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Insta, Youtube, TikTokWie NRW Tech-Konzerne in die Schranken weisen will

Lesezeit 3 Minuten
Die Apps Facebook, Messenger, Instagram und WhatsApp werden auf einem Smartphone-Display angezeigt.

Die SPD im NRW-Landtag hebt in ihrem Antrag hervor: „Die Konzentration der Marktmacht hat tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Medienvielfalt, Gesellschaft und Wirtschaft.“

Es geht um Meinungsbildung und Steuern: Der Kölner Medien-Professor Martin Andree sagt: „Monopolmacht ist immer wirtschaftsschädlich.“

Es wirkt wie ein Kampf von David gegen Goliath, aber das Land NRW soll US-amerikanische Technologie-Konzerne wie Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp) oder Alphabet (Google, Youtube) in ihre Schranken weisen. Die SPD bringt am Donnerstag (5.6.) einen weitgehenden Antrag dazu im Landtag ein. Die Opposition rennt teilweise offene Türen beim Land und beim Bund ein.

Worum geht es?

„Tech-Konzerne kontrollieren Algorithmen, verkaufen kommunikative Manipulation als Meinungsfreiheit und stellen sich offen in den Dienst autoritärer Populisten“, schimpft die SPD. Die „Konzentration der Marktmacht“ von Alphabet & Co. habe „tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Medienvielfalt, Gesellschaft und Wirtschaft“.

Was sagen Experten?

Die SPD stützt sich unter anderem auf Forschungsergebnisse des Kölner Medien-Professors Martin Andree. Er sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Wir haben in digitalen Märkten tatsächlich Monopole, wie bei Suchmaschinen – wo Google 88 Prozent Marktanteil hat. Oder Meta mit 85 Prozent bei den Sozialen Medien. Es gibt auch Duopole, wie Youtube und TikTok bei Gratis-Bewegtbildinhalten oder Apple Music und Spotify bei Audio-on-Demand. Monopolmacht ist immer wirtschaftsschädlich – aber im Fall von Medien ist es noch viel schlimmer. Dort bündelt sich Meinungsmacht. Deswegen sind Medienmonopole auch verfassungswidrig.“

Nordrhein-Westfalen ist Medienstandort Nummer Eins in Deutschland

Was hat das mit NRW zu tun?

Als „Medienstandort Nummer Eins in Deutschland“ sei Nordrhein-Westfalen besonders von den aktuellen Entwicklungen betroffen, sagt die SPD: „Mit Blick auf die Medienlandschaft kämpfen öffentlich-rechtliche Angebote, lokale Verlagshäuser und Nachrichtenportale mit sinkenden Marktanteilen.“ NRW müsse – so die Sozialdemokraten – „eine führende Rolle für die digitale Souveränität einzunehmen.“

Was fordert die SPD genau?

Die Sozialdemokraten wollen, dass Menschen auch im Internet über „ihre eigene Freiheit entscheiden dürfen“. Das ist komplex. Daher hat die Opposition 20 Forderungen in ihrem Landtags-Antrag untergebracht. Einige spielen in NRW, wo zum Beispiel ein „Digitalrat“ eingerichtet werden solle, der die Politik berät.

Viele andere Punkte betreffen die Bundes- oder EU-Ebene. So fordern die Sozialdemokraten eine „Marktanteilsobergrenze“ von 30 Prozent „bei Plattformen im Bereich der politischen Meinungsbildung.“ TikTok zum Beispiel, eine chinesische App, die durch Inhalte und Algorithmus als politisch besonders agitierend gilt, nutzen 42 Prozent aller Social Media-User in Deutschland.

Herr Andree im Porträt.

Der Kölner Digital-Experte Andree sieht Ansatzpunkte, um die Macht der Plattformen aufzubrechen.

Der Kölner Digital-Experte Andree sieht durchaus Ansatzpunkte, um die Macht der Plattformen aufzubrechen. Praktisches Beispiel: Bislang werden Nutzer laut Andree bewusst daran gehindert, eine Plattform wie Instagram über einen Link nach draußen („Outlink“) zu verlassen – weil man keine direkten Links von den Beiträgen zu Inhalten außerhalb der Plattformen setzen kann. Andree fordert zudem „offene Standards“, durch die Benutzer Inhalte, aber auch Follower über Plattformgrenzen hinweg „mitnehmen“ oder weitergeben könnten.

SPD: Tech-Konzerne sollen sämtliche Gewinne, die sie in Deutschland erwirtschaften, auch vollständig in Deutschland versteuern

Geht es auch um Geld?

Ja. Tech-Konzerne sollen aus Sicht der SPD „sämtliche Gewinne, die sie in Deutschland erwirtschaften, auch vollständig in Deutschland versteuern“. Das sieht die neue Bundesregierung ähnlich. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer sagte dem „Stern“, dass die Tech-Konzerne in Deutschland „Milliardengeschäfte mir sehr hohen Margen“ machten und dabei enorm „von der medialen und kulturellen Leistung sowie der Infrastruktur unseres Landes“ profitierten: „Sie zahlen aber kaum Steuern, investieren zu wenig und geben der Gesellschaft viel zu wenig zurück.“

Was macht die NRW-Landesregierung?

In Sachen Meinungsmacht und deren Missbrauchsmöglichkeiten ist Medienminister Nathanael Liminski (CDU) schon lange auf der Zinne. „Die Hoffnung der Politik auf Erkenntnis, Empathie und Engagement seitens der Plattformbetreiber wurde enttäuscht“, so Liminski jüngst. Nun müsse man „restriktivere Wege gehen“.

Liminski sieht das vor allem auf EU-Ebene. In NRW setzt man unter anderem auf Künstliche Intelligenz (KI). Das Tool „KIVI“ der Landesanstalt für Medien durchsucht zum Beispiel strafbare Inhalte in sozialen Netzwerken und unterstützt die Strafverfolgung – bald soll KIVI auch Englisch und Arabisch verstehen.