Jan Matzoll hat offen gemacht, dass er an einer Depression leidet. Sein Schritt wirft ein Schlaglicht auf den hohen Druck im Politikbetrieb und den Umgang mit psychischer Gesundheit.
„Fällt mir unglaublich schwer“Landtagsabgeordneter macht Depression öffentlich

Grünen-Politiker Jan Matzoll spricht im Düsseldorfer Landtag. (Archivbild)
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Grünen-Politiker Jan Matzoll hat in einem Instagram-Beitrag seine Depression öffentlich gemacht. Sein Schicksal wirft auch ein Schlaglicht auf den Politikbetrieb in NRW. „Diesen Text zu schreiben, fällt mir unglaublich schwer. Es löst Schweißausbrüche aus. Mein Herz rast. Ich habe Angst. Aber ich möchte offen damit umgehen, gerade weil ich in der Öffentlichkeit stehe“, schrieb Matzoll am Wochenende.
Matzoll spricht nach eigenen Worten über seine Erkrankung, „weil meine Abwesenheit auffällt, Gerüchte entstehen lässt. Aber auch, weil ich ein Vorbild sein möchte. Mithelfen möchte, Depressionen und das Thema (fehlende) mentale Gesundheit zu normalisieren.“
Der Politiker ist – so schreibt er – „gerade nicht arbeitsfähig. Wann ich das wieder bin? Ich weiß es nicht. Aber es ist möglich, sich Hilfe zu holen. Das habe ich getan. Dieser Schritt war nicht einfach. Aber er lohnt sich.“ Seine Kollegen und sein näheres Umfeld habe er schon informiert: „Oft höre ich dort die Frage: Wie kann ich Dir helfen? Was brauchst Du? Die Antwort ist erstmal einfach: Geduld.“ Es gebe keine klare Antwort auf die Frage, wie lange eine depressive Phase andauert.
Matzoll war auch Bürgermeister-Kandidat der Grünen
Dass Politik krank machen kann, ist bekannt: Zu dem normalen Stress durch viele Termine kommt der mentale – etwa durch Druck auch von der Öffentlichkeit. Matzoll war als Bürgermeister-Kandidat der Grünen in Recklinghausen angetreten und saß bis zur Kommunalwahl im Ruhrparlament.
Bezeichnend: Als Matzoll Mitte Oktober zur „Woche der seelischen Gesundheit“ bei Instagram schrieb, welch schwieriges Thema das sei („aus eigener Erfahrung“), wurde er in den Kommentaren prompt beschimpft. Hasskommentare in sozialen Medien können zu einem Katalysator für psychische Erkrankungen werden – die ungefilterte, meist anonyme Aggressivität macht auch erfahrenen Politprofis zu schaffen.
Kevin Kühnert sagte nach seinem überraschenden Abgang als SPD-Generalsekretär, er habe den Glauben daran verloren, gegen den Hass auf sozialen Medien ankämpfen zu können: „Am Ende war da ein Gefühl von absoluter Vergeblichkeit.“ Kühnert hatte schließlich auch Angst im realen Leben, machte Urlaub in einsamen Bergregionen.
„Mentale Gesundheit ist immer noch Tabuthema“
Matzolls Grünen-Fraktion stärkt ihm den Rücken. Die Vorsitzenden Wibke Brems und Verena Schäffer sagten auf Anfrage dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Wir wünschen unserem Kollegen Jan Matzoll alles Gute und eine schnelle Genesung. Wir hoffen, dass er bald wieder gesund ist und seine wichtige Arbeit im Landtag wieder aufnehmen kann. Er fehlt uns.“
Die beiden Spitzenpolitikerinnen betonten: „Mentale Gesundheit ist leider noch immer ein Tabuthema. Durch seinen offenen Umgang mit seiner Erkrankung trägt Jan Matzoll dazu bei, dass sich auch andere Betroffene Hilfe holen und offen mit ihrer Erkrankung umgehen. Vor diesem offenen Umgang haben wir sehr großen Respekt und danken ihm dafür.“

