine schöne Aussicht. Nicht auszudenken, wir würden also buddeln. Profitieren würden zuallererst unsere Kinder, aber damit natürlich die gesamte Gesellschaft der Zukunft.
Untersuchungen zeigen, dass Töchter und Söhne von engagierten Vätern weniger mit Verhaltensproblemen auffallen und emotional stabiler sind. Sie entwickeln bessere soziale Fähigkeiten und zeigen sich sogar resilienter gegenüber Stress. Bringen Väter sich ein, schneiden Kinder überdies schulisch besser ab und entwickeln ein stärkeres Selbstbewusstsein. Haben engagierte Väter Töchter, leiden diese seltener an Angststörungen und Depressionen.
Wenn Väter sich nun also tatsächlich aufmachten, die Hälfte der Sorge-, Erziehungs- und Beziehungsarbeit zu übernehmen, wird unser Land in spätestens 25 Jahren eines voller kluger, selbstbewusster, emotional stabiler und fleißiger Menschen sein. Bei so viel Potenzial ist es nur eine Frage der Zeit, bis alle Kümmernisse der Menschheit von Klimawandel über Krebs und Krieg bis Wohnungsmangel ein für alle Mal mit intelligenten Lösungen platt gemacht worden sind. Die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaftsleistung kann man nur grob überschlagen. Scholzens Doppelwumms wird dann jedenfalls ein flaues Lüftchen dagegen gewesen sein. Am Ende dürften die Väter mit dieser Leistung auch gerne prahlen.